RFI: Distribution entscheidend für Bluetooth-Erfolg

10.01.2002
Seit Mitte 1999 hält die Lintec AG 80 Prozent der Anteile an der RFI Mobile Technologies AG. Im Geschäftsjahr 2000 bescherte der Mönchengladbacher Disti der in Q2 und Q3 arg gebeutelten Mutter immerhin fast ein Drittel des Konzernumsatzes. RFI fühlt sich für die Zukunft mit der hauseigenen Bluetooth-Lösung "Anycom" gut gerüstet.

Lintec-Vorstandschef Hans Dieter Lindemeyer hat derzeit kein leichtes Leben. Nach zwei schwachen Quartalen für die Lintec AG gab es auch noch Zoff mit der Konzerntochter Pixelnet. Dieser Streit gipfelte kurz vor Jahresschluss in der Mandatsniederlegung des Aufsichtsratsvorsitzenden Lindemeyer, was Pixelnet-Chef Matthias Sawatzky sehr begrüßte. Beide Seiten sind nicht gut aufeinander zu sprechen. Von dem Strudel, in dem sich die Muttergesellschaft befindet, lässt sich die Mönchengladbacher Tochter RFI jedoch nicht mitreißen. Obwohl auch für sie bisher nicht jede Rechnung aufgegangen ist.

Eigentlich hatte die Lintec-Gruppe geplant, RFI im ersten Quartal dieses Jahres an die Börse zu bringen. Dieses Vorhaben wurde aufgrund der derzeitigen Marktsituation zurückgestellt, und sowohl Mutter- als auch Tochterunternehmen konzentrieren sich derzeit auf andere Aktivitäten. Die Lintec AG ist nach zwei schwachen Quartalen in Folge mit dem eigenen Kostenmanagement beschäftigt (siehe ComputerPartner 49/01, Seite 60), und RFI konzentriert sich auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und die Bluetooth-Forschung. Dabei habe der Mutterkonzern dem Unternehmen sehr geholfen und ihm den Rücken freigehalten. "Bei Lintec sind wir strategisch sehr hoch aufgehängt und haben auch starke Unterstützung vom Vorstandsvorsitzenden Hans Dieter Lindemeyer", bestätigt Walter Da-guhn, Vorstand der RFI Mobile Technologies AG. Ein weiterer Vorteil sei es, die Synergieeffekte zweier ähnlicher Unternehmensstrukturen nutzen zu können. "All diese Dinge, wie Geldmittel zur Verfügung gestellt zu bekommen, Abteilungen zu haben, auf die man zugreifen kann, und ein wirklich weitsichtiger Unternehmer, der einen stets zu neuen Überlegungen anregt" (so Daguhn), scheinen der Grund für eine zufrieden stellende Zusammenarbeit zu sein. Auch dass der Mutterkonzern nicht in das operative Geschäft der Mönchengladbacher eingreift, weiß der RFI-Vorstand zu schätzen: "Es gibt zwar Management-Meetings, in denen wir Dinge besprechen, aber Lintec würde nicht ein Programm zur Kostensenkung bei RFI ankündigen. Das entspricht nicht der Art, wie wir mit Lintec respektive Herrn Lindemeyer zusammenarbeiten." Nichtsdestotrotz hat auch RFI den Rotstift angesetzt. Man habe die Kosten an ein paar Stellen reduziert, aber nicht drastisch. "Wir haben die Hoffnung, dass sich das Geschäft schnell genug erholt", ergänzt der Unternehmenschef.

Das erste Geschäftshalbjahr (1. Juli bis 31. Dezember) war für RFI schwächer als das Vorjahreshalbjahr. Hier weist RFI nicht nur auf die allgemeine Konjunkturschwäche hin, sondern begründet den Umsatzrückgang mit zwei weiteren unternehmensspezifischen Eigenheiten. Zum einen sei der Mobile-Computing-Markt in diesem Jahr erheblich geschrumpft, und zum anderen dürfe man auch den Einstieg von Notebook-Anbieter Gericom nicht außer Acht lassen. Um das Mobile-Geschäft wieder anzukurbeln und dem Fachhandel eine Argumentationshilfe an die Hand zu geben, bietet RFI seit November das so genannte "Life-cycle-management" an - ein Mietmodell, bei dem der Fachhandel mit verdienen kann (siehe Kasten auf Seite 42).

"Außerdem haben wir auch etwas an unserer Strategie verändert", führt Daguhn weiter aus. Man sei preislich nicht mehr so aggressiv vorgegangen und habe somit auch von dem einen oder anderen Geschäft Abstand genommen. Dies betraf laut seiner Aussage ins-besondere Franchise-Organisationen und Fachhandelszusammenschlüsse, wo man klar feststellen musste, dass man unter dem Strich Geld verloren habe. Diese Entscheidungen seien bewusst getroffen worden, um die Ertragssituation insgesamt zu verbessern. Derzeit sei RFI zwar nicht profitabel, das Unternehmen hofft jedoch, bis Ende des Geschäftsjahres (30. Juni) die Profitabilitätsschwelle erreicht zu haben. "Das sind keine unvorstellbaren Dimensionen. Denn auch die Bluetooth-Entwicklungskosten spielen dabei eine Rolle", ergänzt Daguhn.

Bluetooth-Entwicklung

Ein erheblicher Teil an Finanzmitteln wurde von RFI in die Entwicklung der Bluetooth-Technologie investiert. Nicht nur Geld, sondern auch Arbeitszeit habe eine langwierige Fehlersuche bei Access-Points in Anspruch genommen. Der Umstieg auf einen anderen Chip (Cambridge Silicon Radio) habe das Problem zwar gelöst, doch die Kosten für die Umrüstung von 500 bereits produzierten Access-Points könnten nicht außer Acht gelassen werden.

