BlackBerry

Rettungsversuch mit Kahlschlag

23.09.2013
BlackBerry hatte alle Hoffnungen auf ein neues Betriebssystem gesetzt. Doch die neuen Smartphones sind ein Ladenhüter und die Talfahrt der Kanadier nimmt bedrohliche Ausmaße an.

"Jetzt fängt der Spaß an", verkündete der deutsche BlackBerry-Chef Thorsten Heins im Februar zum Start des neuen Betriebssystems, das die Zukunft des kanadischen Smartphone-Pioniers sichern sollte. Doch Heins und seine Mitarbeiter hatten seitdem ungefähr genauso viel Spaß wie die Besatzung auf einem sinkenden Schiff. Die Geräte mit dem neuen System BlackBerry 10 verkaufen sich so schlecht, dass fast eine Milliarde Dollar abgeschrieben werden muss. Jetzt werden rund 40 Prozent der Belegschaft über Bord geworfen.

Schon im vergangenen Jahr hatte Heins 5.000 Leute auf die Straße gesetzt, jetzt soll es nochmal 4.500 treffen. Die Belegschaft wird damit in weniger als zwei Jahren von über 17.000 auf 7.000 Leute geschrumpft sein. Der Spielraum für das Sparen per Rotstift bei den Jobs dürfte damit erschöpft sein. Schon jetzt stoppt BlackBerry den Ausbau der Modellpalette: Es wird bei vier Geräten bleiben, geplant waren sechs.

Anfang des Jahres hatte Heins noch großspurig den Aufbruch in eine neue Ära des "mobile computing" mit BlackBerry 10 versprochen. "In zehn Jahren werden wir zurückblicken und sagen: Dieses kleine Gerät, das war einmal mein Smartphone und ist jetzt mein persönlicher Computer." Und er betonte seinen Kampfgeist: "Ich habe einen verdammt langen Atem." Doch Heins und BlackBerry machten die Rechnung ohne den Kunden.

Die Lager sind voll

Die Zahlen zum vergangenen Quartal zeigen, wie schlecht sich die neue Gerätegeneration verkauft. Die Firma vermeldete nur den Absatz von 3,7 Millionen Smartphones – und ein Großteil davon läuft noch Geräte mit dem alten Betriebssystem Blackberry 7. Neuere Geräte seien zwar auch an den Handel gegangen, könnten aber erst mitgezählt werden, wenn sie tatsächlich verkauft würden, erläuterte BlackBerry. Mit anderen Worten: Die Lager sind voller BlackBerry-10-Modelle, die nicht verkauft werden.

Noch vor wenigen Jahren machte sich BlackBerry keine Sorgen um die Position in großen Unternehmen, die den sicheren E-Mail-Service schätzten. Doch der Smartphone-Pionier unterschätzte einen Trend, der inzwischen seine Bastionen zersiebte. "Bring your own device" – "bringe Dein eigenes Gerät mit" – könnte jetzt für BlackBerry zum Todesurteil werden. Immer mehr Menschen wollten ihre Smartphones wie Apples iPhone oder Geräte mit dem Google-System Android auch auf der Arbeit nutzen – und immer mehr Unternehmen ließen das nach anfänglichen Bedenken zu. Einer der Vorteile, mit denen Blackberry wirbt die sichere Verknüpfung von Privatem und Geschäftlichem in einem Gerät – ist damit für viele nicht mehr interessant.

Hochmütig den Rivalen unterschätzt

Heins muss jetzt die Fehler der BlackBerry-Gründergeneration ausbaden, die hochmütig die Rivalen unterschätzt hat. Wenige Wochen nachdem Apple-Gründer Steve Jobs das iPhone vorgestellt hatte, dankte ihm BlackBerrys damaliger Co-Chef Jim Balsillie dafür, Musik im Smartphone vorangebracht zu haben. "Für uns ist es aber keine Gefahr." Er glaube allerdings, dass es einfacher sei, Musikplayer-Funktionen in ein Smartphone wie den BlackBerry zu integrieren als ein Mobiltelefon rund um einen iPod zu bauen.

Im August stellte sich BlackBerry nun selbst zum Verkauf, bis November soll es Klarheit geben. Nicht wenige Experten gehen davon aus, dass die Kanadier ein ähnliches Schicksal ereilen könnte wie Nokia oder Motorola. Die Finnen verkaufen ihr Mobiltelefon-Geschäft gerade an Microsoft. Motorola gehört inzwischen Google. (dpa/tö)

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