Raubkopien bei Elko: Händler wirft Microsoft desinteresse vor

17.06.1999

MüNCHEN: Ein Münchener IT-Händler, Microsoft und der Regensburger Distributor Elko stehen im Brennpunkt einer Softwarepiraterie-Affäre. Während das Trio sich gegenseitig mit Schuldzuweisungen überhäuft, verläuft der eigentliche Fall offenbar im Sande.Der Händler möchte anonym bleiben. Es sei nicht unbedingt gesundheitsfördernd, sich mit einem großen Distributor und dem Giganten Microsoft anzulegen, glaubt er. Beide bereiten ihm Kopfschmerzen: Der Disti, weil er ihm Raubkopien verkauft hat, der Hersteller weil er angeblich nichts dagegen unternimmt.

Der Fall: Der Händler kauft im März bei Elko in Regensburg MS-Office-Professional-97-Pakete, 299 Mark das Stück. Kurz nach der Lieferung keimt der Verdacht: "Eine ganz plumpe Fälschung". Er bittet Microsoft in Redmond per E-Mail um Hilfe - ohne Resonanz. In der Münchner Niederlassung ist man offener. Der Händler wird aufgefordert, eines der Produkte sowie die Originalrechnung und eine eidesstaatliche Versicherung einzuschicken. Der Mann weigert sich, hat Angst um seine Kunden: "Ich will doch nicht, daß bei denen plötzlich die Polizei vor der Tür steht".

Erst als ComputerPartner vermittelt, erklärt sich der Hersteller bereit, die Software auch ohne weitere Angaben zu überprüfen. Und bestätigt, daß es sich bei dem vorgelegten Produkt um eine Raubkopie handelt. Das macht aber noch keinen Fall: "Wenn der Mann anonym bleiben will, haben wir außer der Fälschung nichts in der Hand", meint Sabine Lobmeier von Microsoft, zuständig für den Bereich Softwarepiraterie. Der rechtliche Weg sei unter diesen Umständen kompliziert und lang. Bei Behörden kann offenbar niemand mit zeitlichen Sonderkonditionen rechnen: "Wir sind ein wirtschaftliches Unternehmen. Sie überschätzen unseren Einfluß auf die Staatsanwaltschaft."

In der Zwischenzeit kursieren weitere Gerüchte, der Fall wird bekannt. Auch beim betroffenen Distributor Elko. Die Geschäftsführerin ist über die Vorwürfe entsetzt: "Das kann gar nicht sein. Wir überprüfen doch alles ganz genau. Haben eigens einen Mann im Lager abgestellt, der die Ware entsprechend kontrolliert." Einzelne Raubkopien sind ihr schon untergekommen, bestätigt Brigitte Eichenseher. Die hat man dank der Kontrolle aber als solche erkannt und sofort an den Lieferanten zurückgeschickt. "Wir wollen uns doch schützen, wie alle anderen auch". Sie ist wütend auf den Hersteller. Das Raubkopien im Handel sind, ist kein Geheimnis, deren Identifizierung aber ein Buch mit sieben Siegeln, meint Brigitte Eichenseher: "Versuchen Sie doch mal bei Microsoft anzurufen, da kann Ihnen nämlich niemand etwas sagen. Sie bekommen von drei verschiedenen Leuten drei verschiedene Auskünfte." Es sei außerdem sehr zeitaufwendig, die Produkte zu kontrollieren: "Das sind inzwischen an die 40 Seiten die man beachten muß." Die neuen Richtlinien tragen ihrer Meinung nach noch mehr zur Verwirrung bei. Teilweise würden demnach ja schon alte Orginalprodukte als Raubkopie gelten. Jedenfalls fürchtet das Unternehmen, das nach eigenen Angaben sei Jahren offizieller Microsoft-Disti für Osteuropa ist, jetzt um seinen guten Ruf.

Der Händler indessen resigniert: "Die haben doch gar kein wirkliches Interesse an der Aufklärung". Schließlich wäre bisher nichts unternommen worden, meint er, "Und der kleine Händler ist wie immer der Dumme." Die vermeintlichen Raubkopien, die bereits beim Endkunden installiert waren, hat er jedenfalls auf eigene Kosten ersetzt.

Microsoft scheint von der derzeitigen Flut an Raubkopien tatsächlich überfordert. Sabine Lobmeier: "Wegen der Jahr-2000-Umstellung hauen doch alle ihre alten Produkte raus. Die Softwarepiraten leider auch". (mf)

Der wirksamste Schutz: Händler müssen Microsoft-Produkte genau unter die Lupe nehemen.

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