Trotz solcher "Anfangsschwierigkeiten" ist Daguhn von der Bluetooth-Technologie und ihren Möglichkeiten überzeugt. "Die Bluetooth-Akzeptanz steigt jetzt ganz langsam. Das könnte ruhig noch dauern, denn dann hat sich der Markt auf der Anbieterseite endgültig bereinigt." Trotz Euphorie mahnt er aber zur Vorsicht. Der Kunde kaufe heute keinen Bluetooth-Adapter, weil er ihn schön findet, sondern weil er Lösungen will.

Mit der Realisierung einer möglichen Lösung hat RFI im November vergangenen Jahres beim Tiefkühlkost-Lieferanten Bofrost begonnen. Mit dem Einbau von Komponenten der Eigenmarke Anycom und modifizierten Panasonic-Notebooks in die Lieferwägen soll der Workflow des Kunden erheblich verbessert werden. In den kommenden Monaten will man mehrere Tausend Fahrzeuge des Bofrost-Fuhrparks mit dieser Infrastruktur ausstatten.

Distributor oder Hersteller?

Die Frage: Distributor oder Hersteller? musste sich RFI in den vergangenen Monaten wohl häufiger stellen lassen. Daguhn gibt darauf eine klare Antwort: "Für mich ist das die perfekte Ergänzung. Wir benutzen die Distribution weiter als Logistik-, Marketing- und Vertriebslösung." Im Gegensatz zu anderen Bluetooth-Herstellern habe die Eigenmarke Anycom den Vorteil, über die Distribution im Fachhandel bereits bekannt zu sein. Außerdem könne man durch Sy-nergieeffekte wie Lagerhaltung, Support und Administration erhebliche Kosten einsparen. Ein weiteres Plus sieht Daguhn in den Verhandlungen mit den Lieferanten. Man könne bei Abnahmegesprächen über bestimmte Volumen verhandeln, ob der eine oder andere Hersteller die Anycom-Produkte in Projektgeschäfte oder als OEM-Produkte mit aufnimmt. Das alles seien Vorteile, die einen Ausstieg aus der Distribution nicht rechtfertigen würden.

Was sich Daguhn allerdings gut vorstellen kann, ist die Absplittung der Eigenaktivitäten unter dem Namen Anycom. Doch das sei Zukunftsmusik und noch nicht spruchreif: "Die Distribution bleibt, weil wir glauben, dass sie mit der entscheidende Grund für den Erfolg ist, den wir im Bluetooth-Bereich haben."

Endkunde, Fachhandel und Wireless

Neue Technologien wie Wireless-LAN, Bluetooth, UMTS oder GPRS sind zurzeit in aller Munde. Die Endkunden fangen allmählich an, sich für diese Neuerungen zu inte-ressieren. Doch was ist mit dem Fachhandel? "Es sieht teilweise so aus, als ob sich Großunternehmen viel mehr mit dieser Thematik beschäftigen als der Fachhandel", sagt Daguhn leicht resigniert. Gleichzeitig entschuldigt er aber: "Man muss sehen, dass der Handel einfach kein Geld und keine personellen Ressourcen mehr hat, um sich diesem neuen komplexen Thema zu widmen. Er wurde einfach an die Wand gedrückt." Viele müssten sich derzeit darauf konzentrieren, ihr normales Geschäft am Laufen zu halten. Die Partner seien auch dahingehend verunsichert, in welche der Technologien sie ihre Ressourcen investieren sollen. RFI hat deshalb einige Maßnahmen ergriffen: Neben Produktschulungen für den Fachhandel werden auch "Bluetooth-Tage" angeboten, die dem Handelspartner gemeinsam mit seinen Kunden die Möglichkeit bieten, die Funktionen von Bluetooth vor Ort zu erleben. Diese Vorführungen seien von RFI-Seite aus für den Händler kostenlos.

www.rfi.de

ComputerPartner-Meinung:

Jeder Fachhändler sollte sich überlegen, an welcher Stelle der neuen Technologiekette er sich einreiht. Sich auf Dauer hinter der Konjunkturflaute zu verstecken und in einem Dämmerschlaf abzuwarten, bis alles vorbei ist, ist nicht die beste Lösung. Auch die Hersteller sollten dafür ein offenes Ohr haben und den Fachhandel in dieser Richtung aktiv unterstützen. (bw)

Lifecycle-Management

Neues Mietmodell bei RFI

Seit November gibt die RFI AG dieses Mietmodell ihren Fachhandelspartnern zur Vertriebsunterstützung an die Hand. Zur Realisierung dieses Services wurde die Finanzierungsgesellschaft "RFI Mobile-Leasing" gegründet. Zusätzlich zum normalen Kauf kann der Händler nun seinen Endkunden ein Finanzierungsmodell mit einer Laufzeit von 24 Monaten (gesetzliche Abschreibungsdauer: 48 Monate) anbieten. Der Mietvertrag wird zwischen dem Kunden und der Leasinggesellschaft geschlossen. Der Fachhändler erhält dafür eine Abschlussprovision. Darüber hinaus können die vom Partner erbrachten Leistungen, wie zum Beispiel Installation, in den Vertrag integriert werden. Nach 24 Monaten entscheidet der Kunde, ob er das Gerät zu einem Restwert kaufen oder es an RFI zurückgeben will. Außerdem hat er noch die Möglichkeit, den Vertrag zum Beispiel bei gleichbleibender Miete weiterlaufen zu lassen und sich dafür ein neues, auf dem aktuellen Technologiestand befindliches Gerät für weitere 24 Monate zu mieten. In diesem Fall erhält der Fachhändler erneut eine Vermittlungsprovision.

Die jeweiligen Mietpreise sind bereits in die aktuellen Preislisten der RFI integriert. (bw)

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