Streit zwischen Google Shopping und EU

Rettet den Online-Handel!

Kommentar  03.07.2018


Nach seinem Master-Abschluss am ISEP Paris (Institut supérieur d'électronique de Paris) hat Michel Racat 2009 nach dreijähriger Entwicklungsphase zusammen mit Charles Barat das Unternehmen BeezUP gegründet. Das Unternehmen vertreibt eine gleichnamige E-Commerce-Software für den Online-Handel.
Online-Händler blicken gebannt nach Brüssel. Die Auseinandersetzung zwischen EU-Kommission und Google könnte europaweit Konsequenzen haben.

Während die großen Internet- und Tech-Konzerne mit teils heftiger Kritik von Medien, Verbrauchern und Politik kämpfen, ist E-Commerce weiterhin auf dem Siegeszug. Das liegt nicht zuletzt an seiner Innovationskraft und der damit verbundenen Wettbewerbsdynamik. Allerdings zeigen sich auch im Online-Handel Tendenzen, die ihm selbst gefährlich werden könnten: So scheint die Preisvergleichsplattform Google Shopping eine Strategie zu verfolgen, die den Wettbewerb zunehmend hemmt. Die Beschwerden der Konkurrenz gegenüber Alphabets Shopping-Sparte sind zudem keineswegs aus der Luft gegriffen. Allein als Suchmaschine verfügte Google im April 2018 in Europa über einen Marktanteil von rund 92 Prozent.

Skepsis angebracht

Auch andere Zahlen sprechen nicht gerade für den Silicon-Valley-Giganten: Der SEA-Spezialist Searchmetrics sieht nach Analysen des PLA-Rankings (Product Listing Ads) in Europas größten Märkten (Großbritannien, Frankreich, Deutschland) eine deutliche Dominanz von Google Shopping. Und das, obwohl Alphabet bereits im September 2017 aufgrund des ersten Urteils der EU-Kommission ein neues Auktionsmodell eingeführt hatte: Indem die Shopping-Sparte aus Kalifornien unter (vermeintlich) gleichen Bedingungen wie die Wettbewerber um die PLAs bieten will, soll der Wettbewerb gestärkt werden. Doch wirklich gefruchtet zu haben, scheint die Maßnahme den Daten von Searchmetrics zufolge nicht.

Bei der Websuche erreichte Google im April 2018 in Europa einen Marktanteil von rund 92 Prozent. Das hat enorme Auswirkungen darauf, wohin sich Internetnutzer nach einer Produktsuche zum Kauf wenden.
Bei der Websuche erreichte Google im April 2018 in Europa einen Marktanteil von rund 92 Prozent. Das hat enorme Auswirkungen darauf, wohin sich Internetnutzer nach einer Produktsuche zum Kauf wenden.
Foto: Castleski - shutterstock.com

Dafür, dass Google Shopping noch immer zu seinen Gunsten zu unfairen Mitteln greift – so die Vermutung – hat auch die EU starke Hinweise: So erklärte jüngst die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in der US-Sendung 60 Minutes, ihr Team habe 1,7 Milliarden Anfragen an Google näher untersucht und dabei Manipulationen am Suchalgorithmus entdeckt. Dadurch würden eigene Produkte und Services gegenüber Angebote von Wettbewerbern bevorteilt.

Wettbewerb in Gefahr?

Ob Kunden oder Online-Händler: An Google beziehungsweise Google Shopping führt kaum ein Weg vorbei. Immerhin sind die Reichweite auf der einen und die Angebotsfülle auf der anderen Seite nicht zu ignorieren. Wenn allerdings die dort gelisteten PLAs von Angeboten nicht gleich und fair behandelt werden, verlieren alle – außer Googles Mutterkonzern Alphabet. Denn landen Wettbewerber mit ihren Angeboten auf den hintersten Plätzen, sind sie in der schnelllebigen Welt des E-Commerce regelrecht unsichtbar. Von Wettbewerb kann in einer solchen Umgebung kaum die Rede sein.

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Gerade kleine und mittelgroße Online-Shops haben es dann schwer, sich zu behaupten. Kunden verpassen zugleich nicht nur günstige, sondern häufig auch sehr individuelle, regional wertvolle Angebote, bei denen zudem der persönliche Kontakt zum Verkäufer auch online noch selbstverständlich ist. Nutzen große Player wie Google ihre Macht aus, um Marktzugänge unfair zu kontrollieren, geht diese Vielfalt an Angeboten und Anbietern verloren.

Reguliert den Markt, um den Markt zu retten

Wird die EU-Kommission hart bleiben und Alphabet zur Milliardenstrafe verdonnern? Wird sich das Verhalten von Google Shopping gegenüber Wettbewerbern merklich ändern? Stellen die Wettbewerbshüter der Europäischen Union unzweifelhaft fest, dass der Online-Riese aus Mountain View seine Marktmacht missbraucht hat, sollte auch hart durchgegriffen werden. Ein fairer Wettbewerb, der niemanden ausschließt und am Ende allen zugutekommt, ist es allemal wert, dass die Politik sich einmischt.

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Zugleich müssen Online-Händler kurz- und wohl auch mittelfristig so gut wie möglich mit der Situation umgehen. Das ist sehr wohl machbar. Die richtigen Tools, etwa eine umfangreiche Feed-Management-Lösung, bieten kleinen wie großen Online-Händlern viele Möglichkeiten, ihre Angebote zu optimieren. So lassen sich die eigenen Produkte genauestens auf ihre Performance hin überwachen und auf die lukrativsten Plattformen stellen. Es ist im Zweifelsfall besser, sich als Verkäufer von einem Kanal wie Google Shopping zu verabschieden und stattdessen auf andere Plattformen zu konzentrieren. Auch das stärkt den Wettbewerb.

Wenn die Politik faire Rahmenbedingungen im E-Commerce verteidigt und zur selben Zeit auch Händler, Plattformen und andere Dienstleister wie Payment-Anbieter ihren Teil zur Stärkung des Wettbewerbs beitragen, wird der Online-Handel auch weiterhin prosperieren. Denn der (Online-)Markt soll so frei wie möglich, muss aber so reguliert wie nötig sein.

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