Schweinezyklus oder hausgemacht?

06.06.2006
Der Display-Markt bewegt sich immer im Schweinezyklus zwischen Angebot und Nachfrage. Aber während die Panel-Industrie kräftig aufrüstet, sitzen viele Anbieter von TFT-Monitoren, LCD- und Plasma-TV trotz stark sinkender Preise auf randvollen Lagern in Europa.

Von Klaus Hauptfleisch

Trotz Preisen von teilweise schon unter den Materialkosten verläuft der TFT-Monitor-Absatz in der ersten Jahreshälfte 2006 sehr schleppend. Die WM und die Preissenkungen der letzten Monate brachten auch nicht genug Zugkraft in den TV-Markt. Vor allem B-Brands klagen über übervolle Lager in Europa. Für das dritte und vierte Quartal rechnen viele Hersteller und Marktforscher aber mit einer Bereinigung von Altbeständen und stabileren Preisen.

Vor allem mit 17-Zoll-TFT-Monitoren ist heute kein Staat mehr zu machen. Die Preise sind derart im Keller, dass sie laut Luc Graré, IT-Chef von LG Electronics in Deutschland, schon unter den Materialkosten liegen. Entsprechend sinken auch die Preise für 19-Zöller, die derzeit voll im Trend sind. Dass die Nachfrage so schleppend ist, ist laut Olaf Roderfeld, Senior Product Manager Private Label Monitors von V7 Videoseven nicht nur saisonal bedingt. Bei einer 85-prozentigen Marktdurchdringung in EMEA entwickelt sich der LCD-Monitor-Markt ihm zufolge immer mehr zum Ersatzgeschäft. Vom Preisverfall betroffen ist vor allem das Einstiegssegment. Die meisten Hersteller, einschließlich der aus Taiwan, versuchen daher, auf Geräte mit höherwertigen Panels wie PVA und MVA auszuweichen. Dabei konzentrieren sie sich nicht mehr nur auf die Reaktionszeiten, sondern auch auf andere Panel-Leistungsmerkmale wie Kontrast und Blickwinkel.

Wer oder was ist schuld?

Welchen Einfluss die mächtig aufrüstende Panel-Industrie auf die Marktentwicklung in Europa hat, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Laut LG-Manager Graré liegt das Dilemma sinkender Preise und übervoller Lager in Europa weniger an den Panel-Preisen, die sich noch halbwegs stabil entwickelten, als an einer Marktüberschätzung bei einigen Wettbewerbern.

Meko-Analyst Rob Raikes sieht das anders. Er macht gerade die Panel-Situation zum Schlüsselfaktor. Hinzu komme, dass für eine Preisdifferenzierung zu Röhrengeräten anders als früher kaum noch Luft sei. Acer-Deutschlandchef Oliver Ahrens zufolge sind die Panel-Preise für 17-Zöller in den ersten Monaten 2006 um 30 Prozent gesunken, entsprechend hätten sich auch die Endgerätepreise entwickelt.

Die Auflage, dass ab 1. Juli 2006 alle in die EU importierten Geräte RoHS-konform, sprich frei von Blei und anderen Schadstoffen sein müsse, tue ihr Übriges. Während die meisten Top-Hersteller ihre Produktion schon umgestellt haben, versuchen B-Brands, noch nicht RoHS-konforme Altware loszuschlagen. "So darf man sich nicht wundern, wenn sich manche Displays von Mitbewerbern bei Metro unter den Bananen" finden, meint Jens Böttcher, Product Manager Displays bei Benq Deutschland.

TV-Markt fehlen Impulse

Alle Hersteller und Marktforscher sind sich einig, dass der europäische und speziell der deutsche Markt für LCD- und Plasma-Fernseher wegen allzu optimistischer Erwartungen zur Fußball-WM überschätzt wurde. "Fernsehen wird von Content (HDTV-Filme) bestimmt und nicht von der Technologie, die löst keinen Kaufimpuls aus", bringt Acer-Chef Ahrens es auf einen Punkt. "Es geht auch nicht nur über den Preis", fügt Benq-Manager Erik Schuldt hinzu und merkt an, dass der Preisverfall der letzten Monate auch zu einer Verunsicherung der Verbraucher geführt habe, ob er jetzt kaufen oder lieber noch warten solle. Soll er sich mit 720-p-Auflösung zufrieden geben oder ein noch vergleichsweise teures Gerät mit voller HD-Auflösung gemäß dem Standard 1080i wählen? Auch das ist laut Schuldt einer der Gründe für die Marktzurückhaltung in Deutschland.

Was Monitore und LCD-Fernseher angeht, rechnet Meko-Analyst Raikes mit keinen großen Auswirkungen durch die RoHS-Richtlinien der EU. Schließlich gebe es genügend Märkte, in denen sich nicht schadstofffreie Geräte zu Dumping-Preisen verkaufen ließen.

Vorzeitiges Aus für Plasma?

Für Plasmafernseher, von denen die meisten noch bleioxidhaltiges Glas enthalten, geht Raikes hingegen bei strenger Einhaltung der EU-Richtlinien von Lieferengpässen aus, was wiederum den europäischen Markt für LCD-Fernseher beflügeln könnte. Panasonic sei als einziger Hersteller in der Lage, die RoHS-Richtlinien einzuhalten.

Eine weitere Recherche ergab, dass alle fünf Plasma-Panel-Hersteller einschließlich Panasonic, Samsung, LG, Hitachi und Pioneer gemeinsam bei der EU-Kommission um eine Ausnahmeregelung ersucht haben. Eine Entscheidung der EU-Kommission wird für den 22. Juni 2006 erwartet. Die meisten Hersteller gehen davon aus, dass die Ausnahmeregelung für Plasmabildschirme vorerst erteilt wird.

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