Rosenkrieg bei PC-Spezialist

11.04.2005
Am 1. April haben 20 Franchisenehmer von PC-Spezialist ihre fristlose Kündigung eingereicht. Der Scheidungsgrund: unüberbrückbare Differenzen. Die Zentrale verweigert jedoch die Annahme der Kündigung und sieht vielmehr in Electronic Partner (EP) den wahren Trennungsgrund.

Von Ulrike Goreßen

In jeder Partnerschaft kann es über die Jahre zu kleineren oder größeren Auseinandersetzungen kommen. Im Idealfall werden die Unstimmigkeiten ausgeräumt. Oft genug aber schwären die Wunden weiter, werden immer schmerzhafter, und irgendwann ist ein Partner der Meinung: Schluss, aus, ich kann nicht mehr.

So ähnlich war laut eigenem Bekunden die Situation für 20 Franchisenehmer von PC-Spezialist. Sie reichten am 1. April ihre fristlose Kündigung ein. Zeitgleich entfernten sie alle Werbung, die auf PC-Spezialist hinweist, änderten ihre E-Mail-Adressen und stoppten die Zahlung der monatlichen Mitgliedsbeiträge.

Für sie war somit die Scheidung vollzogen. Nicht aber für den Franchisegeber. Die Bielefelder Zentrale akzeptierte die Kündigungen nicht und verlangte im Gegenzug bis zum 8. April eine Begründung für die Kündigungen. Diesen Termin ließen die 20 scheidungswilligen Partner aber laut Frank Roebers verstreichen. Beziehungsweise deren Anwälte, denn zu diesem Zeitpunkt redeten Franchisegeber und -nehmer schon längst nicht mehr selbst miteinander, sondern ließe ihre jeweiligen Rechtsanwälte sprechen.

Szenen einer Partnerschaft

Bereits vor gut neun Monaten zeichnete sich die Beziehungskrise ab. Seit dem Börsengang von PC-Spezialist im Jahr 1999 hatten mehr oder weniger Franchisenehmer das Gefühl, nicht mehr ausreichend von der Zentrale betreut zu werden. Vielmehr sahen sie bei Entscheidungen der Zentrale allein die Interessen der Aktionäre im Vordergrund. Auch die starke Stellung der Einkaufskooperation Microtrend im Konzerngefüge und somit die in Relation schwindende Bedeutung der PC-Spezialist-Franchiseorganisation missfiel vielen.

Zusätzlich wuchs die Unzufriedenheit über die Verwendung von WKZ sowie Lieferanten-Boni, und man stellte sich auch die Frage, ob die Franchisegebühren zu hoch seien. Im Mai vergangenen Jahres gründeten sie deshalb die "Interessensgemeinschaft der Franchisenehmer der PCS AG" zur "Wahrung der aktuell stark gefährdeten Interessen der Franchisenehmer". Zeitgleich waren die fünf Mitglieder des Beirates aus "Vertrauensgründen" geschlossen zurückgetreten.

Schon damals war erkennbar, dass die interne Kommunikation nachhaltig gestört war. Sowohl die 20 Partner, die nun gekündigt haben, als auch Frank Roebers, Vorstandssprecher der AG, sowie der aktuelle Beiratsvorsitzende Felix Gunkel erklärten gegenüber ComputerPartner, sie selbst hätten immer wieder das Gespräch gesucht, die andere Seite aber hätte entweder die Vorschläge abgewiesen oder gar nicht reagiert. Schlimmer noch: In internen Gesprächen oder Foren sollen die jeweiligen Parteien zum Teil gegen einzelne Personen "in übelster Weise gehetzt" haben. Einige dieser Aussagen wurden bereits zum Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten.

Den ersten Höhepunkt fanden die aktuellen Streitigkeiten Ende 2004. Die 20 Partner legten Klage ein, PC-Spezialist solle unverzüglich und vollständig Auskunft über alle Einnahmen geben. Nach dem ersten Gerichtstermin in Bielefeld trafen sich die Kontrahenten zu einem Gespräch, bei dem der Vorstand laut Roebers "ein neues einheitliches Gebührenmodell mit einer Absenkung der Mindestgebühr und einer deutlichen Entlastung bei starken Umsätzen" vorstellte.

