Retail-Tycoon Stiefel: "'Geiz ist geil' hat den Zeitgeist voll getroffen"

20.02.2003
2002 war für den deutschen Handel ein schlechtes und schwieriges Jahr. Über die aktuelle Nachfragesituation an der Verkaufsfront, die Entwicklung der Handelsmarken Media-Markt und Saturn sowie die Chancen für den Wiederverkauf sprach Leopold Stiefel, geschäftsführender Gesellschafter der Media-Saturn-Holding (MSH), mit den ComputerPartnerRedakteuren Damian Sicking und Cornelia Hefer.

Herr Stiefel, in der "Süddeutschen Zeitung" von heute findet man eine Beilage von Promarkt mit dem Slogan "Alles wird gut". Wie lautet Ihr Kommentar dazu?

Stiefel: Ich habe mir nie angemaßt, in der Öffentlichkeit über Wettbewerber zu urteilen. Nur so viel: Wenn ich der betreffende Unternehmer wäre, hätte ich mir sehr gut überlegt, Promarkt zurückzukaufen.

Die Promarkt-Beilage war heute nicht die einzige. Wir haben hier noch eine von Media-Markt ...

Stiefel: Zufall ...

... dann die Beilage von Karstadt, die ebenfalls IT-Produkte bewirbt, und von Fröschl. Alles an einem Tag in einer Zeitung. Wer soll das alles kaufen?

Stiefel: Das ist eine gute Frage. Die Leute kaufen nicht mehr, nur weil mehr Händler inserieren. Im Oktober, November, Dezember und Januar wird generell intensiver geworben. Ab Februar ist das Werbeaufkommen dann wieder schwächer. Dass Promarkt jetzt stärker wirbt, damit war zu rechnen. Denn sie müssen handeln.

In diesen ganzen Kampagnen geht es darum, dem Kunden einen Wegweiser in die Hand zu geben - wo kann er interessante Produkte kaufen? Denn der Verbraucher hat ja noch Geld. Die Frage ist nur: Wofür gibt er es aus - für ein neues Auto, eine Reise, Elektronik-Produkte oder einen neuen Computer? Für uns ist es wichtig, dass mehrere Unternehmen werben. So wird die Kauflust angeregt. Wäre nur Media-Markt vertreten, wäre das nicht gut für die gesamte Branche.

1997 erklärte Media-MarktMitgründer, Walter Gunz, in einem ComputerPartner-Interview: "Wir haben in diesem Jahr eine sehr, sehr schwierige Situation in Deutschland. Die hohe Arbeitslosigkeit, die Schwierigkeit der Regierung, das längst überfällige Steuerprogramm umzusetzen [...] Und der Konsument ist oft zurückhaltend. Er verfügt über Geld, wird es aber nicht ausgeben." Fast wie heute, oder?

Stiefel: Das hat er 1997 gesagt?

Ja.

Stiefel: Die Aussage könnte eins zu eins auf heute passen. Im Nachhinein betrachtet, war es aber damals leichter. Die Arbeitslosigkeit ist jetzt höher, der Kampf im Markt ist härter, der Wettbewerb ist massiver geworden. Das zeigt das vergangene Jahr ganz deutlich. Noch nie war der Abstand zwischen dem Gewinner im Markt und den so genannten Verlierern so groß. Promarkt gehört unter anderem zu den Verlierern, weil sich das Unternehmen auf die schwierigen Zeiten nicht richtig eingestellt hat. Media und Saturn gehört zu den Gewinnern. Wir haben ein gutes Jahr hinter uns und ich glaube auch ein gutes vor uns.

Was halten Sie von Frau Künasts Idee, gegen so genannte Dumping-Angebote zu intervenieren?

