Schlechte Ernte wegen Klima - jetzt bringt Peacock die "Bauern ans Netz"

16.08.2001
Bereits im vergangenen Jahr lief beim ostwestfälischen Distributor nicht alles nach Plan. Auch 2001 wird wohl als Jahr des Übergangs in die Firmenchronik eingehen. Von Weinerlichkeit ist in Wünnenberg-Haaren aber nichts zu spüren.

Erich Glaeser ist für Transparenz, kein Wunder bei dem Nachnamen. Und so versucht er im Gespräch mit ComputerPartner erst gar nicht, die Situation schön zu reden. "Wir werden unsere Jahresziele nicht erreichen. Wie weit wir von ihnen abweichen werden, dazu traue ich mir heute noch keine Aussage zu", sagt der Geschäftsführer der Peacock GmbH & Co. KG in Wünnenberg-Haaren. Noch im April dieses Jahres hatte Glaeser gegenüber ComputerPartner geäußert, er rechne mit einem Umsatz über das Branchenwachstum, das er mit neun Prozent bezifferte (ComputerPartner 15/01, Seite 44). Davon ist heute keine Rede mehr.

Einen Umsatzrückgang hinter das Vorjahresergebnis schließt Glaeser aber aus. Im vergangenen Jahr setzte Peacock rund zwei Milliarden Mark um. Auch damals hatte sich Peacock schon mehr vorgenommen. "Eine große Zahl über zwei Milliarden Mark" war das Ziel, das Glaesers Geschäftsführer-Kollege Peter Becker im ComputerPartner-Interview im April 2000 gesteckt hatte (ComputerPartner 13/00, Seite 50).

"Der Markt wächst einfach nicht mehr so wie früher. Das müssen wir akzeptieren", sagt Glaeser nun. Und Becker weiß, warum der Umsatzmotor ins Stocken geraten ist. "Es gibt derzeit nichts, was den Markt antreibt, keine Technologie, kein Thema wie die Datumsumstellung", sagt er. Die Euro-Einführung? "Das Thema Euro ist durch", winkt Becker ab.

Die Bestellzurückhaltung der Kunden hat Peacock nach Angaben der beiden Geschäftsführer aber nicht kalt erwischt. Die Westfalen haben bereits sehr frühzeitig auf diese Situation mit Kostenanpassungen reagiert, so dass Personalabbau im großen Stil in Wünnenberg-Haaren kein Thema sein soll. Becker: "Wir werden auch in diesem Jahr unseren Ergebnisbeitrag zum Konzern liefern." Allerdings, fügt er hinzu, ist entscheidend, was im vierten Quartal passiert, und das lasse sich heute noch nicht beurteilen.

Unter das Stichwort "Kostenanpassung" fällt zum Beispiel das Thema Eigenmarke, also das Geschäft mit den Peacock- und Targa-Produkten. Im April vergangenen Jahres hatte sich Becker weit aus dem Fenster gelehnt und sich in Bezug auf das Eigenmarkengeschäft gegen IBM, Fujitsu Siemens, Compaq und HP aufgestellt. "Wir wollen nicht zweite Liga spielen, wir wollen erste Liga spielen", sagte er damals. Heute klingt das anders. "Wir haben die entsprechenden Investitionen im Herbst letzten Jahres gestoppt", sagt Becker. Warum? "Das Geld wäre verpufft, weil die Anwender nicht gekauft haben", sagt Glaeser. Das Ziel bestehe zwar nach wie vor, die erforderlichen Investitionen aber seien eingefroren.

Vor allem aus diesem Grund hat sich das Verhältnis zwischen Distributionsgeschäft und Eigenmarkengeschäft auch bis heute nicht geändert. Das Ziel ist, dass von jeder Umsatzmark 50 Pfennige auf die Eigenmarken entfallen. Es sind aber nach wie vor nur 20 und 25 Pfennige. Wie viele PCs mit dem Targa- oder Peacock-Logo die Actebis-Tochter im vergangenen Jahr abgesetzt hat, sagen die beiden Geschäftsführer zwar nicht (1999 waren es weniger als 200.000 Stück). Aber der gesamte Actebis-Konzern blieb mit insgesamt 600.000 verkauften Eigenmarken-Rechnern sehr deutlich unter dem selbst gesteckten Ziel von einer Million. Ob diese Million in diesem Jahr geknackt wird, ist fraglich. Nach Angaben von Dataquest hat Peacock im zweiten Quartal rund 26.000 Desktop-PCs abgesetzt, ein Rückgang um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. "Ich hätte mir die Trendwende im Eigenmarkengeschäft deutlicher vorgestellt", sagt Glaeser, der Anfang dieses Jahres von Compaq mit dem Ziel zu Peacock gestoßen ist, das Eigenmarkengeschäft nach vorne zu treiben. Recht zufrieden sind die Peacock-Geschäftsführer mit ihrem Ansatz, verstärkt Branchen mit gezielten Lösungen anzusprechen. Die erste Initiative zielte gemeinsam mit dem Softwareunternehmen Inmus GmbH aus Lemgo auf die Schulen. Bis heute haben sich bereits 30 Händler für dieses Thema zertifizieren lassen, 20 weitere sollen hinzukommen. Geschäftsführer Becker ist durch diesen Anfangserfolg mutig geworden. "Wir nehmen uns jetzt jedes Quartal eine Branche vor", sagt er. Im dritten Quartal nun liegt der Fokus auf einer Anwaltslösung.

Gemeinsam mit dem Softwarehaus RA-Micro aus Berlin - das Unternehmen hat nach Angaben der Peacock-Geschäftsführer 60 Prozent Marktanteil in diesem Segment - und den Vertriebspartnern sollen die rund 16.000 in Deutschland niedergelassenen Anwaltskanzleien angegangen werden. Und im vierten Quartal will Becker dann an die Landwirte. "Bauern ans Netz!" heißt die Parole. Rund 500.000 Betriebe gibt es in Deutschland, schwärmt Becker, da muss doch Geschäft zu machen sein.

Obwohl eben dieses bei Peacock derzeit unter Plan läuft, bereiten sich die Ostwestfalen auf Wachstum vor. Dazu zählt zum einen die Einführung des SAP-Systems wie im gesamten Konzern. Und zum anderen wird in Wünnenberg-Haaren gebaut. Die Mauern der Erweiterung des bestehenden Logistikzentrums stehen bereits. 80 Millionen Mark investiert der Konzern in diese Erweiterung, über 30.000 Quadratmeter Fläche kommen hinzu. Mitte nächsten Jahres soll der Vollbetrieb aufgenommen werden. Dann soll es gemeinsam mit Actebis eine eigenständige Logistik GmbH geben, der die beiden Logistikstandorte in Soest (bisher Actebis) und Wünnenberg-Haaren unterstehen.

www.peacock.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Peacock-Geschäftsführung ist angesichts der Tatsache, dass viele Ziele noch nicht erreicht sind, erstaunlich gelassen. Der Grund dürfte darin liegen, dass die Zahl unterm Strich die richtige Farbe hat: Schwarz. Heute keine Selbstverständlichkeit, schon gar nicht bei den Distributoren. Interessant ist die Branchenfokussierung. Ein sicher vernünftiger Ansatz, sowohl unter dem Margenaspekt als auch unter dem Gesichtspunkt, sich vom Mitbewerb zu differenzieren. So umgeht man viele Preisdiskussionen. (sic)

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