Wenn der Hintermann hupt

Rote Ampel überfahren - trotzdem keine Haftung

02.06.2009
Das Losfahren ohne sorgfältige Prüfung der Verkehrslage ist nur einfache Fahrlässigkeit.

Wer bei Rot über die Ampel fährt, handelt mindestens grob fahrlässig. Daran gibt es nichts zu rütteln - es sei denn, man wurde vorher angehupt und schätzt deswegen die Situation falsch ein.

Grundloses Hupen ist eine Ordnungswidrigkeit - und das nicht ohne Grund: Eine Hupe hat den unangenehmen Nebeneffekt, dass andere Verkehrsteilnehmer erschrecken und dann nicht so handeln, wie man es eigentlich von ihnen erwarten dürfte. Das hat jetzt auch das Landesarbeitsgericht Hessen festgestellt.

Ein Arbeitnehmer hatte mit einem Dienstfahrzeug einen Unfall verursacht. Er war bei Rot über eine Kreuzung gefahren. Die Kraftfahrzeugversicherung des Arbeitgebers regulierte den Schaden. Den Schadensbetrag wollte sie dann vom Arbeitnehmer wiederhaben. Ihre Begründung: Der Mitarbeiter habe sich grob fahrlässig verhalten.

Der Fahrer hatte auf dem täglichen Heimweg von seiner Arbeit an einer roten Ampel einen Radiosender gesucht und dabei nicht weiter auf das Geschehen an der Kreuzung geachtet. Aufgeschreckt durch ein Hupen hinter ihm fuhr er, in der Annahme, die Ampel sei mittlerweile auf Grün gesprungen und alle bisher Wartenden würden Gas geben, einfach los und rammte ein Auto. Es stellte sich heraus, dass ein von dem Mitarbeiter aus dem Augenwinkel wahrgenommenes Grünlicht nur für die Rechtsabbieger galt. Tatsächlich stand das Signal für ihn noch auf Rot, und das Hupen hatte dem Fahrer neben ihm auf der Rechtsabbiegespur gegolten.

Die Versicherung konnte ihre Regressansprüche trotz dieses Unfallhergangs nicht durchsetzen. Sowohl das Hessische Landesarbeitsgericht als auch die Vorinstanz sahen darin nämlich kein grob fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers, das zur Haftung geführt hätte. Die Richter werteten das Losfahren ohne sorgfältige Prüfung der Verkehrslage nur als einfache Fahrlässigkeit. Hauptargument des Landesarbeitsgerichtes: Der Grund für die Verursachung des Unfalls lag hier in einer Fehlwahrnehmung der Situation. Das Hupen, verbunden mit dem Gasgeben anderer Verkehrsteilnehmer, erzeugt bei den meisten Menschen einen inneren Druck und Unruhe, die zu überhasteten Reaktionen und eingeschränkter Wahrnehmungsfähigkeit führt. Von grobem Leichtsinn, grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit, welche die Voraussetzungen für grobe Fahrlässigkeit sind, könne also in solchen Situationen nicht die Rede sein. (Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil v. 27. Mai 2008, 12 Sa 1288/07) (oe)

Quelle: Haufe-Online-Redaktion, www.haufe.de

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