Rauchverbot am Arbeitsplatz?

28.06.1996
MÜNCHEN: Der blaue Dunst am Arbeitsplatz erregt immer wieder die Gemüter und sorgt für Schlagzeilen. Während einige Arbeitnehmer auf den Zigarettengenuß nicht verzichten wollen, fühlen sich Kolleginnen und Kollegen durch den Rauch belästigt und fürchten um ihre Gesundheit. Nichtraucherschutz gewinnt zwar an Bedeutung, doch bezieht die Rechtsprechung zum Rauchverbot am Arbeitsplatz - wie dieser Artikel zeigt - keine eindeutige Stellung. So werden auch weiterhin individuelle Lösungen in den Firmen ausgehandelt werden müssen.Dem blauen Zigarettenqualm werden mehr als 2000 zum Teil gesundheitsschädliche Substanzen zugeschrieben, die auch für den Passivraucher gefährlich sein können. Rauchen verschlechtert die Fruchtbarkeit, fördert die Augenkrankheit "grauer Star", greift die Lungenfunktionen an und vergrößert das Herzinfarktrisiko. Die Befürworter eines Rauchverbotes in öffentlichen Einrichtungen und am Arbeitsplatz können also auf gewichtige Argumente zurückgreifen. Frankreich ging so schon 1992 gegen die Nikotinsüchtigen vor und untersagte nicht nur die Tabakwerbung, sondern auch das Rauchen in öffentlichen Gebäuden. In Restaurants mußten Raucher- bzw. Nichtraucherecken eingerichtet werden. Gleichwohl erwies sich das Anti-Raucher-Gesetz in Frankreich als Flop. Zumindestens in Gaststätten und Restaurants hat sich nichts geändert. Der Griff zur Zigarette nach dem Essen ist so selbstverständlich wie früher.

MÜNCHEN: Der blaue Dunst am Arbeitsplatz erregt immer wieder die Gemüter und sorgt für Schlagzeilen. Während einige Arbeitnehmer auf den Zigarettengenuß nicht verzichten wollen, fühlen sich Kolleginnen und Kollegen durch den Rauch belästigt und fürchten um ihre Gesundheit. Nichtraucherschutz gewinnt zwar an Bedeutung, doch bezieht die Rechtsprechung zum Rauchverbot am Arbeitsplatz - wie dieser Artikel zeigt - keine eindeutige Stellung. So werden auch weiterhin individuelle Lösungen in den Firmen ausgehandelt werden müssen.Dem blauen Zigarettenqualm werden mehr als 2000 zum Teil gesundheitsschädliche Substanzen zugeschrieben, die auch für den Passivraucher gefährlich sein können. Rauchen verschlechtert die Fruchtbarkeit, fördert die Augenkrankheit "grauer Star", greift die Lungenfunktionen an und vergrößert das Herzinfarktrisiko. Die Befürworter eines Rauchverbotes in öffentlichen Einrichtungen und am Arbeitsplatz können also auf gewichtige Argumente zurückgreifen. Frankreich ging so schon 1992 gegen die Nikotinsüchtigen vor und untersagte nicht nur die Tabakwerbung, sondern auch das Rauchen in öffentlichen Gebäuden. In Restaurants mußten Raucher- bzw. Nichtraucherecken eingerichtet werden. Gleichwohl erwies sich das Anti-Raucher-Gesetz in Frankreich als Flop. Zumindestens in Gaststätten und Restaurants hat sich nichts geändert. Der Griff zur Zigarette nach dem Essen ist so selbstverständlich wie früher.

Rechtslage

Weder in unserem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) noch in sonstigen arbeitsrechtlichen Vorschriften ist ein gesetzliches Rauchverbot an- noch ausgesprochen. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei der Arbeit mit feuergefährlichen Stoffen, ergibt sich ein solches Verbot von selbst beziehungsweise aus der Gefahrstoffverordnung. Durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder auch durch den Arbeitsvertrag kann aber ein Rauchverbot während der Arbeitszeit oder des Aufenthaltes im Betrieb eingeführt werden. Einseitig kann der Arbeitgeber, vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrates, ein Rauchverbot nur zur Verhütung von Brandgefahren, zur Intensivierung der Arbeitsleistung, zur Vermeidung der Verunreinigung von Arbeitserzeugnissen oder zum Schutz der Mitarbeiter einführen. Dies ergibt sich aus seinem Eigentums- und Hausrecht. Unzulässig ist ein solches Verbot aber dann, wenn es eine bloße Schikane darstellt, nicht zum Schutz berechtigter Betriebsinteressen oder der Mitarbeiter dient. Verstößt der Mitarbeiter gegen ein ausgesprochenes Rauchverbot, ist eine Kündigung nur nach vorheriger Abmahnung zulässig, gerade dann, wenn dem Verbot die nötige Kontrolle der Einhaltung fehlt.

