Online-Marktplatz schraubt Ambitionen zurück

Rakuten-Deutschlandchef entschuldigt sich für Fehler

23.06.2014
Beim Markteinstieg in Deutschland vor zwei Jahren sprach Rakuten noch vom Angriff auf Amazon. Nun entschuldigte sich der neue CEO Christian Macht beim Händlertreff "Rakuten Expo 2014" für nicht eingehaltene Versprechungen: der große Erfolg sei hierzulande bisher ausgeblieben.

Die Besucher des Händlertreffs "Rakuten Expo 2014" in Berlin bekamen in diesem Jahr ein Kontrastprogramm geboten, das sie so zuvor sicher nicht erwartet hatten: Zunächst begrüßte Hiroshi Mikitani, der den Online-Marktplatz 1997 gegründet und in Japan zu einer marktbeherrschenden Größe geführt hat, die Anwesenden. Zwar sprach Mikitani nicht mehr - wie beim Markteinstieg in Deutschland vor zwei Jahren - davon, Rakuten bis 2017 auch in Deutschland zur E-Commerce-Plattform Nummer 1 machen zu wollen. Doch an Selbstbewusstsein mangelt es dem Milliardär aus Japan weiterhin nicht: Rakuten habe es in der Heimat geschafft, bei einzelnen Produktgruppen Marktanteile von bis zu 30 Prozent (im Computer-Bereich liegt diese Anteil übrigens bei beachtenswerten 8,9 Prozent) zu erobern. "Und diese Entwicklung wird genauso auch überall sonst auf der Welt passieren."

Der unmittelbar nach Mikitani die Bühne betretende, seit dem Jahreswechsel amtierende neue Deutschlandchef von Rakuten, Christian Macht, wandte sich dagegen mit einem ganz anderen Stil an die Besucher des Händlertreffs: Man müsse einräumen, dass Rakuten hierzulande nicht so erfolgreich sei und "vielleicht die Nummer 3" unter den Online-Marktplätzen einnehme. "Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen: wir haben einiges falsch gemacht. Wir haben unsere Versprechen teilweise nicht eingehalten", so das überraschende Eingeständnis von Macht. So begrüßenswert die ungewöhnliche Entschuldigung des Rakuten-CEOs an die eigenen Geschäftspartner im Kern ist, im Saal sorgte Christian Macht damit eher für lange Gesichter. Nicht zuletzt deshalb, weil der Manager die Antwort schuldig blieb, mit welchen Rezepten er Rakuten aus der eingestandenen Schwäche herausführen will. Statt Visionen blieb es bei der Beteuerung, sich nicht mit erneuten Versprechungen fälschlich festlegen zu wollen.

Amazon und eBay bleiben außer Sichtweite

Das, was Macht zu den anstehenden Aufgaben bei Rakuten.de sagte, klang lediglich nach Mehr-vom-Selben: man wolle künftig noch stärker auf das japanische Modell der Händlerunterstützung setzen und diesen mit Beratung durch hauseigene E-Commerce-Consultants dabei helfen, ihre Rakuten-Seiten zu optimieren. Zudem werde der Online-Marktplatz seine Datenauswertung verstärken, um im Sinne von Big Data die angeschlossenen Händler mit relevanten Informationen zu versorgen. Weiter will Rakuten den europaweiten Handel stärken und deutschen Händlern vor allem den Weg auf den deutlich erfolgreicheren französischen Rakuten-Marktplatz Priceminister.com ebnen. Daneben nahm Christian Macht auch die Händler in die Pflicht: diese müssten Angebote wie die Schulungen der Rakuten University stärker nutzen und auf der Plattform mit aktuellen Seiten und attraktiven (d.h. auf Augenhöhe mit Amazon liegenden) Preisen aufwarten.

Am ehesten Zukunftspotenzial erkennen ließ sich der Rakuten.de-Chef dort, wo er die Möglichkeiten einer verstärkten Unterstützung durch den japanischen Mutterkonzern andeutete. "Wir werden in Zukunft deutlich mehr Hilfe aus Japan bekommen", kündigte Macht an. Die aktive Übernahmepolitik von Rakuten-Chef Hiroshi Mikitani solle in letzter Konsequenz auch den Händlern in Deutschland zunutze kommen. So werde man den im Februar übernommenen populären VoIP-Dienst Viber bald nutzen, um die Reichweite von Rakuten zu vergrößern. Denkbar seien zudem Kooperationen mit deutschen Banken und Versicherungen. "Wir werden uns von der User-Zahl extrem vervielfältigen und einen verbesserten Marktzugang bieten", erklärte Macht. Das klang dann doch fast schon wieder wie eine der Versprechungen von Rakuten-Gründer Mikitani. Doch die Kernaussage von Christian Macht war an diesem Tag eine andere: ein echter Amazon- oder eBay-Konkurrent wird Rakuten in Deutschland mittelfristig nicht werden, sondern lediglich einer von mehreren weiteren optionalen E-Commerce-Absatzkanälen bleiben. (mh)

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