Reaktionen reichen von "keine Veränderung" bis "große Chancen"

17.05.2001
Seit drei Jahren bereits lädt Lotus seine deutschsprachigen Partner zu einem so genannten Software-Camp. Dieses Jahr waren zum ersten Mal auch IBM-Vertreter dabei. Im Mittelpunkt des Geschehens stand die Integration von Lotus in den Mutterkonzern.

800 Fachhandelsbesucher waren für den diesjährigen Software-Partner-Treff von Lotus erwartet worden. Ganz so viele kamen vergangene Woche zwar nicht nach Düsseldorf, doch die, die erschienen sind, sahen ihre Erwartungen erfüllt: "Im Vergleich zum Vorjahr hat sich eigentlich nicht viel verändert", so Joanna Bornstein, Account-Managerin von ADA Systemhaus, gegenüber ComputerPartner. Viele Camp-Teilnehmer bemängelten aber die unklare Abgrenzung vom Marketing- und Verkauf-orientierten Bereich des Kongresses zu den technischen Vorträgen.

In der endgültigen Fassung der Agenda hat auch IBM diese Trennung völlig aufgegeben, aber viele Techniker kamen mit der ersten Version des Programms an den Rhein und waren enttäuscht, als sie sich "Marketing-Gewäsch" - so der EDV-Leiter eines Düsseldorfer Systemhauses - anhören mussten. Und die besten Vorträge hielten nicht etwa Lotus- oder IBM-Vertreter, sondern die Business-Partner selbst, war die im Plenum vorherrschende Meinung.

Gut, dass IBM dabei war

Größtenteils zufrieden zeigten sich Fachhändler mit der IBM-Präsenz auf dem Camp. "Hierdurch eröffnen sich uns neue Geschäftsperspektiven", lautet deren fast einhelliges Echo. Und in der Tat hatte Big Blue seinen Partnern einige Schmankerln anzubieten, so etwa ein neues, so genanntes "Value Package".

Mit der "start now" genannten Ini-tiative möchte IBM endlich EBusiness im Mittelstand verankern. Dabei geht es etwa um Software-Lösungen unter anderem in den Bereichen Web Self Service, Customer-Relationship-Management (CRM), Business Intelligence, Infrastruktur (Tivoli), Collaborationssoftware (Lotus) und Con- tent-Management. Das Ganze kostet den Partner 1.295 Dollar pro Jahr, dafür erhält er auf jeden Fall eine Ausbildung zum E-Business-Lösungsberater. "Ziel von ,start now‘ ist es, den Partner in die Lage zu bringen, innerhalb von zwei Wochen eine eigene E-Business-Lösung zusammen zu schmieden", so die ehrgeizige Vorgabe von Wiegand.

Damit sie realistisch bleibt, ist IBM dem Partner bei der Erstellung des Business-Planes behilflich. Wird das Ganze dann erfolgreich in die Tat umgesetzt (konkret: erzielt der Partner mit IBM-Produkten mehr als 100.000 Dollar Umsatz im Mittelstand), erwarten ihn erst richtig große Boni. Innerhalb des "Incentive"-Programms kann er ähnlich wie bei "miles & more" Punkte sammeln, und als Hauptpreis winkt hier eine Reise nach Rio de Janeiro oder eine Expedition nach Tibet.

Aber auch fürs tägliche Geschäft soll sich laut Wiegand "start now" lohnen. Bei Erfolg versprechenden Projekten übernimmt etwa IBM Marketingkosten des Partners im einstelligen Prozentbereich ("Co-Marketing Fonds"). Einen dicken Batzen Geld gibt es schließlich, falls die mit IBM geschlossene Zielvereinbarung eingehalten oder gar übertroffen wird. In diesem Fall erhält der Partner drei bis 18 Prozent seines Umsatzes von IBM als Barscheck überreicht. Diese "Belohnungsgelder" verbucht Big Blue intern als so genannte "Market growth fees".

Verwaltung runter, Unterstützung rauf

Ferner stockt IBM das für Partner-Business verantwortliche Personal in Zentraleuropa auf 200 Mitarbeiter auf. Davon kümmern sich 40 Personen ausschließlich um die Independent Software Vendors (ISV), Systemintegratoren (SI) und Originally Equipped Manufacturers (OEM). Weitere 80 Systemingeni-eure gelten als Produktspezialisten für die vier Kernbereiche Collaboration (Lotus), Datenbanken (DB2), Infrastruktur-Software (Websphere) und Systemmanagement (Tivoli). Sie unterstützen bei technischen Fragen oder auch im Rahmen von Projekten bei Kunden.

Und dann gibt es noch zirka 80 Sales-Leute, die im Gegensatz zu den Technikern ("push") für das "pull" zuständig sind, also für die aktive Akquirierung von Kunden am Markt. Gleichzeitig werden bisher getrennte Lotus- und IBM-Niederlassungen deutschlandweit zusammengelegt. Hierdurch erhofft sich der Konzern Einsparungen im administrativen Bereich.

Mit dieser aggressiven Vorgehensweise will IBMs Software-Abteilung ihren unmittelbaren Wettbewerbern die Markführerschaft streitig machen: Cognos im Business-Intelligence-Umfeld, Oracle bei Datenbanken und Bea Systems im Applikationsserver-Bereich. Hierzu bedarf es natürlich erfolgreicher Partner. Zwar erzielt die Software-Division der Armonker die Hälfte ihres Umsatzes im indirekten Kanal - also weit mehr als die gesamte Company mit 36 Prozent - doch das genügt natürlich noch nicht: "Im Umgang mit Partnern können wir von Lotus noch viel lernen", lautet Wiegands Schlussfolgerung.

ComputerPartner-Meinung:

Einheitliches Logo und gleichlautende Partnerprogramme - und schon ist es um die IBM-Integration von Lotus geschehen? Dazu braucht es wahrlich mehr. Zwar ergänzen Lotus’ Collabo- rationsprodukte IBMs SoftwarePalette ideal, aber beispielsweise die Verknüpfung des Wissensmanagement-Portals K-Station mit IBMs Business-Intelligence-Lösungen oder deren Ausbau zu einem leistungsfähigen CRM-Tool wird sich noch schwierig gestalten. Obgleich hier Business-Partner mit ihrem Know-how einiges beim Kunden ausbügeln können, liegt es nun an IBM, die teilweise proprietäre Lotus-Technologie an offene Standards à la Websphere anzupassen. (rw)

Zur Startseite