Schon heute wird der ungestörte Rauchgenuß von den Gerichten eingeschränkt. In öffentlichen Einrichtungen hat bereits der Nichtraucherschutz an Bedeutung gewonnen. Nachstehend eine Reihe von Urteilen zu diesem Thema:

Ein Rechtsanwalt muß es hinnehmen, wenn auf der Geschäftsstelle des Gerichts in seiner Anwesenheit möglicherweise geraucht wird. (OLG Hamm, Az.: 3 Ws 123/93)

Ein Soldat hat gegen den Dienstherrn der Bundeswehr keinen Anspruch auf Erlaß eines allgemeinen Rauchverbots. (Bundesverwaltungsgericht, Az.: 2 C 14/91)

Ein Beamter kann den Dienstherrn nicht dazu zwingen, für ein klimatisiertes Großraumbüro ein Rauchverbot zu erlassen, wenn ihm ein anderer Dienstposten zugewiesen wird, er diesen aber nicht annimmt. (Oberverwaltungsgericht Münster, Az.: 12 A 1469/81)

Aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht kann ein Beamter, der an seinem Arbeitsplatz Belästigungen durch Tabakrauch verbunden mit Folgeerscheinungen wie Husten, Heiserkeit, Kopfschmerzen oder Übelkeit ausgesetzt ist, einen Anspruch auf Erlaß eines Rauchverbots herleiten. Das Recht der Raucher auf freie Entfaltung der Persönlichkeit muß dann zurückstehen. (Verwaltungsgericht Köln, Az.: 3 L 302/78)

Der Teilnehmer an einer gesetzlich vorgeschriebenen ärztlichen Fortbildungsveranstaltung hat einen Anspruch darauf, daß der Veranstalter ein allgemeines Rauchverbot ausspricht, da nicht auszuschließen ist, daß durch das Passivrauchen Gesundheitsschäden entstehen können. (Verwaltungsgericht Schleswig, Az.: 10 A 111/74)

Das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Menschen haben Grundrechtsschutz. Verfassungsrechtlich ist es daher nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber in bestimmten Bereichen das Rauchen untersagt. Ein allgemeines Rauchverbot zum Schutz der Nichtraucher läßt sich aber aus der Verfassung nicht ableiten. Aus Brandschutzgründen darf allerdings in Warenhäusern ein Rauchverbot angeordnet werden. (Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Az.: Vf.21-VII/85)

Der Schulleiter ist auf Antrag eines Lehrers verpflichtet, ein Rauchverbot für das Lehrerzimmer auszusprechen. Dies gilt jedenfalls für die Tage, an denen dieser nichtrauchende Lehrer seinen Dienst in der Schule versieht. (Oberverwaltungsgericht Münster, Az.: 6 A 2578/84)

Weigert sich ein Berufskraftfahrer, mit einem stark rauchenden Kollegen zu arbeiten, weil er gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchtet, so darf ihn der Arbeitgeber deswegen nicht entlassen. (Landesarbeitsgericht Frankfurt, Az.: 11 Sa 1655/94)

Nichtraucher haben einen Rechtsanspruch auf einen nikotinfreien Arbeitsplatz. Mit diesem Argument wurde ein Versicherungsunternehmen verpflichtet, einem Mitarbeiter einen rauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Bei der Entscheidungsabwägung wurde die Gesundheit höher bewertet als eine mögliche geringfügige Rauchbeeinträchtigung. (Landesarbeitsgericht Hessen, Az.: 5 Sa 732/94)

Auch das Bundesarbeitsgericht (Az.: 5 AZR 971/94) hat sich jetzt erstmals mit der "Raucherfrage" befaßt und am 8. Mai 1996 entschieden, daß Arbeitnehmer in der Regel keinen rauchfreien Arbeitsplatz beanspruchen können. Dies jedenfalls dann nicht, wenn die Forderung nach einem rauchfreien Arbeitsplatz zu einer Einschränkung der unternehmerischen Betätigung führen würde. Damit wurde die Klage einer Stewardeß abgewiesen, die unter Hinweis auf ihre Gesundheitsgefährdung durch qualmende Passagiere und Kollegen die Ansicht vertreten hatte, daß die Fluggesellschaft zumindest auf Langstreckenflügen "Nichtrauchermaschinen" einsetzen müsse. Das Bundesarbeitsgericht erklärte hierzu, daß der Arbeitgeber zwar verpflichtet sei, seine Beschäftigten durch geeignete Maßnahmen gegen "Gefahren für Gesundheit und Leben" zu schützen, doch könne dies nur soweit gehen, wie die unternehmerische Betätigung dies auch gestatte.

Der Bundesfinanzminister wird wohl diese Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichtes mit Erleichterung verfolgt haben. Denn fast 20 Milliarden Mark Tabaksteuer bereichern Jahr für Jahr das Staatssäckel, da jede Zigarette mit 72 Prozent zugunsten des Staatshaushaltes besteuert wird.

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