Schlammschlacht: Händler im Clinch mit Bertelsmann-Konzern

12.07.2001
Dealtime, Preisvergleicher im Internet, hat Ärger mit seinen Kunden: Einige Händler wollen ihre Rechnungen nicht bezahlen, sprechen von "Abzocke". In den Streit hat sich inzwischen auch der Bertelsmann-Konzern eingeschaltet, der an Dealtime im Rahmen eines Joint-Ventures beteiligt ist.

Die Fronten sind verhärtet: "Bertelsmann will mich platt machen", sagt Uwe Zapp, IT-Händler aus Haste und Inhaber der Zapp-T-Systems. "Der Mann hat Methoden angewandt, die nicht sauber sind", kontert die Rechtsabteilung des Gütersloher Medien-Multis. Hintergrund des Streits ist die geschäftliche Beziehung von Uwe Zapp mit der Dealtime GmbH, einem Preisvergleicher im Internet. An dem ist der Bertelsmann-Konzern im Rahmen eines Joint-Ventures beteiligt. Zapp wirft dem Unternehmen unsaubere Abrech- nungsmethoden vor. "Die Arbeit von Dealtime war, was die Transparenz dieses Klick-Abrechnungsmodells angeht, immer professionell und offen, sagt hingegen Unternehmenssprecherin Ilka Bickmann.

Die bei Dealtime registrierten Online-Shops werden zur Kasse gebeten, wenn ein potenzieller Kaufinteressent den Link des Ladens vom Dealtime-Portal aus anklickt. Das hielten die Parteien auch vertraglich fest. "Dealtime erhält für jeden Interessenten, der durch einen Click von der Webpage an den Partner vermittelt wird eine Gebühr von 1,50 Mark". Das heißt, dass der Händler pro Kunde und nicht pro Zugriff zahlt. Oder?

Er habe die Passage natürlich so verstanden, sagt Zapp. "Als ich das erste Mal angesprochen wurde, hieß es noch: fünf Mark pro Klick. Da habe ich natürlich abgewunken", erzählt der Händler. Das zweite Angebot, dass ihm zur Cebit offeriert wurde, war ihm einen Versuch wert: "Da lagen die Kosten nur noch bei 1,50 Mark, und zwar nicht pro Klick, sondern eben angeblich pro Kunde." Schließlich habe der Dealtime-Mitarbeiter, der ihn telefonisch akquiriert hat, das genauso erklärt. Abgerechnet habe Dealtime aber dann pro Zugriff. Logisch, meint Bertelsmann: Die Abrechnungsmodalitäten seien vertraglich geregelt und ließen "keinen Raum für Interpretationen". Das sah Zapp ähnlich: "Ein Kunde bleibt ein Kunde, egal wie oft und wann er auf die Site zugegriffen hat". Die erste Abrechnung hätte ihn fast ruiniert, so Zapp, es sei um einen sechsstelligen Betrag gegangen. "Da kann es nicht mit rechten Dingen zugehen", war sich Zapp sicher und schaltete seinen Anwalt ein.

Auch Thorsten Müller, Inhaber der CSM in Bad Salzungen, verkehrt mit Dealtime nur noch via Anwalt. Er fühlt sich ebenfalls "abgezockt". Dealtime habe ihm 6.000 Zugriffe im März und 20.000 im April in Rechnung gestellt. Genau wie Zapp habe er die erste Rechnung erst nach zwei Monaten bekommen. Eine Zwischenauskunft habe er nur einmal erhalten, nämlich als er drei Tage nach Vertragsunterzeichnung bei Dealtime anrief. "Nach unseren Berechnungen hatten wir in dieser Zeit schon 600 Klicks", erzählt Müller. Bei Dealtime habe man ihn beruhigt, es seien nur 25 Interessenten gelistet. Wie dann die hohe Abrechnung zustande kam, sei ihm schleierhaft. Dass ein möglicher Kunde "um halb fünf in der Früh, innerhalb von zehn Sekunden, acht Zugriffe hat", will Müller ebenfalls nicht glauben: "Einen ordentlichen Nachweis habe ich bis heute nicht erhalten. Die angeforderten Logfiles habe er genau wie Zapp nämlich nie bekommen. Stattdessen bot man ihm einen Vergleich an: Müller soll nun eine Pauschale von 10.000 Euro bezahlen. Lehrgeld - denn einen großen Umsatzzuwachs haben die betroffenen Händler nicht erfahren. Zapp beziffert seinen auf "gerade einmal ein paar Hundert Mark". Dies bestätigt ein weiterer Händler, für den das Gezerre um Zugriffszahlen und Interessenten existenzbedrohend ist, wie er sagt. "Bevor ich zahle, sperre ich lieber meinen Laden zu." Er will namentlich nicht genannt werden, prüft mögliche juristische Schritte gegen Dealtime.

Abbruch der Beziehung kam per Fax

Zumindest für Uwe Zapp hat sich die Angelegenheit inzwischen erledigt. Denn der Bertelsmann-Konzern will mit dem Mann nichts mehr zu tun haben: Per Fax wurde ihm letzte Woche der Abbruch jeglicher Geschäftsbeziehungen erklärt. Außerdem verzichtete man im Namen von Dealtime auf sämtliche Forderungen. Der "verleumderischen Vorgehensweise" will man ebenfalls ein Ende setzen, eine Unterlassungsverpflichtung wurde gleich mitgeschickt. "Natürlich habe ich unterschrieben, dass ich keine, unwahren Tatsachen verbreiten werde. Denn das habe ich schon vorher nicht getan. Die Sachlage würde ich auch vor Gericht so wiederholen", sagt Zapp.

Bei Dealtime selbst schlägt man indessen sanftere Töne an. "Wir werden diese Auseinandersetzung - ähnlich wie Herr Zapp hoffentlich auch - als Lernprozess und Erfahrungswert verbuchen", sagt Ilka Bickmann. In den USA sei man mit dem Geschäftmodell erfolgreich, es sei - anders als in Deutschland - voll akzeptiert. Man bewege sich hierzulande hingegen in einem Markt, der "in einer früheren Entwicklungsstufe" sei. Das Beispiel Zapp belege das. "Innovationen stoßen zu Beginn bekanntlich immer auf Skepsis und Hemmschwellen." Man sei von den hohen Zugriffszahlen genau wie die Händler überrascht worden. Deshalb habe man nun eine strategische Änderung im Vertrieb vorgenommen, so Bickmann: Künftig werden Verträge mit Neukunden stets mit Deckelung in Höhe von 2.000 Mark und für einen Testzeitraum geschlossen.

www.dealtime.de

ComputerPartner-Meinung:

Mangelnde Erfahrung schön und gut - dennoch riecht die Vorgehensweise stark nach Händlerabzocke. So hat man auf die Forderungen gegenüber Uwe Zapp erst verzichtet, als er mit seinen Erfahrungen an die Öffentlichkeit gegangen ist und ein Imageschaden drohte. Ob man gegenüber den anderen - weniger lauten - Händlern ebenso kulant sein wird, lassen Dealtime und Bertelsmann nämlich weiterhin offen. (mf)

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