"RAMschware" überflutet den Markt

10.05.2001
Die Preise für Speicher-Chips sind in den Keller gerutscht. 128 MB werden teilweise schon für unter 100 Mark angeboten. Doch es gibt immer wieder Chip-Händler, die diesen Kampfpreis noch weiter unterbieten.

Der Kampf um Kunden wird im Chip-Markt immer stärker. Traditionelle Speicherhersteller von Marken-Chips haben im Moment ihre Probleme mit so genannten Billigangeboten. Zum Beispiel erzählte ein Hersteller von einem Testkauf, wo ihm ein 256-MB-Riegel zum Händler-EK von 115 Mark angeboten wurde. Dieser Preis liegt um rund 50 Mark unter dem seiner Marken-Chips. Solche Beträge sind mit reellen Einkäufen kaum zu realisieren. Deshalb vermuten Insider, dass es sich bei diesen Chips um down gegradete (siehe Kasten) Bausteine handelt. Es können aber auch Chips sein, die bei der normalen Produktion als Ausschuss in der Tonne gelandet sind. Diese Chips besitzen natürlich keinen Aufdruck des Herstellers, sondern sind "blanco". Der Aufkäufer bedruckt die Chips dann mit Fantasie-Namen. Solche Bausteine entsprechen in keiner Weise den üblichen Spezifikationen. Außerdem sind bei den RAMs in vielen Fällen einzelne Speicherzellen defekt. Man sollte jetzt glauben, dass sich Speicherchips mit defekten Zellen nicht verkaufen lassen. Doch weit gefehlt.

Fehler sind einkalkuliert

In heutigen Rechnern sind meist 128 MB eingebaut. Davon wird oft nur ein Bruchteil der Speicherkapazität gebraucht. Deshalb können solche Fehler über einen längeren Zeitraum unentdeckt bleiben. Sobald der Prozessor aber die entsprechende Speicherstelle aufruft, stürzt der PC unweigerlich ab. Der Anwender schiebt den Absturz dann auf die Software und denkt sich nichts weiter dabei, während in Wirklichkeit ein fehlerhaftes RAM die Ursache ist.

Die Verkäufer dieser "RAMschware" kalkulieren solche fehlerhaften Bausteine gleich mit ein. Kauft jemand beispielsweise 20.000 Chips, bekommt er oft ein paar tausend Stück für den selben Preis mehr geliefert. Dann kann er bei offensichtlichen Fehlern (der Computer fährt gar nicht erst hoch) den Speicher sofort austauschen.

Aber selbst, wenn alle Speicherzellen in Ordnung sein sollten, sind aufgrund der nicht eingehaltenen Spezifikationen PC-Abstürze vorprogrammiert. Denn gerade wegen der Nichteinhaltung dieser Spezifikationen wurden die Chips ja aus dem Produktionsprozess he-rausgenommen. Auch wenn sie unter normalen Bedingungen funktionieren sollten, könnte eine leichte Temperaturerhöhung, zum Beispiel im Sommer, zum sofortigen Absturz des PCs führen.

So erkennt man "RAMschware"

Zur Zeit fallen die Speicherpreise wieder. Deshalb lässt der Preis allein kaum oder selten eine Aussage über den Zustand der eingekauften Ware zu. Es sei denn, Ihnen wird ein Fantasiepreis von teilweise unter 25 Prozent des üblichen Preises angeboten. Dann sollte man vorsichtig sein. Wichtig dagegen ist der Aufdruck auf den einzelnen Chips auf dem Speicherriegel. Befindet sich dort kein Markenname, sondern ein Fantasiename, sollten die Alarmglocken läuten. Wer solche Chips in eigenen Systemen einsetzt, darf damit rechnen, dass der Käufer in wenigen Tagen wieder im Geschäft ist und den PC zur Reparatur zurück bringt.

Auf der sicheren Seite ist man allerdings, wenn man nur Bausteine renommierter Hersteller einsetzt. Denn erstens stammen die dort eingesetzten Chips von den Fertigungsstraßen ebenfalls renommierter Halbleiterproduzenten. Und zweitens werden diese Chips vor der Auslieferung gründlich geprüft. Solche Bausteine sind naturgemäß ein wenig teurer als Billigware, dafür hat man aber die Gewissheit, dass sie den Spezifikationen zu 100 Prozent entsprechen.

ComputerPartner Meinung:

Billig ist oft teurer: Wer sich einmal auf Fehlersuche nach einem teilweise defekten Speicherbaustein gemacht hat, weiß, wovon die Rede ist. Speicherfehler sind nur äußerst schwer zu lokalisieren. Der Computer stürzt einfach ab und es zeigt sich unter Windows nur ein blauer Bildschirm mit der lapidaren Meldung: Schwerer Ausnahmefehler in XXX. Dabei kann es sich sowohl um einen Fehler in der Software handeln, als auch um eben diesen Speicherfehler. Da Zeit Geld ist, sollte man lieber ein wenig mehr Geld in Marken-Speicher-Chips investieren als sich hinterher dumm und dämlich nach solchen Fehlerquellen zu suchen. (jh)

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