SCO contra Linux oder ein bemerkenswert schlechtes Kriminalstück

26.06.2003

Das "Open-Source"-Projekt Linux hat sich zu einem ernst zu nehmenden Betriebssystem für Unternehmen entwickelt. Doch dass es für das Klagestück und die eher düstere Rolle als heimlicher Unix-5-Kopist geeignet wäre, die ihm die SCO- beziehungsweise Caldera-Kriminalisten gerade aufzwängen wollen, bezweifle ich. Warum? Weil der Wind es von den Unix-Dächern herabpfeift und mir so klar wie jeder einzelne Sonnenstrahl aller herrlichen Junitage dieses Jahres sagt, dass die von dem einst sympathischen, Unix für Intel-Rechner anbietenden Softwarehersteller Santa Crux Operation (SCO) angestrengte Klage gegen IBM und Linux aus Versatzstücken ist, die den Anspruch eines Kriminalstückes unterlaufen.

Das liegt erstens daran, dass ich unterstelle, dass dem langjährigen praktischen Linux-Beiträger SCO (Stichwort "United Linux"), der zur Stunde noch auf seiner Webseite sagt: "We have added the Linux kernel functions into the Open Unix 8 kernel") bestens bekannt ist, dass alle Linux-Programme oder Erweiterungen unter der "General Public License" (GPL) veröffentlicht werden, und diese jedem Nutzer den kostenlosen Zugang zum Quellcode des Linux-Betriebssystems garantiert. Wenn also SCO behauptet, erst jetzt erkannt zu haben, was zu Unix System 5 und was zu Linux gehört, und nach seinen Beiträgen zu Linux die Linux-Geschichte zur Unix-Geschichte umschreiben will, wirkt es so glaubwürdig wie ein ertappter Lügner. Wieso kann SCO glauben, dass niemand sich an den ehemaligen Caldera-Häuptling Ransom Love und dessen Äußerungen zur "vereinigten Unix/Linux-Plattform" erinnert?

Ebenso unterstelle ich, dass SCO weiß, dass die Ursuppe Unix, der Kernel, über die Jahrzehnte zigtausendfach öffentlich dokumentiert wurde, also ein offenes BSD-Buch ("Berkeley Software Distribution") darstellt, aus dem jeder entnommen hat, was er brauchte. SCOs Behauptung, den Unix-Kernel in ursprünglichem Reinzustand zu besitzen, ist deshalb genau so sinnvoll wie meine Behauptung, dadurch Patente auf Reimschemata in deutscher Sprache zu besitzen, da ich einst reimte und diese Reime niedergeschrieben habe.

Und drittens behaupte ich, dass SCO weiß, warum es bisher jeden Beweis seiner Behauptung, es sei Unix-Kernel-Code in Linux-Kernel-Code eingebaut, schuldig blieb: Der Nachweis, der Unix-5-Code sei - in Anbetracht von BSD, GNU und Open Source - seit 1994, der Übernahme der Unix-Rechte aus der Hand Novells, unverändert geblieben, ist nicht zu führen - trotz der PR-Bildschirmdemonstration Unix 5 versus Linux im SCO-Hauptquartier in Lindon, Utah, wo die beiden Codes Zeile für Zeile nebeneinander ablaufend, vorgeführt werden. Aber müsste nicht Unix 5, um beweisfähig zu sein, im nur schwer nachzuvollziehenden Maschinencode gezeigt werden?

In Anbetracht all dieser Aspekte steht für mich vorläufig fest: SCO beziehungsweise seine im Januar dieses Jahres gegründete Unix-Lizenzabteilung Source hat ein Stück auf die Bühne gebracht, dessen einzelne Elemente wie einem Schmierenstück entnommen zu sein scheinen: Behauptung eines Verbrechens und Anklage eines Schuldigen, hier IBM, ohne Beweis, täglich neue diskriminierende Behauptungen - in Richtung Open Source, Distribution, Linux-Entwickler et cetera. - wieder ohne Beweise, aufgestellt allein deshalb, damit das Stück einen vagen roten Faden suggeriert, der unerlässlich erscheint, um den Zuschauer davon abzulenken, dass der Kläger in dem Stück seiner Beweispflicht nicht nachkommen will: Soap statt Kriminaltheater.

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