4.600 Euro pro Mitarbeiter

Raucherpausen sind für Unternehmen teuer

Bettina Dobe war bis Dezember 2014 Autorin für cio.de.

Das können Chefs tun

Macht Rauchen wach? Jein. Ein Raucher muss sich tatsächlich mit Zigaretten wachhalten. Das liegt aber nicht an einem Kaffee-ähnlichen Effekt, sondern daran, dass Raucher schlechter schlafen als Nichtraucher. Deswegen sind sie tagsüber müder und unkonzentrierter. Erst eine kurze Pause macht sie wieder kurzfristig wach. "Nach zwei bis drei Monaten ohne Zigaretten schläft man besser und kann konzentrierter arbeiten", sagt Rüther. Für einen Betrieb lohnt es sich also, seine Mitarbeiter bei der Rauchentwöhnung zu unterstützen.

Was können Führungskräfte tun, um ihre Mitarbeiter dabei zu unterstützen, mit dem Rauchen aufzuhören? Zuerst einmal sollten die Kollegen erkennen, dass Rauchen eine doppelte Abhängigkeit ist. Rauchen macht körperlich und psychisch abhängig. "Wenn Sie 30 Jahre lang zum Kaffee immer eine Zigarette geraucht haben, haben Sie sich selbst konditioniert", sagt der Suchttherapeut. Zudem ist Rauchen keine dumme Angewohnheit, der sich Raucher bereitwillig hingeben: "Rauchen ist eine Erkrankung, die sich der Raucher meist schon in Jugendjahren zugezogen hat." Die meisten Raucher sind ambivalent, wollen eigentlich aufhören. Aber die Sucht ist zu stark. Ein Unternehmen kann seine Mitarbeiter aber sehr gut dabei unterstützen, mit dem Rauchen aufzuhören.

Zum Rauchen gehört der soziale Aspekt. Nach dem Meeting oder dem Mittagessen geht man mit den Kollegen vor die Tür oder in den Hof. Bei einer Zigarette erfährt man unter Umständen nicht nur Privates, sondern auch wichtige Einzelheiten zu Projekten und den Flurfunk. "Raucher haben Angst, dass ihre sozialen Kontakte abbrechen, wenn sie aufhören", erklärt Rüther. Der Mitarbeiter kann selbst aktiv werden und seinen Kollegen sagen, dass er versucht aufzuhören. "Er sollte ruhig ansprechen, dass er Angst hat, den Anschluss zu verlieren", rät der Psychiater. Seine Raucherkollegen haben meist Verständnis und versuchen ihn anders einzubinden.

Nicht verführen

Gut gemeint, aber falsch: "Seine Kollegen sollten ihm dann aber keine Zigarette anbieten, um es ihm nicht noch schwerer zu machen", sagt Rüther. Will er nicht in die Raucherecke gehen – das ist gerade am Anfang schwierig –, könne man sich auch zum Kaffee woanders treffen. Hat ein Raucher die ersten Wochen überstanden, kann er sich ein paar Minuten später in die Raucherecke gesellen. Wichtig ist die Unterstützung der Kollegen, die den Mitarbeiter nicht aus dem sozialen Kreis ausschließen.

Das Unternehmen kann dagegen steuern: "Der Betrieb kann zum Beispiel kleine Wohlfühlecken einrichten, wo sich die Mitarbeiter ohne Zigarette gemütlich treffen können", schlägt der Suchttherapeut vor. Fehlen solche Orte, fehlt auch der soziale Austausch der Nichtraucher. Kleine Entspannungsinseln fördern den kollegialen Austausch und erleichtern es Rauchern ungemein, aufzuhören.

Lob und Unterstützung

Die Führungskraft kann den Mitarbeiter ebenfalls unterstützen. "Lob und Unterstützung bringt sehr viel", sagt Rüther. Für diejenigen im Team, die es noch nicht geschafft haben, vom Glimmstengel loszukommen, sei das übrigens eine Art Ansporn. "Sie freuen sich eher für den Kollegen, dass er es geschafft hat", erzählt der Psychiataer.

Die Fehler von Neu-Nichtrauchern

Chefs müssen besonders auf die "Aufhörer" achten. Ein fataler Fehler von Neu-Nichtrauchern: Sie machen keine Pausen. "Statt wie bisher alle 90 Minuten kurz mit dem Arbeiten aufzuhören, arbeiten viele durch", sagt Rüther. "Viele beklagen sich, dass sie viel mehr arbeiten und viel mehr Stress haben."

Neu-Nichtraucher nehmen sich nicht die Pausen, die sie bräuchten. Der Chef sollte darauf achten, dass die Kollegen durchaus mal kurz in die Kaffee-Ecke gehen oder nach draußen zum Durchatmen. Danach sind sie wieder effektiver bei der Arbeit. "Das Schlimme ist, dass in vielen Unternehmen die Raucherpause akzeptiert wird, aber eine Pause zum normalen Luftschnappen nicht", sagt Rüther. Daran kann ein Vorgesetzter viel ändern und ein positives Beispiel für seine Mitarbeiter sein.

Rückfälle gehören dazu

Wird ein Mitarbeiter wieder rückfällig, ist es wichtig, ihn keinesfalls dafür zu rügen. "Rückfälle gehören zum Entwöhnen dazu", erklärt der Suchttherapeut. Jeder Raucher greift mal wieder zur Zigarette. "Man muss versuchen, den Rückfall zu entkatastrophisieren", sagt Rüther. Stattdessen sollte man sich mit dem Kollegen freuen, dass er einige Wochen durchgehalten hat und ihn wieder beim Aufhören unterstützen.

Unternehmen dürfen Raucher keinesfalls diskriminieren. "Das führt nur zur Reaktanz: Die Mitarbeiter rauchen aus Trotz weiter", sagt Rüther. Der Betrieb muss seinen Mitarbeitern klar machen, dass er beide wertschätzt. Raucher sind keine Menschen zweiter Klasse. Stattdessen können Betriebe Rauchentwöhnungskurse für Mitarbeiter anbieten. "Das lohnt sich für einen Betrieb sehr", sagt Rüther. Drei Mal drei Stunden dauert ein Kurs. Zudem kann man ihn steuerlich absetzen: Ein Unternehmen hat laut Einkommenssteuergesetz 500 Euro im Jahr Freibetrag für jeden Mitarbeiter, die auch für Präventionsmaßnahmen eingesetzt werden können. "Die Erfolgsquoten sind sehr gut", sagt er.

Will ein Mitarbeiter aufhören, hilft es, sich im Unternehmen Gleichgesinnte zu suchen. In der Gruppe hören Mitarbeiter leichter auf. Sie motivieren sich gegenseitig und halten stetigen Kontakt, erzählt Rüther. Das baue auch weitere soziale Kontakte auf und verhindere Vereinsamung. Endlich rauchfrei muss vom Mitarbeiter selbst kommen, nicht von oben herab. Umso wichtiger, dass ein Ex-Raucher jede Hilfe bekommt.

Zur Startseite