Seagate ist sich über die Zukunft der Massenspeicher im Klaren

18.06.1998

MÜNCHEN: Die Entwicklung immer größerer und schnellerer Festplatten, so rasant sie auch sein mag, wird alleine nicht ausreichen, die wachsenden Anforderungen moderner Informationssysteme auf Dauer zu erfüllen. Neue Speicher-Architekturen, wie das Storage Area Networking (SAN) müssen nach Ansicht von Festplattenhersteller Seagate ihren Beitrag dazu leisten, die heute noch häufig ineffiziente und redundante Datenverwaltung vieler Netzwerke zu optimieren. Wer glaubt der wachsenden Informationsflut allein durch den Einsatz immer größerer und schnellerer Festplatten Herr zu werden, ist nach Ansicht von Dave Anderson, Director of System Storage Architecture bei Seagate Technology, auf dem Holzweg. Obwohl heute bereits eine breite Palette von Produkten zur Speicherverwaltung, angefangen von Disk Arrays bis hin zu Speichermanagement-Konzepten wie HSM (Hierarchical Storage Management) eingesetzt werden, besteht für viele Anwender weiterhin das Problem beschränkter Datenverfügbarkeit.

Als langsam und stauanfällig bezeichnet Anderson, der bei Seagate federführend für die Entwicklung von Konzepten für Massenspeicher-Technologien verantwortlich ist, die heute größtenteils zum Einsatz kommenden Server-basierenden Speicherverwaltungen. Als Ausweg aus der Misere betrachtet er Storage Area Networking (SAN)-Konzepte. Auf der Basis dieser Speicher-Architektur lassen sich serverunabhängige und leistungsstarke File-Speicherlösungen realisieren. Eine Schlüsselrolle beim schnellen Datenzugriff spielt dabei nach Meinung der Experten die Fibre-Channel-Techologie.

Datenwachstum ist quasi grenzenlos

Der Bedarf an immer größeren und immer schnelleren Massenspeichern ist ungebrochen. Neben der Kapazität kommt der Geschwindigkeit eine immer größere Bedeutung zu. Das bestätigt auch Crawford del Prete, Vice President des Marktforschungsinstituts International Data Corporations (IDC) Storage Research Program. "Immer mehr Anwender zeigen Interesse an einem Einsatz der 10.000-rpm-Laufwerke in einer Vielzahl von High-Performance-Anwendungen: von Enterprise-Servern und Disk-Arrays bis hin zu individuellen Personal-Workstations."

Mit der neuen Cheetah-Modellreihe präsentierte das Unternehmen kürzlich bereits die zweite Festplatten-Generation mit einer Spindelgeschwindigkeit von 10.000 Umdrehungen pro Minute. Mit Kapazitäten bis 18 Gigabyte, Zugriffszeiten unter sechs Millisekunden und einer kontinuierlichen Datentransferrate von bis zu 21 Megabyte pro Sekunde, kommen die Platten bei zeitkritischen Anwendungen wie Transaction-Processing, Data-Mining, Data-Warehousing, Professional-Video und Grafik zum Einsatz. Macht man sich klar, daß die Datenmenge von 18 Gigabyte umgerechnet einem Diskettenstapel mit der Höhe eines dreizehnstöckigen Hauses entspricht, wird deutlich, welche rapide Entwicklung die Festplattentechnologie in den letzten Jahren genommen hat.

Dennoch besteht kein Grund zu überschwenglichem Optimismus: Die Welt des Informationsmanagement steckt nach Ansicht von Seagate noch in den Kinderschuhen. Experten gehen davon aus, daß zur Zeit gerade einmal ein Prozent aller Informationen in elektronischer Form vorliegen. Die Menge der Daten, die verwaltet werden müssen, beispielsweise im Bereich Dokumenten-Management, wird in den nächsten Jahren exorbitant wachsen.

Server-basierende Speicher-Architekturen stoßen an Grenzen

Das heutige Informationsmanagement kann am besten mit Server-zentriertem Speichern beschrieben werden. Aufgrund zunehmend heterogener Netze ist der Weg des Informationszugriffes oft lang und schwierig. Die Übertragung vom Desktop zum Server, von dort zu einem anderen Server, eventuell mit unterschiedlichen Netzwerk- und Speicherprotokollen führt dazu, daß heutige Speicher-Modelle oft ineffizient und redundant sind und damit den Anwender im freien Zugriff auf Informationen begrenzen.

