Partner mit im Boot

SAP Grow soll den Mittelstand erreichen

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Was ERP-Abdeckung im Mittelstand betrifft, da hat SAP nach wie vor viel Nachholbedarf. Nach „Rise“ soll hier nur die „Grow“ genannte Initiative für Abhilfe sorgen.
Christian Mehrtens, Senior Vice President Partner Business Unit bei SAP Deutschland: "Wir wollen die industriespezifischen Standards mit unseren Partnern schneller bei Kunden umsetzen."
Christian Mehrtens, Senior Vice President Partner Business Unit bei SAP Deutschland: "Wir wollen die industriespezifischen Standards mit unseren Partnern schneller bei Kunden umsetzen."
Foto: SAP

Rise war SAPs erster "Wurf", um standardisierte Cloud-basierte ERP-Lösungen über Partner auch dem Mittelstand schmackhaft zu machen. Nun folgt mit der "Grow" der nächste Versuch. Dieser richtet sich nun gezielt an mittelständische Kunden. "Mit Grow bringen wir unser maßgeschneidertes Angebot für Mittelständler auf ein höheres Niveau", bewirbt SAP-Chef Christian Klein diese Kampagne.

Konkret handelt es sich bei "Grow" um eine von "Rise" entnommene Sammlung von vorkonfigurierten "Best Practices"-ERP-Implementierungen, die mittelständische Firmen für ihre Zwecke verwenden können. Laut Christian Mehrtens, Channel-Chef bei SAP Deutschland, könnten damit komplette ERP-Implementierungen bei mittelständischen Kunden innerhalb von vier bis sechs Wochen erledigt sein.

Standards für die Mittelständler

"Im Mittelstand müssen wir uns mit Cloud-ERP anders aufstellen", betont Mehrens im Gespräch mit ChannelPartner. Hierbei hat er vor allem SAP-Neukunden im Visier, und jenen möchte der Hersteller mit "Grow" ein attraktives Cloud-Angebot unterbreiten. Dabei handelt es sich um ein vorkonfigurierte Public-Cloud-S/4HANA-Offerte mit standardisierten Prozessen, zum Beispiel die Verarbeitung von Orders bis hin zur Rechnungstellung, die in ausgewählten Branchen eben Usus sind. Im verarbeitenden Gewerbe sind es zum Beispiel Prozesse wie Materialbestellung, Lagerlogistik und Produktionssteuerung, Planung von Ressourcen für den Transport und andere.

"Wir wollen die industriespezifischen Standards mit unseren Partnern schneller bei Kunden umsetzen", so Mehrtens weiter. Mit Grow adressiert SAP Kunden ab etwa 50 Mitarbeiter.

Laut dem für das Partner-Business bei SAP Deutschland verantwortlichen Manager müssen Mittelständler heute schneller handeln, was die Implementierung von neuen Technologien zur digitalen Unterstützung ihrer Geschäftsprozesse betrifft, das haben auch Marktforscher von IDC bestätigt. Und genau hierfür glaubt SAP, mit der Public Cloud Edition von S/4HANA genau die richtige Lösung parat zu haben.

Integraler Bestandteil von Grow ist die "SAP Business Technology Platform", die wiederum auf vier Säulen aufsetzt:

  • Integrations-Services

  • SAP Build

  • Data & Analytics

  • KI

Mit der Low-Code-Entwicklungsumgebung "SAP Build" können SAP-Partner etwa individuelle Apps für ihre Kunden kreieren, Integrationsprozesse beschleunigen und neue digitalen Workflows ins Leben rufen.

Innerhalb von Grow hat SAP 75 industriespezifische "Best Practices" in definiert. Diese Szenarien ("Ready-to-run cloud ERP solutions") erlauben dann eben die vorhin erwähnten Implementierungszeiten von vier bis sechs Wochen, vorausgesetzt, der Kunden hält sich an die von SAP vorgegebenen Standards. Falls Ergänzungen dazu notwendig sind, dann können SAP-Partner mit Hilfe der in der "SAP Business Technology Platform" enthaltenen Tools die Cloud-ERP-Plattform beim Kunden etwas individueller gestalten. Hierzu sind meist tiefer gehende Branchenkenntnisse bei Partnern vonnöten, und die branchenspezifischen Prozesse der Kunden effizient digital abbilden zu können.

Services und Schulungen

Einen weiteren Bestandteil von Grow bilden die sogenannten "Adoption & Acceleration Services". Das sind zum einen Werkzeuge und Methoden, die Partner beim Rollout der standardisierten Cloud-ERP-Lösungen unterstützen. Mit den speziellen "Packaged Activation Services" können SAP-Partner Cloud-Lösungen bei Kunden schneller aktivieren. Allein in Deutschland sind laut Mehrtens deutlich über 70 zertifizierten Partner im S/4HANA-Umfeld dazu in der Lage.

"Community & Learning" formen die dritte Säule von "Grow". Von den in der "SAP Community" versammelten Experten können Kunden und Partner lernen, wie sie die Vorteile der Cloud besser für sich nutzen können. Unter "Learning" fasst SAP all die eigenen Schulungsinhalte für Kunden und Partner zusammen - zum einen technische Produkttrainings zu S/HANA, aber auch detaillierte Informationsveranstaltungen zu den Anwendungsszenarien innerhalb der SAP Business Technology Platform - etwa im Bereich Low Code-App-Entwicklung (SAP Build).

Während SAPs Rise-Initiative sich vornehmlich an Bestandskunden richtet, hat der Hersteller - wie vorhin schon erwähnt - mit Grow vor allem Neukunden im Mittelstand im Visier. Bei ihnen sollen soviel Standards wie möglich und so wenig individuelle Anpassungen wie nötig aufgewendet werden. "Das ist für sie am effizientesten", so Mehrtens zum Abschluss des Gesprächs.

Thomas Henzler, DSAG-Fachvorstand Lizenzen, Service & Support: "Es braucht ausreichend Berater, um diese Lösungen einzuführen."
Thomas Henzler, DSAG-Fachvorstand Lizenzen, Service & Support: "Es braucht ausreichend Berater, um diese Lösungen einzuführen."
Foto: DSAG

Die deutschsprachige SAP Anwendergruppe (DSAG) äußert sich vorsichtig optimistisch zur Grow-Initiative: "Grundsätzlich unterstützen wir alles, was Unternehmen hilft, SAP-Systeme einfacher und schneller einzuführen. Unabhängig von kommerziellen Paketen wie Rise und Grow darf es jedoch nicht passieren, dass On-Premise- oder Private-Cloud-Lösungen zugunsten von Public-Cloud-Lösungen bei der Lieferung von Innovationen benachteiligt werden", meint Thomas Henzler, Fachvorstand Lizenzen, Service & Support bei DSAG.

Sebastian Westphal, DSAG-Fachvorstand Technologie: "SAP muss ihre Kunden hinreichend bei der Implementierung unterstützen."
Sebastian Westphal, DSAG-Fachvorstand Technologie: "SAP muss ihre Kunden hinreichend bei der Implementierung unterstützen."
Foto: DSAG

Sein für Technologie zuständiger Vorstandskollege Sebastian Westphal glaubt, dass Unternehmen nur dann das neue SAP-Angebot annehmen werden, wen für sie die Public Cloud eine echte Option ist: "Für Neukunden, die ein vorkonfiguriertes ERP mit geringem Individualisierungsbedarf beispielsweise aufgrund ihrer Fertigungs- und Produktionsprozesse nutzen, ist Grow sicherlich ein attraktives Angebot."

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