SAP-Ablösung durch Microsoft-Axapta steht bei der ADA-Unternehmensgruppe auf der Kippe

11.12.2003
Die ADA-Unternehmensgruppe möchte die eingesetzte SAP-Software durch "Axapta" von Microsoft ablösen. Die für das ERP-Paket ungewohnte Plattform aus SQL-Server und Windows führt jedoch zu Performance-Problemen. Einem ComputerPartner vorliegenden Testbericht zufolge steht jetzt das Vorzeigeprojekt für die ehrgeizigen Pläne von Microsoft im Großkundengeschäft auf der Kippe. Von ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins

Die weltweit größte Installation ihrer Art bei der ADA-Unternehmensgruppe soll diejenige der Deutschen Bank übertreffen, geht aus einem internen Bericht des Willicher Systemhauses hervor. 600 Anwender des Systemhausriesen sollen auf "Axapta" von Microsoft Business Solutions zugreifen können. ADA will die bisherige SAP-Installation "R/3" von dem Axapta-Partner Watermark ablösen lassen und das Microsoft-Produkt in allen Unternehmensbereichen vom Vertrieb über die Warenwirtschaft bis zum Rechnungswesen einsetzen. Am 1. Januar 2005 will das Sys-temhaus mit der Lösung live gehen.

Schwachstelle SQL-Server

Das könnte schwierig werden: Die ERP-Lösung der Redmonder soll auf dem "SQL-Server" und "Windows 2000" und nicht wie gewohnt auf einer Oracle-Datenbank unter Unix aufsetzen. Dadurch entstehen laut einem Benchmarkt-Test massive Performance-Probleme. Aus dem Bericht geht hervor, dass der SQL-Server in dem Szenario den Flaschenhals darstellt: Der durchgeführte Test lasse erkennen, dass die derzeitige Schwachstelle im Datenbanksys-tem zu suchen ist, heißt es dort. Unabhängig von der angenommenen "Think Time" der Benutzer stoße die CPU-Last fast an ihre Grenzen. Die Think Time beziffert eine Klickzeit der Anwender, die mit der Anzeige einer Seite beginnt und damit endet, dass ein Button zur Seitenweiterschaltung betätigt wurde.

Laut Testauftrag soll das Antwortzeitverhalten der endgültigen Anwendung bei ADA in einem tolerierbaren Bereich von 1,5 plus/minus 0,5 Sekunden bleiben, möglichst unabhängig von der Anzahl paralleler Zugriffe. Das Testergebnis ist ernüchternd: Bei drei bis sieben Sekunden liegt dort die durchschnittliche Antwortzeit ab 1.800 Benutzern. Entsprechend deutlich fällt die Zusammenfassung der Ergebnisse aus: Die Zugriffszeiten bei den Clients erreichen bei einer hinreichend hohen Anzahl von Benutzern Werte, die nicht akzeptiert werden. Dieses kann auf die Auslastung der Objektserver, aber wohl vornehmlich auf das Verhalten, das Locking der Datenbank zurückgeführt werden.

Im ersten gewählten Testszenario werde nur vom günstigsten Fall, also einem ordnungsgemäßen Durchlauf, ausgegangen, geht aus dem Bericht hervor. Tatsächlich könne es aber technische und bewusste Benutzerabbrüche geben, was zu hängenden Objekten im Objektserver führt, die eine zusätzliche Belas-tung darstellen. Weiterhin sei davon auszugehen, dass die Eingaben bei den Clients nicht einem festen Zeitraster folgen, sondern eher zufällig sind. Dieses könne zu extremen Spitzen führen, die in der Testkonstellation nicht erfasst wurden. Auch Leitungsverzögerungen, wie der Anschluss der ADA Hamburg, könnten sich negativ auf das Antwortverhalten auswirken.