Trotz Technologien, welche die wachsenden Storage-Anforderungen bewältigen helfen sollen, angefangen vom Disk Arrays (RAID - Redundant Arrays of Independend Disk) bis hin zu anspruchsvollen Speichermanagement-Konzepten wie Hierarchical Storage Management

(HSM), mit dem man verschiedene Speichertechnologien harmonisieren kann, bleibt das Resultat häufig genug unbefriedigend.

SAN-Verfechter organisieren sich

Nach Ansicht von Seagate-Experte Anderson ist Storage Networking ein einzigartiges Modell, das die Protokolle von Netzwerk und Speichergeräten in einer gemeinsamen Struktur unterstützt. Dabei werden nach seinen Worten die Stärken der heutigen Netzwerkarchitektur aufgegriffen und die Belastung des Servers durch die Informationsverwaltung mehr und mehr auf verschiedene Geräte (Festplatten, Bandlaufwerke, Arrays, Switches, usw.) innerhalb des Netzwerkes verlagert.

Die Vorteile liegen laut Anderson auf der Hand: Die heutige SAN-Technologie benutzt die Intelligenz der Storage Management Software, um Speicheraufgaben zu koordinieren. SAN-Software kann so konfiguriert werden, daß man verschiedene Speichermanagement-Szenarien für ein Netzwerk aufbaut. Für die hohe Verfügbarkeit von Informationen mit gleichzeitig breiter Skalierbarkeit kann man Dataclustering realisieren. Der Datentransport wird beschleunigt. Informationen, die normalerweise Online gehalten würden, kann man mit SAN sehr effektiv Nearline oder Offline halten. Auch hinsichtlich der Datensicherheit bietet SAN nach Andersons Ansicht Vorteile. Mit der Intelligenz von SAN lassen sich bessere RAIDs, Cluster und Spiegelungen entwickeln. Last but not least spart ein SAN-Konzept Hardwarekosten. Die verschiedenen Speichergeräte müssen nicht erst über Server angesprochen werden, sondern werden direkt an das Netzwerk angeschlossen und vom Anwender oder vom Applikations-Server direkt angesprochen.

Das Seagate mit seiner Einschätzung nicht alleine steht, zeigt die Storage Networking Industry Association (SNIA), in der sich eine Vielzahl namhafter Hardware und Software-Hersteller inzwischen organisiert haben (http://www.snia.org/).

Harte Zeiten für Systemhersteller

Bisher werden 70 Prozent der Netzwerkspeicher-Komponenten von Systemherstellern wie beispielsweise IBM, Digital, Compaq, Hewlett Packard oder Dell verkauft, die entweder Speicherkomponenten selbst herstellen, oder Fremdprodukte in ihre Fileserver integrieren. Die spezialisierten Anbieter von separaten Storage-Subsystemen sind bis dato in der Minderheit. Das soll sich zukünftig ändern. Dr. Michael Peterson, Präsident der Strategic Research Corporation prognostiziert, daß innerhalb weniger Jahre Network Attached Storage Devices (NAS) nicht weniger als 80 Prozent der Netzwerkspeicher-Komponenten ausmachen werden.

Dennoch will sich Seagate auch zukünftig darauf beschränken, die Entwicklung neuer SAN-Architekturen, wie sie derzeit an einer Reihe von amerikanischen Universitäten betrieben wird, zu sponsorn. Stimmen, welche die Integration von Network Attached Storage Servern (NASS) in die Festplatte befürworten, steht Dave Anderson zurückhaltend gegenüber. Obwohl sich derartige Systeme mit CPU und DRAM durchaus realisieren ließen, plant Seagate seinen Worten keine diesbezüglichen Aktivitäten. Als Gründe nennt Anderson die resultierende Kostensteigerung bei den Laufwerken, sowie den zu erwartenden Support-Aufwand. "Es ist nicht unser Key-Business. Außerdem machen wir mit den Anbietern von Thin-Server-Lösungen bereits gute Geschäfte und möchten nicht als Konkurrent unser besten Kunden auftreten." (sd)

Seagate-Manager Anderson: Die Informationsflut kann alleine durch den Einsatz immer schnellerer und größerer Festplatten nicht gedämmt werden.

State-of-the-Art Festplatten-Technologie: Die Cheetah-Modelle on Seagate. Alle Modelle sind wahlweise mit Ultra-2-SCSI- oder Fibre Channel Arbitrated-Loop-Schnittstelle (FC-AL) lieferbar.

Quasi unbegrenzte Skalierbarkeit verspricht die SAN-Technologie. Mit ihrer Hilfe soll es innerhalb des Netzwerkes möglich sein, sowohl den Speicherinhalt eines Hosts wie auch angeschlossene Speichersysteme oder andere Netzwerkkomponenten anzusprechen.

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