Samsung-Händler sauer: Wirrwarr bei Produkten und Vertrieb

12.02.1999
SCHWALBACH: Alle Jahre wieder: Der Vorwurf der Direktbelieferung hat diesmal Samsung erwischt. Angeblich hat es der Hersteller auf Großkunden abgesehen. Und mit der Produktpolitik kommt so mancher auch nicht zurecht.

Markus Fleischer ist sauer auf Samsung. Der Hersteller hat vor kurzem einen 19-Zoll-Monitor aus dem Programm gestrichen. Und zwar ausgerechnet den, den er zum Volumenbringer im Weihnachtsgeschäft auserkoren hatte. Zeit und Geld habe er in eine Anzeigenkampagne investiert, in der vor allem der "900p" beworben wurde. Und die Kampagne war erfolgreich. Pech für Fleischer. Zu spät habe er erfahren, daß das 900p-Modell vor einigen Wochen "abgekündigt" wurde. Über teure Zwischenkäufe habe er noch ein paar organisieren können. Auf andere Modelle ausweichen wollte Fleischer nicht: "Das wäre ja genauso, wie wenn einer beim Reifendienst von Goodyear sagen würde, schade, aber wir hätten da eventuell noch was von Pirelli."

REICHES PRODUKTPORTFOLIO VERWIRRT HÄNDLER

Überhaupt geht ihm Samsungs Produktpolitik gegen den Strich: Bei dem Portfolio könne man leicht den Überblick verlieren. Er habe von Samsung allein sechs 19-Zoll-Monitore im Angebot. "Wenn die das für den Retailkanal jedesmal noch um- labeln, kommen wir auf zwölf. Wenn man sich die Technik anschaut, haben die in Wirklichkeit aber nur drei." Aktuelles Beispiel sei der "950p", der baugleich mit dem 900p sei, den es zumindest theoretisch ja noch gibt. Im Retailkanal fände die Kundschaft dann den ebenbürtigen "950p plus", der auch noch billiger sei. Wie er da noch überzeugen soll, ist ihm schleierhaft: "Da läßt sich doch jeder bei mir beraten und kauft das gleiche Modell 100 Mark billiger im Media-Markt." Fleischer resigniert: "Ich versteh das nicht."

Zumindest das hat er mit Joachim Stiller, Sales-Manager Monitordistribution bei Samsung Deutschland, gemeinsam: "So ein Schmarrn. Wenn das Preisgefüge wirklich so wäre, würde sich der Händler doch bei uns für die Direktautorisierung bedanken und selber bei Media-Markt einkaufen." Es sei schon richtig, daß der 950p baugleich mit dem 900er Modell sei, doch der mit dem "Plus" habe tatsächlich einen Mehrwert: "Da sind mehr Megahertz drin", begründet Stiller. Natürlich gebe es Unterschiede zwischen den Modellen: "Sonst könnten wir die doch gleich ins chinesische Meer kippen." Der Händler werde außerdem doch geschützt: Weil in beiden Kanälen unterschiedliche Modelle angeboten werden, könne eine direkte Konkurrenz mit Media-Markt und Co eher vermieden werden. Das sieht auch Andreas Herch so, Vertriebsleiter bei Sahl Computer in Augsburg: "Ich finde diese Produktstrategie hervorragend. Früher kamen wir uns doch ständig in die Quere." Er habe mit Samsung jedenfalls nur gute Erfahrungen gemacht.

SAMSUNG: "DAS MÄRCHEN DES DIREKTVERTRIEBS"

Als "ein Märchen, das immer wieder hochkocht", bezeichnet Stiller deshalb die Vorwürfe eines Händlers aus Norddeutschland. Der behauptet: "Um heikle Kunden kümmert sich Samsung gerne selber". "Heikel" beginne bei einer gewissen Höhe des Auftragsvolumens, in seinem Fall bei einer Million Mark. Nachdem er bei Samsung nach entsprechenden Konditionen gefragt habe, sei der Auftrag plötzlich futsch gewesen: Nach seiner Aussage habe sich Samsung das Projekt direkt gekrallt. "Wir haben dann eine kaufmännische Regelung getroffen." Fazit: "Bei Projektgeschäften ab 50.000 Mark gebe ich bei der Anfrage nur noch Scheinkunden an."

Samsung-Manager Stiller zeigt sich empört: "Wir beliefern überhaupt keine Kunden direkt. Das machen vielleicht andere, die auch mit ,S’ anfangen." Sein Unternehmen schalte immer Händler zwischen, "selbst bei den Perlen aus der Industrie". Vielleicht sei es schon einmal vorgekommen, daß eine Lieferung direkt rausgegangen sei, aber nur mit Wissen oder sogar auf Wunsch des Händlers und in begründeten Ausnahmefällen. Wahrscheinlich sei beim Händler selbst "Sand im Getriebe", vermutet Stiller. Vielleicht habe der Kunde ihm die Gunst entzogen: "Sorry, lieber Händler, aber Deinen Mehrwert mußt Du schon selber kommunizieren." Warum der Vorwurf der Direktbelieferung immer wieder auftaucht, kann sich Stiller allerdings nicht erklären. Deswegen würde sich der Manager gern mit dem Händler unterhalten: "Es wäre mir ein echtes Vergnügen." (mf)

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