Stiefel: Gar nichts. Was will die Politik hier machen? Außerdem sind wir von dieser Diskussion nicht betroffen. Frau Künast befürchtet, dass es durch die harten Preiskämpfe im Lebensmittelbereich zu Qualitätsverlusten kommt. Diese Ängste sind unter Umständen nicht unbegründet. Aber das hat nichts mit unseren Tiefstpreisen zu tun. Denn wir haben einen ganz anderen Ansatz. Wir kämpfen mit harten Preisen um die Kunden, aber wir bieten Markenqualität. Denn wir bringen Marken wie Grundig, Sony, Panasonic, Canon, HP oder Lexmark günstig auf den Markt. Und wenn wir sagen, "Geiz ist geil", dann meinen wir nicht Billigprodukte mit schlechter Qualität, sondern Qualitätsprodukte zum "geilsten Preis". Natürlich bieten wir auch No-Name-Produkte für den Einstiegsbereich in den entsprechenden Preisklassen an, aber zu 85 Prozent besteht unser Sortiment aus Markenprodukten.

Ist es denn vorstellbar, dass die Regierung ihr Nein zu Dumping-Angeboten auch auf Ihre Branche ausdehnt?

Stiefel: Nein, das ist utopisch.

Die Handelsmarken Media und Saturn gelten als Wachstumsmotor der Metro AG. Konnten Sie 2002 diese Erwartung wieder erfüllen?

Stiefel: Ja. Wir gehören in der Metro-Gruppe zu den erfolgreichsten Unternehmen. Und das haben wir gerade 2002 wieder bewiesen. Das vergangene Jahr haben wir mit einer Umsatzsteigerung abgeschlossen, die weit über dem Durchschnitt liegt - nicht nur in der Branche, sondern auch innerhalb der Unternehmensgruppe. Und unsere Ergebnisentwicklung war positv - also besser als 2001. Wir sehen uns in Deutschland und Europa klar als Gewinner. Denn wir konnten unsere Marktanteile deutlich erhöhen.

Haben Sie Ihre Marktanteile auf Kosten des Ertrags erhöht?

Stiefel: In absoluten Zahlen: Nein. Wenn Sie es in Relation zum Umsatz sehen, dann ja. Marktanteile werden in unserem Geschäft über den Preis gewonnen. Das heißt, wir müssen derzeit erheblich mehr Umsatz machen, um unseren Ertrag halten zu können. Heutzutage können Sie Ihren Ertrag nicht mehr über Margenerhöhung steigern. Das Problem vieler Wettbewerber wie auch Promarkt ist, dass sie keine Umsatzsteigerung geschafft haben - und das hat sich negativ auf den Ertrag ausgewirkt.

Ihre Aussage, dass MSH Umsatz und Ertrag 2002 steigern konnte, bezog sie sich auf Europa oder auf Deutschland?

Stiefel: Auf Deutschland und das Ausland - wir haben auch international eine sehr gute Entwicklung. In einigen Zeitungsberichten stand, Media-Markt hätte das schlechte Deutschlandgeschäft mit dem Auslandsgeschäft kompensiert. Das stimmt nicht. Wir haben in Deutschland mit einem Umsatzplus auf unveränderter Fläche abgeschlossen. Und das Ergebnis - im Vergleich zum Vorjahr - gesteigert.

2001 hat MSH mit einem Umsatz von 8,3 Milliarden Euro abgeschlossen. Und im vergangenen Jahr?

Stiefel: Wir hatten im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von fast 15 Prozent in Europa.

Und in Deutschland?

Stiefel: Ebenfalls im zweistelligen Bereich.

Auch auf vergleichbarer Fläche?

Stiefel: Nein, aber auch auf vergleichbarer Fläche haben wir ein deutliches Plus erreicht.

Wie hoch ist der Umsatzanteil von IT-Produkten bei Media-Markt und Saturn?

Stiefel: Solche Details veröffentlichen wir grundsätzlich nicht. Nur so viel: Beim Verkauf von IT-Produkten sind wir die Nummer eins in Deutschland. Also macht dieser Bereich bei uns einen sehr großen Anteil aus.

Der PC-Absatz soll - im Vergleich zu den Erfolgsjahren 1999 und 2000 - bei Media und Saturn geschwächelt haben. Hatten Sie die falschen Produkte oder Preise in der Werbung?