Das neue Modell soll sowohl beim gesamten Beirat als auch bei einer Geschäftsführertagung im März bei der "überwiegenden Mehrheit der Franchisenehmer" auf große Zustimmung gestoßen sein. So schien es zumindest Roebers. Dem war aber nicht so. Eine Woche später mahnten die 20 die Zentrale ab, man wolle die unverzügliche und vollständige Auskunft über die Einnahmen, eine Woche später folgten die fristlosen Kündigungen. Diese waren nach Auskunft des Vorstandsvorsitzenden im Wortlaut identisch und kamen am Freitag, den 1. April, zwischen 18.00 und 20.00 Uhr in Bielefeld an.

In der Zentrale fühlt man sich von den 20 enttäuscht, da sie laut Roebers bis drei Tage vor der Abmahnung versichert hätten, dass es ihnen nur um Verbesserungen, nicht jedoch um einen Austritt gehe. Genau diese Haltung bestätigte Karl Biegel, Sprecher der austrittwilligen Gruppe und ehemaliger Beirat, auch ComputerPartner gegenüber. Er sei ein absoluter Verfechter des Franchisesystems, was seine Zugehörigkeit zu PC-Spezialist seit 1992 und seine zehnjährige Mitgliedschaft im Beirat auch untermauern. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, habe auch nicht die Konfrontation gesucht, um auszusteigen. Die Entscheidung sei vielmehr über Jahre gewachsen. Einerseits sei immer mehr Druck auf den Franchisenehmer ausgeübt worden, andererseits habe man aber nichts mehr für die Partner getan.

Der dritte Spieler

Frank Roebers will nicht so recht daran glauben, dass allein interne Interessenkonflikte zu diesem Massenaustritt geführt haben, auch wenn er zugibt, dass die Zentrale sicherlich "auch in der Vergangenheit Fehler gemacht habe, welche diese Eskalation begünstigt haben". Er geht vielmehr von einer zielgerichteten Abwerbungsaktion seitens Electronic Partner (EP) aus, wobei Oliver Haubrich eine tragende Rolle gespielt haben soll. Es sei bezeichnend, "dass ausgerechnet am Tag des ersten Gerichtstermins eine Werbepräsentation über EP durch einen der Kläger an alle Franchisenehmer gemailt wurde".

Bereits das gesamte Jahr 2004 über hätten EP-Außendienstmitarbeiter teilweise mehrfach die Franchisenehmer von PC-Spezialist besucht und Behauptun- gen aufgestellt, das PC-Spezialist-System sei überteuert, man solle doch zu EP wechseln, das dann die Abwicklung sowie die Kosten des Wechsels übernehmen würde.

Anfang dieser Woche beantragte Roebers deshalb einstweilige Verfügungen gegen EP, unter anderem wegen "Verleitung zum Vertragsbruch", "übler Nachrede" und wegen des "Versuchs des Umlistens bei Lieferanten". Untermauert werden diese Vorwürfe durch eidesstattliche Versicherungen von PC-Spezialist-Franchisenehmern, von denen vier ComputerPartner vorliegen.

Oliver Haubrich, Mitglied der EP-Geschäftsführung und ab Juli 2005 Vorsitzender der Geschäftsleitung, kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Es sei doch die freie Entscheidung eines jeden Unternehmers, ob er einem Verbund angehören oder diesen wechseln wolle. Zudem sei es ebenfalls normal, dass man sich als Verbundgruppe freut, wenn man neue Partner bekommt.

Und die bekommt EP tatsächlich. Die 20 Kündigungswilligen wollen nämlich als "Gruppe in der Gruppe" zu EP wechseln. Sie planen, unter dem Namen "EP-Mediastore" als IT-Händler, die auch Consumer Electronics anbieten, möglichst bald in eine neue Zukunft zu starten. Bereits heute können sie zu EP-Konditionen bei den Distis und Lieferanten bestellen.

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