Gute Kommunikation für IT-Experten

Schwierige Kundengespräche führen

Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Sie sind der Traum eines jeden IT-Dienstleisters, aber in der Realität selten anzutreffen: Versierte Techniker, die nicht nur ihre IT-Materie, sondern auch den Kunden verstehen. IT-Experten, die auf Wünsche und Beschwerden des Kunden eingehen und sich auf Augenhöhe mit ihm unterhalten.
 
  • Informatiker müssen mit dem Kunden auf einer Ebene kommunizieren
  • Empathie-Protokoll für Informatiker zeigt diesen, was sie im nächsten Gespräch besser machen können

"Man kann nicht nicht kommunizieren", lautet eines der fünf Axiome in der Kommunikationstheorie, die der österreichisch-amerikanische Wissenschaftler Paul Watzlawick entwarf. Ein Leitsatz, der immer und in jeder Gesprächssituation gilt, auch wenn man sich nicht persönlich gegenübersteht. Das schärft auch die Münchner Verhandlungsexpertin und Trainerin Claudia Kimich ihren Kursteilnehmern immer wieder ein: "Alles, was Sie tun oder lassen, hat in der Kommunikation eine Wirkung: Es reicht schon, die Augen zu verdrehen, um den Kunden vor den Kopf zu stoßen. Auch das Augenverdrehen am Telefon spürt der Kunde." Dessen seien sich viele IT-Experten nicht bewusst und wundern sich dann, wenn ein Kundengespräch mal wieder ganz schwierig verläuft und sie nur Beschwerden hören.

Stattdessen rät Trainerin Kimich zu einer positiven, offenen Grundeinstellung. Erkennt der Techniker am Display, dass ein schwieriger Kunde anruft, soll er erst denken "Herzlich willkommen" und dann erst abheben. Das genüge, um das Gehirn umzupolen und damit die Einstellung zum Kunden in Richtung Freundlichkeit und Serviceorientierung zu ändern.

Verhandlungsexpertin und Trainerin Claudia Kimich bringt in ihren Seminaren unter anderem IT-Profis bei, wie sie verständlich kommunizieren.
Verhandlungsexpertin und Trainerin Claudia Kimich bringt in ihren Seminaren unter anderem IT-Profis bei, wie sie verständlich kommunizieren.
Foto: Claudia Kimich

Kunde bezahlt Arbeitsplatz des Technikers

Diese Einstellung zum Kunden ist laut Claudia Kimich das A und O für eine gute Kommunikation: "Techies müssen begreifen, dass der Kunde den Stuhl, auf dem sie sitzen, bezahlt, und ihn entsprechend behandeln." Managern empfiehlt Kimich deshalb, den eigenen IT-Mitarbeitern diesen Zusammenhang deutlich zu machen: Der Kunde bezahlt den Arbeitsplatz des Technikers.

Auch wenn die Grundeinstellung zum Kunden stimmt, birgt die Kommunikation mit ihm noch viele Untiefen, so Verhandlungsexpertin Kimich: "Viele Techniker kommunizieren am liebsten auf der fachlichen Ebene, und zwar auf hohem Niveau. Der Kunde versteht es nicht unbedingt und fühlt sich nicht ernst genommen." Darum bringe es auch nichts, den gleichen fachlichen Satz zu wiederholen, wenn ihn der Kunde nicht versteht. Stattdessen sollte der IT-Experte vorher ausloten, wie viel IT-Wissen der Kunde hat, sich dann auf dessen Niveau begeben und so sprechen.

Um einem Missverstehen vorzubeugen, müsse sich der IT-Experte vergegenwärtigen, dass das Inhaltliche nur zehn Prozent jeder Kommunikation ausmache. Der große Rest sind Emotionen, und die sind wie bei einem Eisberg meist unter der Wasseroberfläche verborgen und nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Auf der emotionalen Ebene liegen laut Kimich beim Kunden die alten Erfahrungen mit einem Thema, waren es schlechte Erfahrungen, kann sich ein Dialog über das Thema schnell zu einem Streitgespräch hochschaukeln.

Sinnbild Eisberg: Auch in der Kommunikation liegt das Wichtigste unter der Oberfläche. Wie ein Gespräch verläuft, hängt oft an den Emotionen und nicht am Inhalt. Letzter macht nur zehn Prozent eines Dialogs aus, sagt Trainerin Claudia Kimich.
Sinnbild Eisberg: Auch in der Kommunikation liegt das Wichtigste unter der Oberfläche. Wie ein Gespräch verläuft, hängt oft an den Emotionen und nicht am Inhalt. Letzter macht nur zehn Prozent eines Dialogs aus, sagt Trainerin Claudia Kimich.
Foto: Denis Burdin - shutterstock.com

Empathie-Protokoll für Informatiker

Vor dem Hintergrund spricht Claudia Kimich, die selbst Informatik studiert hat, gern von "Empathie-Alarm" für Informatiker: Sie müssen lernen, aktiv zuzuhören und den Kunden ausreden lassen. Kann dieser sein Problem nicht genau beschreiben, gelte es, immer wieder nachzufragen und auch das zu wiederholen, was man bisher selbst verstanden hat. So erkennen beide Seiten schnell, wenn sie sich missverstanden haben.

Verständnis heißt das Zauberwort für IT-Experten, sie dürften dem Gegenüber nicht das Gefühl vermitteln, dass er zur Kategorie DAU, was im Administratorensprech für Dümmster anzunehmender User steht, gehört. Empathie mit dem Kunden heißt in Kimichs Augen auch, zu verstehen, dass er ein Problem, Sorgen oder im schlimmsten Fall auch Panik hat. Diese Gefühlslage gilt es zu akzeptieren. "Vor und bei jedem Gespräch sollte man sich aufs Neue bewusst machen: Ich will dem Kunden helfen, das ist der Job, für den ich bezahlt werde", lautet Kimichs Tipp.

Wer sein Einfühlungsvermögen wirklich verbessern will, sollte vier Wochen aufschreiben, wie es mit der Empathie gelaufen ist: War der Kunde sauer? Wie habe ich mich verhalten? Bin ich trotzdem ruhig geblieben? Was hätte ich anders machen oder sagen können? Ein solches Empathie-Protokoll öffnet den meisten schnell die Augen über ihr Verhalten und zeigt gleich, was man beim nächsten Mal besser machen könnte, so Kimichs Erfahrung.

Wichtig sei darüber hinaus, am Ende eines Gesprächs zu klären, ob der Kunde die Lösung verstanden hat und ob er mit ihr klarkommt. Statt bei weiteren Fragen auf FAQs zu verweisen, rät Claudia Kimich zu einer Anleitung, in dem Schritt für Schritt alle Selbstverständlichkeiten aufgelistet sind. Das stünde allerdings im Widerspruch zu vielen Hotlines, in denen die Leistung der Supportmitarbeiter nach wie vor nur nach der Zahl der Anrufe, aber nicht nach der Qualität des erbrachten Services gemessen werde.

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