Stiefel: Wenn Sie mit PCs Desktops meinen, ja, da haben Sie Recht. Wir sehen diesen Bereich aber nicht isoliert. Denn hier findet im Markt ein Wandel statt: Wenn ich Desktops und Notebooks addiere, dann haben wir unseren Absatz in Stück und Wert im vergangenen Jahr dramatisch gesteigert. Und das ist das Entscheidende für mich. Ich kann schließlich nicht unzufrieden sein, wenn hier eine Verschiebung zu unseren Gunsten stattfindet.

Einer Ihrer größten Lieferanten für IT-Produkte, Fujitsu Siemens, startete im Januar wieder eine Offensive im Food-Kanal. Diesmal mit den Penny-Märkten. Das kann Ihnen nicht egal sein. Erreichen Ihre Handelsmarken Media und Saturn die Penny-Kunden nicht?

Stiefel: Das Interessante an diesem Vertriebskanal ist die Dichte seines Filialnetzes. Wenn von 1.500 Läden jeder nur drei Rechner verkauft, kommen Sie auf große Stückzahlen. Wenn unsere Märkte in Ingolstadt zum Beispiel einen hohen Marktanteil haben und drei Penny-Märkte 15 Rechner verkaufen, stört uns das wenig. Trotzdem kann uns die Entwicklung nicht freuen. Aber so funktioniert halt die freie Marktwirtschaft. Wir haben durch den Vertrieb über die Discounter nicht gelitten, aber es bringt uns dazu, über uns nachzudenken und besser zu werden. Außerdem kommen viele Kunden wieder zu uns zurück: Denn wenn der Kunde Peripherieprodukte braucht oder technische Probleme auftreten, hat er bei Penny oder Aldi keinen Ansprechpartner.

Wie lange wird der Vertrieb über die Discounter im Lebensmittelhandel noch dauern?

Stiefel: Ich bin kein Hellseher. Wir gehen aber davon aus, dass der Lebensmittelhandel bald erkennt, dass diese Strategie langfristig mehr Nachteile als Vorteile hat.

2003 wird für den Handel nicht viel einfacher als das Vorjahr. Welche internen Ziele haben Sie Ihrer Mannschaft für das laufende Geschäftsjahr vorgegeben - wie wird 2003 für MSH?

Stiefel: Gut ... (lacht).

Worauf basiert Ihr Optimismus?

Stiefel: Auf der Leistungsfähigkeit unseres Konzepts. Sie können mich im nächsten Jahr daran messen. Gerade in schwierigen Zeiten trennt sich die Spreu vom Weizen. Und nicht nur der Preis entscheidet, sondern auch die Sortimentsvielfalt und die Leistungsfähigkeit. Das honoriert der Kunde in diesen Zeiten.

Eine erneute Umsatzsteigerung von 15 Prozent für MSH halten Sie auch 2003 für wahrscheinlich?

Stiefel: Ja, denn durch unsere geplante Expansion von 50 neuen Outlets in Europa haben wir eine gute Grundlage für weiteres Wachstum. Plus eine Steigerung auf bestehender Fläche. Ob wir jetzt um 12 oder 15 Prozent wachsen, lasse ich mal dahin gestellt.

Wie viele Neueröffnungen planen Sie in Deutschland?

Stiefel: In Deutschland zirka 20 und im Ausland kommen rund 30 neue Outlets dazu.

Media-Markt-Outlets waren immer am Stadtrand auf der grünen Wiese zu finden. Schwerpunkte im Sortiment lagen auf IT- und UE-Produkten. Saturn dagegen findet der Kunde im Stadtzentrum mit einem großen CD-Sortiment und einer starken Konzentration auf Fotografie und weiße Ware. Die ehemalige Trennung in der Positionierung von Media-Markt und Saturn scheint mehr und mehr zu verwischen. Schadet Ihnen dieser Wettbewerb nicht?

