Neue Richtlinien für Freelancer

SAP legt Freiberuflern Daumenschrauben an

Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Seit dem 1. März hat SAP eine neue "External Workforce Policy", die den IT-Freelancern das Arbeiten beim Softwareriesen erheblich erschwert.

Was viele Freiberufler, die bei SAP im Einsatz sind, in den letzten Wochen nicht glauben und wahrhaben wollten, wird nun Realität. Seit Anfang März gelten neue Regeln im Umgang mit den IT-Selbständigen, und die haben es in sich. Etwas salopp formuliert könnte man es als die Vertreibung aus dem Paradies bezeichnen. Denn einige Freiberufler arbeiten schon seit vielen Jahren für den Walldorfer Konzern, haben sich dort mehr oder weniger für ein langes Berufsleben mit gutem Honorar eingerichtet, und sind auch jetzt noch der Meinung - zumindest einige davon - dass sie unverzichtbar seien.

Das interessiert die SAP-Compliance-Leute jedoch herzlich wenig, sie setzen nun eine Lösung um, die "im Einklang mit den arbeitsrechtlichen Gesetzen" steht , wie sie in ihrer External Workforce Policy schreiben und die auch der COMPUTERWOCHE vorliegt.

Unter anderem stehen in dieser neuen Verordnung Sätze, wie sie in anderen Unternehmen schon längst Praxis sind, wenn es heißt, dass künftig die "individuelle Ressource" unabhängig von SAP-Weisungen arbeitet und "nicht in die Arbeitsorganisation eingegliedert werden darf." Selbst bei dieser harmlos klingenden Bestimmung fragen sich Freiberufler, die sich gegenüber der CW äußerten und anonym bleiben möchten, wie so eine Regelung in der Praxis funktioniert, zumal viele Externe komplett in Projekten eingebunden waren. Und wie soll Softwareentwicklung heute anders als in enger Zusammenarbeit klappen - erst recht die agile, die sich SAP so riesengroß auf die Fahnen geschrieben hat?

Weiter heißt es in den Bestimmungen, dass künftig keine Einzel- und Direkverträge mit Freiberuflern erlaubt sind, alles müsse über Agenturen laufen. Die Agentur ihrerseits ist verpflichtet, die Freiberufler bezüglich einer möglichen Scheinselbständigkeit zu überprüfen. Trifft das zu, ist "der Einsatz ausgeschlossen." Fragt sich nun, wie SAP mit den Freiberuflern umgeht, die seit Jahren nur in ihren firmeneigenen Projekten beschäftigt sind. Es heißt, dass zum 31. März allen IT-Selbständigen gekündigt wurde und sich alle neu bewerben müssen. Dann mit diesen neuen Konditionen und vor allem befristet: "Für Freelancer gilt eine maximale Bestelldauer pro Jahr von 120 Tagen".

"Unvorstellbar", meinen Externe gegenüber der CW, die seit Jahren in Walldorf beschäftigt sind. "Eine Verlängerung kommt nur nach einer Beratung mit dem HR Business Partner in Betracht", heißt es in den SAP-Regeln. Eine Beschäftigung dürfe sich nicht in eine "dauerhafte Aufgabe des Tagesgeschäftes entwickeln", steht weiter in den Richtlinien. Genau das ist der Fall eines Freiberuflers, der gegenüber der CW erklärte, dass er seit Jahren mit Administrationsaufgaben betreut wurde. Ihm ist klar, dass er gehen muss und seine Agentur hat ihm auch schon Angebote für eine Folgebeschäftigung unterbreitet. Dieser Selbständige stellte sich dann doch die Frage, wie es bei SAP weitergeht, denn feste Stellen seien nicht ausgeschrieben worden, und es soll sehr wohl Teams gegeben haben, in denen ein Drittel bis zur Hälfte Freiberufler arbeiteten.

Auf Anfrage kam aus Walldorf ein recht dürres Statement: "SAP nimmt den rechtskonformen Einsatz von Dritten auf Dienst- oder Werkvertragsbasis sowie Leiharbeitern sehr ernst. Eine SAP interne Richtlinie (Policy) regelt die Einsatzmöglichkeiten nach Vertragstyp in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht."

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