Vom Papier zum elektronischen Dokument

Rechtssicherheit beim ersetzenden Scannen

Rechtsanwalt seit 1994 Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Arbeitsrecht Datenschutzbeauftragter TÜV Tätigkeitsschwerpunkte: IT-Recht Arbeitsrecht Vergaberecht

Ausgestaltung des ersetzenden Scannens

Wenn die Rechtsfrage geklärt ist, ob aus vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtungen eine Aufbewahrung von Dokumenten notwendig ist, ist zu prüfen, ob besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Scannprozesses bestehen. Mit der organisatorischen Ausgestaltung des Scannprozesses soll sichergestellt werden, dass durch das ersetzende Scannen keine nachteiligen Folgen eintreten. Dabei ergeben sich verschiedene Bearbeitungsphasen.

Aus rechtlicher Sicht ist in der ersten Phase zu klären, ob das Papieroriginal echt ist. Anschließend muss sichergestellt sein, dass in der zweiten Phase eine korrekte Übertragung des Papierdokuments in elektronische Daten erfolgt. Insbesondere für rechtliche und gerichtliche Auseinandersetzung muss im Zweifel ein Nachweis erbracht werden, dass während des ersetzenden Scannens Veränderungen an den Dokumenten nicht möglich sind oder waren. In der dritten Phase ist sicherzustellen, dass die elektronischen Dokumente auffindbar sind und nicht verfälscht werden können (Revisionssicherheit).

Technische Richtlinie

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erstellt derzeit eine technische Richtlinie 03138 zum ersetzenden Scannen. Sie trägt das Kürzel "BSI TR RESISCAN - 03138". Unter dem Datum vom 9.10.2012 ist eine Version 0.90 vom BSI zur öffentlichen Kommentierung online gestellt worden. In dem Dokument werden unter anderem Hinweise für die Methodik, beispielsweise für eine Strukturanalyse, Schutzbedarfsanalyse oder Risikoanalyse gegeben. Weiterhin werden getrennt nach einem Basismodul und einem Aufbaumodul verschiedene Sicherheitsmaßnahmen beschrieben, die ein ersetzendes Scannen insgesamt rechtssicher ermöglichen sollen.

Das BSI betrachtet dabei den gesamten Workflow, vom Vorgang der elektronischen Erfassung von Papierdokumenten mit dem Ziel der elektronischen Weiterverarbeitung und Aufbewahrung bis hin zur späteren Vernichtung des papiergebunden Originals. Das BSI weist darauf hin, dass die technische Richtlinie nicht die Zulässigkeit des ersetzenden Scannens als solches regelt, sondern die technischen Anforderungen im Blick hat.

Dieser Artikel entstammt dem "Lexikon für das IT-Recht 2013/2014", das im ChannelPartner-Shop erhältlich ist. Die vierte Auflage dieses Buchs richtet sich mit 130 Praxisthemen an Geschäftsführer, Manager und IT-Verantwortliche in Handelsunternehmen ohne eigene Rechtsabteilung. Das Lexikon ist als gedrucktes Buch für 39,95 Euro oder als eBook für 34,99 Euro in unserem Abo-Shop erhältlich.

Digitalisierung in der Poststelle

In Projekten, die eine möglichst medienbruchfreie Gestaltung von Geschäftsvorfällen ermöglichen sollen, werden auch Fragen zur Digitalisierung von Papier-Posteingängen ein Thema sein. Ziel ist es, alle Posteingänge im Geschäftsprozess als elektronische Dokumente zur Verfügung zu stellen. Die organisatorische Herausforderung besteht darin, eingehende Post richtig zu klassifizieren und der jeweils angemessenen Vorgangsbearbeitung zuzuführen. Gerichtliche Titel, die im Original für die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen benötigt werden oder im Original unterschriebene Verträge dürfen nicht digitalisiert und anschließend vernichtet werden.

Auf der anderen Seite muss nicht jede Werbung, die per Post bei einer Verwaltung oder bei einem Unternehmen eingeht, rechtssicher in ein elektronisches Dokument verwandelt werden. In der Praxis werden dafür verschiedene Dokumente-Kategorien gebildet, für die im Einzelnen festgelegt wird, wie diese zu verarbeiten sind. Die tägliche Anwendung muss dann intensiv mit den Mitarbeitern geschult werden, um fehlerhafte Kategorisierung und/oder Vernichtung zu vermeiden.

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung wird darüber hinaus die Einrichtung einer virtuellen Poststelle diskutiert. In Ergänzung zu der bestehenden Infrastruktur soll so eine Behörde die Möglichkeit haben, ausschließlich online zu kommunizieren. Verfolgt eine Behörde das Ziel, Geschäftsprozesse vollständig online abzuwickeln, um diese effektiv zu bearbeiten, bedarf es äquivalenter Lösungen zu den rechtsverbindlich papierbasierten Geschäftsabläufen.

Digitale Archivierung

Bei der digitalen Archivierung sind drei Elemente zu betrachten. Aufbewahrungsobjekt sind Daten, beispielsweise betriebswirtschaftliche Anwendungsdaten, Stamm und Bewegungsdaten aus geschäftlichen Aktivitäten. Daneben können Programme und auch Unterlagen in Form von aufbereiteten betriebswirtschaftlichen und steuernden Daten Gegenstand der Archivierung sein.

Sowohl kaufmännische als auch steuerliche Vorschriften sind bei der digitalen Archivierung zu beachten. Kaufleute haben gemäß den §§ 238, 257 HGB die Pflicht, Unterlagen einzelner Geschäftsvorfälle aufzubewahren. Die Abgabenordnung fordert in steuerlicher Hinsicht Ähnliches. Die Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) sind zu beachten.

§ 146 Abs. 1 AO fordert, dass die Buchung und die erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen sind. Diese Grundsätze sind auf eine digitale Archivierung anzuwenden.

Wenn Unternehmen sich mit dem Gedanken tragen, steuerlich relevante Daten außerhalb von Deutschland zu archivieren, sollte dies vorab mit dem Finanzamt geklärt werden. Nach § 145 Abs. 2 AO sind Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen im Geltungsbereich der Abgabenordnung zu führen und aufzubewahren. Wer steuerlich relevante Daten in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union aufbewahren möchte, muss dazu bei der zuständigen Finanzbehörde einen schriftlichen Antrag stellen und benötigt die Bewilligung der Finanzbehörden. Archivierungen von steuerlich relevanten Daten außerhalb der EU sind nach der Abgabenordnung unzulässig. Die Aufbewahrungsfrist beträgt überwiegend zehn Jahre, in einigen Fällen sechs Jahre.

Anforderungen an eine rechtskonforme Vernichtung

Die Vernichtung von Informationsträgern nach dem ersetzenden Scannen ist datenschutzgerecht durchzuführen. Einzelheiten werden in der DIN 32757 geregelt, die sich auf die Vernichtung personenbezogener Daten konzentriert. Für Schriftgut sind Sicherheitsstufen für die Aktenvernichtung festzulegen. Die Vernichtung der Originaldokumente trägt so den datenschutzrechtlichen Grundsätzen der Datenvermeidung und Datensparsamkeit Rechnung.

Zur Startseite