Stiefel: Wettbewerb schadet nie, da er die Leistungsfähigkeit der Mannschaften erhöht. Bei uns fördert er beide Marken positiv. Hausintern wissen die Mitarbeiter, welche Handelsmarke wo erfolgreich ist und wo nicht. Einer lernt dabei vom anderen und es fördert natürlich den Ehrgeiz. Das funktioniert bei uns deshalb, weil beide Marken absolut getrennt und unabhängig in ihrer Entscheidungsfindung sind: Es gibt bei Media-Markt eine eigene Geschäftsführung, einen eigenen Einkauf, einen eigenen Vertrieb - und bei Saturn genauso.

Bei Ihren Lieferanten heißt es aber, seit Herbst stehe für die Einkaufsabteilungen von Media und Saturn Reorganisation auf dem Programm. Intern soll die Maßnahme den Namen "Sieben-Säulen-Konzept" tragen. Was steckt dahinter?

Stiefel: Es gibt kein Sieben-Säulen-Konzept, aber ich weiß, worauf Sie hinaus wollen. Es gab bei beiden Handelsmarken schon immer strategische Gemeinsamkeiten beziehungsweise strategische Vereinbarungen mit Lieferanten. Im IT-Bereich müssen wir zentraler vorgehen - teilweise sogar europaweit. Oder wir treffen Grundsatzentscheidungen: Zum Beispiel, dass wir mit Fujitsu Siemens oder Gericom zusammenarbeiten. Das trifft dann für beide Marken zu, aber das war schon immer so. Heute ist es notwenig, strategische Entscheidungen auf europäischer Ebene zu treffen. Das ist eine wichtige Anpassung an die laufende Entwicklung in diesem Geschäft. Und das werden wir in diesem Jahr noch verstärken. Zum Beispiel werden wir uns ansehen, was ist die Einstiegspreisklasse für DVD-Player, dann versuchen wir den günstigsten Anbieter auf dem Weltmarkt zu finden - und diese Produkte werden dann in allen Outlets in Europa angeboten. Wir kaufen dann zwar zum selben Preis ein, aber zu welchem Preis dann Media oder Saturn weiterverkaufen, ist ihre Sache. Und es wäre dumm, wenn wir unsere Einkaufsmengen nicht bündeln würden.

Verstehen wir Sie richtig, dass der Einkauf durchaus stärker zentralisiert wird?

Stiefel: Sie sehen das nur durch die IT-Brille. Unsere großen Bereiche wie weiße oder braune Ware sind dezentral bis hin zu den einzelnen Outlets organisiert. Wo wir seit Jahren schon zentraler steuern, ist bei den IT-Produkten.

Dezentralität nennen Sie immer als eine Ihrer Stärken gegenüber Wettbewerbern. Ende 2002 hat einer Ihrer Berliner Geschäftsführer, Herr Dunkel, mit einer Selbstanzeige richtig Staub aufgewirbelt. Ist das ein Risiko, das Sie in Kauf nehmen müssen oder wird jetzt auch bei MSH über mehr zentrale Kontrolle nachgedacht?

Stiefel: Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen das Verfahren gegen uns eingestellt; es war eine Falschanzeige. Die Presse hat diese Geschichte aufgegriffen, ohne den Sachverhalt richtig zu prüfen. In jedem Unternehmen, das mit dezentralen Strukturen arbeitet, haben Sie das Problem, dass ein Mitarbeiter unehrlich sein kann. Das gab es früher und das gibt es heute. Aber das wird nicht unsere dezentrale Ausrichtung in Frage stellen. Außerdem hatten wir schon immer interne Kontrollen in Form von Revisionen.

2001 erklärten Sie in einem Ihrer wenigen Interviews: "Für die Hersteller gibt es keinen günstigeren Vertriebskanal als den großflächigen Handel." Wir hören dagegen immer, dass man sich die Zusammenarbeit mit MSH erst einmal leisten können muss.

Stiefel: Man muss hier immer zwei Seiten sehen. Einerseits kos-tet es den Lieferanten etwas mehr, weil er dezentral anliefern muss, da wir keine zentrale Lagersteuerung haben. Andererseits profitiert der Lieferant aber von unseren dezentralen Strukturen. Nehmen wir folgendes Beispiel: Die Produkte eines Herstellers sind in 350 Outlets dezentral vertreten. Jetzt verärgert der Zentralbetreuer des Lieferanten unseren Mitarbeiter in Ingolstadt. Dann hat der Mitarbeiter nicht die Macht, den Hersteller komplett oder Teile des Sortiments in allen Häusern auszulisten. Also, muss der Lieferant Vor- und Nachteile abwägen.