Zweiter Testlauf soll entscheiden

Joachim Prinz, Vorstand bei der ADA-HAS-Unternehmensgruppe, nimmt die bisherigen Ergebnisse noch gelassen: "Wir fühlen uns im Moment nicht geschädigt." Tests seien dazu da, eine Entscheidung zu ermöglichen. Doch der ADA-Manager räumt ein: "Wenn der nächste Test ähnliche Werte ergibt, müssen wir noch einmal über die Plattform nachdenken."

Die Ergebnisse dieses spezifischen zweiten Tests mit ADA-Geschäftsvorfällen wie Buchungen, Zahlungsläufen und aufgemachten Tickets im Serviceumfeld erwarte das Systemhaus Mitte Dezember. "Dieser Test ist für uns maßgeblich", betont Andreas Wilker, Geschäftsführer bei der ADA Systemhaus GmbH. Doch laut bisherigem Bericht wird es durch die neuen Bedingungen nicht einfacher, sondern schwerer für den Datenbankserver von Microsoft. Dort heißt es: Wenn Rechnungsläufe oder andere Auswertungen, beispielsweise im Jahresendgeschäft, nötig werden, kann es zu einer besonders hohen Last kommen, die berücksichtigt werden muss. Gerade im Datenbankbereich führt dieses zu einer weiteren "Verschärfung der Lage".

Das Ergebnis des zweiten Tests dürfte demnach eher schlechter als besser ausfallen. "Wenn die Werte sich so in unserem ADA-Test bestätigen, werden wir uns auf eine performantere Maschine einigen müssen", räumt Wilker ein. Die Spezialisten müssten dann festlegen, ob ein Intel-Sys-tem beibehalten werden könne, aber eventuell mit einer Oracle-Datenbank anstelle des SQL-Servers. "Ich bin da völlig leidenschaftslos", erklärt Wilker. ADA sei ohne eine Programmierungsänderung in kürzester Zeit in der Lage, die Datenbank-Engine auszutauschen. "Als Auftraggeber bin ich da völlig relaxt", betont Wilker. ADA habe weder mit Watermark noch mit Microsoft einen verbindlichen Vertrag über eine bestimmte Konfiguration.

Kurzkommentar

Das Axapta-Projekt bei der ADA-Unternehmensgruppe wird am Ende nicht auf dem SQL-Server von Microsoft aufsetzen. Die Ergebnisse der ersten Testreihe sprechen bereits eine deutliche Sprache, und die Bedingungen der zweiten Testreihe verschärfen die Performance-Anforderungen an die Datenbank zusätzlich. Daran wird auch zusätzlicher Hauptspeicher, der im ersten Szenario mit 2 GB fast zu gering ausgelegt ist, nichts ändern. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten dreht auch ein großes Systemhaus jeden Euro zwei Mal um. Doch die Anwendungssoftware Axapta von Microsoft soll bei ADA unternehmenskritische Geschäftsprozesse abbilden. Das Risiko, Umsätze zu verlieren und Kunden zu verärgern, ist aber ungleich größer, als etwas mehr Geld in Datenbanklizenzen zu investieren.

Das ADA-Projekt zeigt, dass das Microsoft-Anwendungspaket Axapta im oberen Mittelstand oder bei Großunternehmen derzeit nicht für den Einsatz unter dem SQL-Server ausgelegt ist. Auch eine Version des zweiten ERP-Pakets der Gates-Company, "Navision", läuft auf IBMs Midrange-Line "I-Series", und damit nicht nur auf einer Microsoft-Plattform.

Doch die Konkurrenz sollte sich nicht zu früh freuen. Die Gates-Company arbeitet fieberhaft an dem "Project Green", auch "Dotnet ERP" genannt. Schon bald soll eine erste Betaversion der Unternehmenssoftware verfügbar sein, die allerdings auf einer komplett anderen Architektur aufsetzt als Navision oder Axapta. Spätestens dann dürfte die Zeit der Kompromisse vorbei sein. Die aus einer Code-Basis bestehende Lösung soll auf Microsoft-Infrastrukturlösungen abgestimmt sein, also auf den SQL-Server und Windows.

Eberhard Heins

eheins@computerpartner.de

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