Steuerhinterziehung

Schärfere Regeln bei Selbstanzeigen

22.11.2010
Die Möglichkeiten der Amnestie sollen deutlich eingeschränkt werden. Überall lauern Stolpersteine.

Die Zahl der Selbstanzeigen steigt rasant an. Über 30.000 Selbstanzeigen sind in diesem Jahr bei den Finanzbehörden eingegangen, bereits fünfmal so viele wie im ganzen Vorjahr. Dem reuigen Steuersünder winkt Straffreiheit, wenn er die hinterzogenen Steuern unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben meldet und zurückzahlt. Doch jetzt verschärfen sich die Bedingungen für strafbefreiende Selbstanzeigen deutlich.

Die Regierung möchte die Möglichkeit zur Amnestie deutlich einschränken. Sie fürchtet, Steuersünder könnten damit eine Hinterziehungsstrategie verfolgen. Sogar die völlige Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige ist in der Diskussion. Die Bundestagsfraktionen haben entsprechende Anträge und Gesetzentwürfe eingebracht. "Bei Selbstanzeigen ist nun erhöhte Vorsicht gefragt", warnt Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Andreas Rohde von der Wirtschaftskanzlei DHPG. "Schon vergleichsweise kleine Fehler können die Straffreiheit gefährden."

Der Handlungsbedarf für Steuersünder wächst. Die aktuelle Rechtsprechung legt die Voraussetzungen für strafbefreiende Selbstanzeigen immer strenger aus. Dies zeigen zwei höchstrichterliche Urteile. Im ersten Fall erweiterte der Bundesfinanzhof (BFH) die Ausschlussgründe für die strafbefreiende Selbstanzeige (Az.: VIII R 50/07). Nach § 371 Abgabenordnung ist eine Strafbefreiung nicht mehr möglich, wenn vor der Selbstanzeige ein Finanzbeamter zur Steuerprüfung "erscheint". Der BFH konkretisierte jetzt: Das "Erscheinen" ist nicht nur auf die Geschäfts- oder Privaträume des Steuersünders oder seines Beraters beschränkt. Auch wenn ein persönlicher Kontakt mit einem Amtsträger im Finanzamt erfolgt, ist die Straffreiheit in Gefahr. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige oder sein Vertreter nach Ankündigung einer Außenprüfung mit seinen Geschäftsunterlagen persönlich auf dem Amt vorspricht.

Auch in puncto Vollständigkeit steigen die Anforderungen an eine Selbstanzeige, wie ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) belegt. Die Richter entschieden, dass Straffreiheit nur gewährt werden kann, wenn der Steuerpflichtige seine "Rückkehr zur Steuerehrlichkeit" glaubhaft machen kann (Az.: 1 StR 577/09). Voraussetzung hierfür ist, dass der Steuersünder alle verheimlichten Auslandskonten und alle hinterzogenen Steuern offenlegt. "In der Praxis wird leicht übersehen, dass sich die Steuerschuld auf verschiedene Steuerarten erstreckt", betont DHPG-Experte Dr. Rohde. "Nicht erklärte betriebliche Einnahmen etwa lösen Einkommen- oder Körperschaftsteuer und eine höhere Umsatzsteuer aus." Stellen die Finanzbehörden bei Prüfung der Selbstanzeige fest, dass der Steuerpflichtige nur einen Teil der Informationen bereitgestellt hat, ist die Straffreiheit gefährdet.

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