Er sollte nicht nur die Kosten, sondern auch die Stabilität des Absatzes und des Vertriebskanals sehen - dann wird es für ihn wieder günstig. Denn einen neuen Vertriebsweg aufzubauen oder seine Produkte selbst zu verkaufen, kommt ihn wesentlich teurer. Wie gesagt, ich bin immer noch der Meinung, wir sind für die Lieferanten der günstigste Vertriebsweg - vor allem, wenn sie Vor- und Nachteile abwägen.

Große Hersteller wie auch Sony haben in Deutschland den Vertrieb übers Internet getestet. Er hat nicht funktioniert. Hat sich das Thema jetzt endgültig erledigt?

Stiefel: Die große Masse der Kunden will nicht übers Internet einkaufen. Der Versandhandel konnte bei bestimmten Produkten in der Vergangenheit keine große Bedeutung erlangen, denn bei einem Marktanteil von fünf Prozent kann ich kaum von großer Bedeutung sprechen. Was Produkte betrifft, die auch MSH verkauft, beträgt der Absatz über das Internet zwischen drei und fünf Prozent. Und das ist für mich kein Grund, mit unserem Konzept darauf zu reagieren. Für uns ist das Internet eine Informations- und Kommunikationsplattform. Und in dieser Hinsicht werden wir in den nächsten Jahren noch mehr tun.

Viele unserer Leser sehen sich an der Verkaufsfront im Wettbewerb mit Media-Markt & Co. Wenn Sie einer dieser Fachhändler wären, was würden Sie tun, um sich gegen Media-Markt oder Saturn zu positionieren?

Stiefel: Ich müsste ja verrückt sein, wenn ich Ihnen diese Frage beantworte ... (lacht). Ich war selbst mal ein ganz normaler Elektrohändler - seit 1959 bin ich im Einzelhandelsgeschäft. Und persönlich kannte ich damals rund 30 andere Elektrohändler in der gleichen Größenordnung. Wir haben immer gesagt, das was wir machen, kann nicht die Zukunft sein; wir müssen uns was Neues einfallen lassen. Und so kam es dann zur Media-Markt-Gründung 1979. Das heißt, wenn sich jemand etwas einfallen lässt und sich den Zeichen der Zeit anpasst, dann hat er auch seine Chance. Und ich glaube, jede Zeit hat durchaus ihre Chancen: nur nicht mit den alten Methoden und Mitteln.

Was wären denn die neuen Methoden und Mittel?

Stiefel: Wenn ein normaler Einzelhändler glaubt, er kann uns mit unseren Waffen schlagen, dann wird er eventuell nicht überleben. Dafür sind wir mittlerweile zu groß. Also, muss er andere Stärken aufbauen; er muss dem Kunden eine Alternative zu uns bieten - ob in der Stadt oder auf dem Land. Denn Media-Markt und Saturn zusammen können in Kleinstädten maximal bis zu 50 Prozent Marktanteil erreichen; in den Großstädten bis zu 20 Prozent. Und wo ist der Rest? Selbst wenn ich davon noch den Verkauf übers Internet, Versandhandel und die Lebensmitteldiscounter abziehe, bleibt immer noch ein Riesenpotenzial für Spezialisten.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Stiefel: Wenn man sich zum Beispiel mal in Ingolstadt umsieht: Hier gibt es einen Expert-Händler, der ein hervorragendes Geschäft macht - ich kenne ihn noch persönlich aus meiner Lehrzeit. Jedes Jahr verdient er viel Geld, obwohl Media-Markt und Saturn hier vertreten sind. Als Händler muss ich nur das richtige Leistungskonzept gegen die Flächenmärkte stellen und nicht das Gleiche machen.

