"Return to Sender": heftige Reaktionen des Fachhandels

10.04.2003
In Fragen des Widerrufsrechts hat der Verbraucher die Nase vorn. So jedenfallsentschied der Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 2. April in einem Streitfall um einen Kaufvertrag nach dem Fernabsatzgesetz.

Ein aktuelles BGH-Urteil (AZ: VIII ZR 295/01) zum Thema Widerrufsrecht hat auf der Webpage der ComputerPartner Online-News für heftige Reaktionen von Seiten unserer Leser geführt (siehe ComputerPartner-Online am 3.4.2003:"Wenn der PC dem Kunden nicht passt, steht er beim Händler wieder auf’m Hof"). Viele Fachhändler und Brancheninsider fühlen sich durch diese Gerichtsentscheidung verraten und verkauft.

Ein Leser: "Problematisch erscheint mir insbesondere, dass das Vertragsrecht zwischen Endkunde und Händler sowie zwischen Händler und Lieferant unterschiedlich geartet ist. So stehen dem Händler gegenüber seinem Lieferanten viel schwächere Rechte zu, da ja die Händler untereinander ihre Verträge selber aushandeln können und somit nicht denselben Schutz des Gesetzgebers im Vertragsrecht benötigen."

Was war passiert? Die Beklagte, ein Handelsunternehmen, das PCs nach Kundenwünschen ausstattet und konfiguriert, lieferte nach telefonischer Vorbesprechung und schriftlicher Bestellung des Kunden ein Notebook mit einem Teil der zusätzlich gewünschten Komponenten. Obwohl sich nach Überprüfung des Notebooks keine Beanstandungen ergaben, widerrief der Kunde den Vertrag und verlangte insbesondere die Rückzahlung des bereits gezahlten Rechnungsbetrages und Rückerstattung der Versandkosten gegen Rückgabe des Notebooks und der gelieferten Zusatzkomponenten.

Während sich der Kläger auf § 3 Abs. 1 des Fernabsatzgesetzes (Vertragsabschluss zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln) berief, setzte das beklagte Handelsunternehmen diesem § 3 Abs. 2 Nr. 1 entgegen. Danach bestehe kein Widerrufsrecht des Klägers, weil das gelieferte Notebook "nach Kundenspezifikation angefertigt" worden sei (§ 3 Abs. 2 Nr. 1).

Diese Meinung der Beklagten, die gegen ein vorangegangenes Urteil des Oberlandesgerichts Revision eingelegt hatte, teilte der Bundesgerichtshof jedoch nicht. Nach Auffassung des Gerichts ist die Voraussetzung für einen Ausschluss des Widerrufsrechts nicht gegeben, da das Notebook aus Standardbauteilen zusammengebaut worden sei, die mit verhältnismäßig geringem Aufwand wieder getrennt und weiterverarbeitet werden könnten.

Wie reagiert die Branche auf dieses Urteil?

Der Handel muss sich dieser Gerichtsentscheidung fügen. Dennoch kann der Verkäufer zumindest teilweise Vorsorge für solch böse Überraschungen treffen. ComputerPartner-Online-Leser Martin Hahn hat folgende Tipps parat: "Händler sollten in ihren Bedingungen entsprechend Vorsorge treffen und den eventuellen Schaden begrenzen. In die Bedingungen sollte auf alle Fälle der Zusatz rein, dass bei Rückgabe und Umtausch eine Nutzungsentschädigung sowie eine Remarketing-Pauschale für das Wiederherstellen des Originalzustandes und die eventuelle Korrektur von Registrierungen berechnet werden. So kann zumindest der Verlust aufgefangen werden, der durch Rückgabe, Zinsverlust und eventuelle Nutzung entstanden ist."

Auch Dieter Keil von Infotei weiß, dass an der Entscheidung nicht zu rütteln ist. Er ist jedoch der Meinung, dass der Fachhandel mit seinem Protest ein wenig übertreibt: "Gesetz ist Gesetz, und die Begründung des Urteils ist richtig, wenn auch für den Handel unangenehm. Selbstverständlich kann das Notebook mit wenigen Handgriffen wieder in den Standardzustand versetzt werden. Die Hersteller/Händler machen es manchmal umständlicher, als es ist, nur um ein Verkaufsargument zu haben."

Um gegen eine Flut von unbegründeten Retouren gewappnet zu sein, hat ein anderer Leser eine Idee: "Bei aller Hysterie sollte man nicht vergessen, dass das Widerrufsrecht nur für Verbraucher gilt und man hier eigentlich auch nur von 'Verbraucher-üblichen' Mengen ausgehen muss. Außerdem ist es wohl ein offenes Geheimnis, dass Onlinehändler 'schwarze Listen' führen. Daher nicht wundern, wenn mal keine Lieferung kommt."

ComputerPartner-Meinung

Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist ein harter Schlag gegen den Handel. Das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Fernabsatzgesetz lässt dem Verbraucher viele Schlupflöcher offen, um Verträge praktisch grundlos rückgängig zu machen. Jeder Fachhändler, der Geschäfte im Sinne des Fernabsatzgesetzes betreibt, sollte seine Kaufverträge in dieser Richtung wasserdicht machen. So kann der Verkäufer einem wankelmütigen Kunden aufgrund vorheriger schriftlicher Vereinbarung oder entsprechender Hinweise in den AGBs entgegentreten. (bw)

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