XXL-Smartphone der Superlative

Samsung Galaxy SIII im Praxistest



Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

Software-Specials im Alleingang

Foto: Samsung

Nicht nur der Versuch, das eigene Betriebssystem Bada im Markt zu platzieren, ist ein Hinweis darauf, dass Samsung und Googles Android nur eine Zweckgemeinschaft sind. Beim Galaxy SIII kommt zwar Android 4.0.4 zum Einsatz. Diesem haben die Koreaner aber die hauseigene Oberfläche Touchwiz übergestülpt. Außerdem wurde es durch zahlreiche Funktionen erweitert, die auch dem originären Google-System gut zu Gesicht stehen würden. Nicht unbedingt die wichtigste davon, aber wohl die bekannteste ist sicher der Sprachassistent S-Voice, der wie Apples Siri von Nuance-Tochter Vlingo stammt. Angesichts der vielen Fehlinterpretationen bei der Stimmerkennung geht S-Voice zumindest in der deutschen Fassung derzeit noch nicht einmal als Beta-Version durch. Interessant ist das Feature dennoch, da die Steuerung anders als bei Siri bis zu einzelnen Anwendungen reicht. So kann man nicht nur Telefonate per Sprache starten, das Kommando "Lächeln" löst etwa in der Kamera-Anwendung das Knipsen aus.

Hinzu kommen eine ganze Reihe von Gimmicks, die das mobile Leben mit dem Galaxy SIII ein klein wenig einfacher machen: So genügt etwa ein zweimaliges Tippen auf den oberen Rand des Geräts, um an den Anfang der Mail-, oder Kontakt-Liste zu kommen. Schüttelt man das Smartphone, wird der Inhalt im Browser aktualisiert; zum Zoomen in Websites oder auf Bildern hält man zwei Punkten auf dem Display fest und kippt dann das Gerät nach hinten oder vorne.

Interessant, aber bei weitem nicht perfekt ist das Feature Smart Stay: Hier überprüft die Frontkamera kurz vor dem Abdunkeln oder Sperren des Bildschirms per Gesichtserkennung, ob der Nutzer noch aktiv ist, sprich die Augen geöffnet hat. Unter Zuhilfenahme der vorderen Kamera ist es außerdem möglich, direkt aus den Kontakten einen Anruf zu initiieren, indem man das Gerät ans Ohr führt. Zur einfacheren Nutzung kann man außerdem bestimmte Anwendungen für den Schnellzugriff auf den Lockscreen platzieren, eine einstellbare Benachrichtigungs-LED informiert in vier Farben über verpasste Anrufe, eingegangene Nachrichten oder Ähnliches.

Auch was die Nutzung im Unternehmen anbelangt, versucht Samsung ernsthaft, das von Google Unterlassene nachzuholen. Zu diesem Zweck hatten die Koreaner bereits bei der Vorstellung des Galaxy SII im Februar 2011 Kooperationen mit Cisco und Citrix geschlossen und Anbietern von Mobile-Device-Management-Lösungen (MDM) zusätzliche Verwaltungsschnittstellen bereitgestellt. Zumindest in den USA geht Samsung beim Galaxy S III nun noch einen Schritt weiter - in einer speziellen Version verfügt das Gerät nicht nur über eine Verschlüsselung mit AES-256 Bit, erweiterten Microsoft Exchange Support und eine integrierte Unterstützung für VPNs. Außerdem überprüft Samsung im Rahmen des SAFE-Programms (Samsung Approved for the Enterprise) vor größeren Android-Upgrades, ob die Software von Drittherstellern noch richtig läuft.

Auf der Verwaltungsseite können IT-Manager über ihre Mobile-Device-Management-Lösung (Airwatch, Juniper, MobileIron, SAP/Sybase und SOTI) nun 338 IT-Policies festlegen. Das sind zwar nicht ganz so viele wie bei einem Blackberry-Gerät, andererseits braucht sich Samsung damit vor dem Hauptrivalen Apple nicht verstecken. Aktuell steht allerdings noch nicht fest, ob diese Variante auch nach Europa kommt.

Fazit: Gut, aber noch nicht perfekt

Mit dem Galaxy SIII hat Samsung zwar bei weitem noch nicht das perfekte Smartphone geschaffen, es belegt aber, dass sich der Hersteller beziehungsweise die gesamte Branche auf dem besten Weg dahin befindet. Prozessorseitig bietet das Device Leistung in Hülle und Fülle, die Akkulaufzeit richtet sich endlich einmal nach dem Anwender (und nicht umgekehrt) und dank des großen Displays und der unterstützten Schnittstellen (Bluetooth, MHL, USB-Host) können Nutzer in den meisten Fällen ihr Tablet oder Notebook getrost zuhause lassen. Auch die Software des Galaxy SIII ist weitgehend gelungen: Selbst wenn nicht alles perfekt ist, macht es Spaß, die zahlreichen Features des Geräts auszuprobieren und für sich zu nutzen. Erwähnenswert sind zudem die Bemühungen der Koreaner, Android sicher und damit wirklich Business-tauglich zu machen - eine Aufgabe, um die sich Google bislang weitgehend drückt.

Natürlich gibt es auch Negatives: So ist der Preis für die 16-GB-Version mit 570 Euro deutlich zu hoch angesetzt und passt nur wenig zum Plastiklook des Geräts und einigen eher durchschnittlichen Teilen der Hardwareausstattung. Hier hat Samsung möglicherweise eine Chance verpasst, der Konkurrenz mit seinem Flaggschiffmodell nicht nur technisch, sondern auch bei den verkauften Stückzahlen die kalte Schulter zeigen zu können. Softwareseitig bleibt zu beobachten, inwieweit die Ansätze Samsungs auch in die weitere Entwicklung von Android einfließen - eine weitere Fragmentierung wäre der Plattform sicher nicht zuträglich. Ein weiterer heikler Punkt ist die Update-Freude Samsungs - irgendwann sieht auch das neueste Betriebssystem alt aus.

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