Sie haben im Gespräch schon mehrmals auf die Kampagnen Ihrer Handelsmarken hingewiesen: "Geiz ist geil" von Saturn und "das Projekt 2003" von Media-Markt. Welche Kampagne gefällt Ihnen persönlich besser?

Stiefel: Eine Kampagne muss mir nicht gefallen. Denn als Menschen können wir durchaus anders sein als unsere Werbeaussagen. Aber eine Kampagne muss ihrer Zeit entsprechen. Mit "Geiz ist geil" haben wir den Zeitgeist voll getroffen. Der Kunde hat derzeit Ängste und hält seinen Geldbeutel geschlossen, vielleicht hat er Geld am Neuen Markt verloren, vielleicht hat er Angst, seinen Job zu verlieren. Darauf kann man nicht mit schöngeistigen Sprüchen reagieren - Werbung muss in diesen Zeiten eine andere Richtung einschlagen. Und das hat Saturn getan. Das war die Startkampagne und jetzt geht es weiter - ähnlich wie damals mit "Ich bin doch nicht blöd" von Media-Markt.

War der Geiz-ist-geil-Slogan so erfolgreich?

Stiefel: Ja, wenn ich mir die letzten Marktanalysen ansehe, war die Kampagne sehr erfolgreich. Wir liegen mit dem Bekanntheitsgrad von Saturn jetzt fast auf Media-Markt-Höhe. Und Media-Markt hat einen sehr hohen Bekanntheitsgrad.

Eine letzte Frage noch ...

... steht auf Ihrem Schreibtisch immer noch das Schild "Lächle mehr als andere"?

Stiefel: Ja, das habe ich bereits seit meiner Anfangszeit. Früher stand es noch als Pappkarton auf meinem Schreibtisch. Heute ist der Karton gerahmt. Der Spruch ist für mich eine Lebensgrundlage, denn Lächeln steckt an und führt zu einer positiven Grundstimmung. Und wenn ich die Menschen so behandle, wie ich selbst behandelt werden möchte, geht es mir besser und Schwierigkeiten lassen sich besser lösen. Daher ist auch dieser Spruch Bestandteil unserer Firmenphilosophie ge-worden.

www.mediamarkt.de

www.saturn.de

Leopold Stiefel

Who ist who?

Öffentliche Auftritte und Rummel um seine Person schätzt Leopold Stiefel, 58, nicht. In der Presse wird nur selten über den geschäftsführenden Gesellschafter der Media-Saturn-Holding GmbH (MSH) in Ingolstadt berichtet. An mangelndem Erfolg des Selfmade-Managers kann das nicht liegen. Stiefel ist heute verantwortlich für rund 34.000 Mitarbeiter und 357 Outlets von Media und Saturn in Europa. 2001 bezifferte die Metro-Tochter ihren Nettoumsatz auf 8,3 Milliarden Euro.

Seinen Job hat Stiefel von der Pieke auf gelernt. 1959 startete der in Braunau am Inn geborene Manager seine Lehre als Einzelhandelskaufmann bei der Firma Dreyer & Schnetzer. Von 1964 bis 68 arbeitete er als Verkäufer bei der bayerischen Elektronikkette Fröschl; danach als Verkäufer bei der Firma FEG, wo er 1979 zum Geschäftsführer und Gesellschafter aufstieg. Im selben Jahr entstand - gemeinsam mit Erich Kellerhals -, die Vision eines Großflächen-Elektrofachmarktes: Media-Markt ging in Deutschland an den Start. 1988 waren die Roten mit gerade mal 13 Outlets in Deutschland vertreten. Ein Jahr später eröffneten die ersten Filialen in Frankreich. Heute gibt es die beiden Handelsmarken Media und Saturn in zehn europäischen Ländern.

Neben seinem Job als Media-Saturn-Chef engagiert sich Stiefel auch politisch: Er ließ sich in den Ingolstädter Stadtrat wählen. Als Hobby gibt der Vater von drei Kindern Motorradfahren an. "In meinem Alter natürlich Harley", meint er schmunzelnd. (ch)

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