Selbst bei Dell geht#s nicht ohne Partner im Mittelstandsmarkt

23.08.2001
Der deutsche PC-Sektor war im ersten Halbjahr 2001 von einbrechenden Wachstumszahlen und schwindenden Marktanteilen geprägt. Während die führenden Hersteller teilweise hohe Einbußen hinnehmen mussten, verbuchte Direktanbieter Dell in allen Teilmärkten zweistellige Zuwachsraten. Jetzt will das Unternehmen den deutschen Mittelstand als Kunden gewinnen, und zwar in Kooperation mit Servicepartnern.

Im zweiten Quartal 2001 wuchs der PC-Direktanbieter Dell in Deutschland laut IDC um 26 Prozent, während gleichzeitig der Gesamtmarkt einen Rückgang von knapp zwölf Prozent hinnehmen musste. Damit kletterte das US-Unternehmen binnen eines halben Jahres vom siebten Platz auf den dritten. Mathias Schädel, Geschäftsführer von Dell Deutschland, freut sich über diesen Erfolg und sieht darin eine Bestätigung des direkten Geschäftsmodells.

Dennoch kann Dell nicht allein mit seinen derzeit 700 eigenen und weiteren 300 externen Mitarbeitern ganz allein die wachsende Nachfrage nach Hardware, Software und Service bundesweit stemmen, auch wenn bis Ende des Jahres weitere 120 Mitarbeiter für Vertrieb und Support eingestellt werden. Das Unternehmen bietet von sich aus nur Standard-Dienstleistungen an. "Wenn der Kunde aber darüber hinaus gehende Serviceleistungen verlangt, arbeiten auch wir mit globalen und lokalen Servicepartnern zusammen, die den entsprechenden Value Add anbieten", berichtet Schädel. "Wir arbeiten bei vielfältigen Projekten mit Partnern zusammen. Das Interessante dabei ist ja, dass wir für diese Häuser der einzige Hersteller sind, bei dem sie keine Angst haben müssen, dass wir ihnen beim Kunden Konkurrenz machen."

Dell bietet drei Jahre Vor-Ort-Service. Dieser wird in der Regel von ansässigen Partnern ausgeführt. "Wichtig für den Kunden ist nur, dass er mit uns einen einzigen Ansprechpartner hat," führt Schädel weiter aus. "Wir geben dann den Auftrag sofort an den Partner weiter." Jeder interessierte VAR kann Dell-Partner werden. Er wird entsprechend geschult, um den Ansprüchen von Dell und den Kunden gerecht zu werden, und in das Unternehmens-Informationsgefüge integriert.

Vor allem bei Projektgeschäften sieht Schädel einen wachsenden Bedarf an Partnern. "Mancher Kunde will auch mit einem Sys-temhaus zusammenarbeiten, mit dem er bereits langjährige Erfahrung hat. Dann arbeitet diese Firma vielleicht in einer heterogenen IT-Landschaft, in der Produkte verschiedener Anbieter zusammenarbeiten, und will eben nur einen Partner haben, mit dem sie zusammenarbeiten will." Das sei für Dell kein Problem, solange ein direkter Kundenkontakt bestehen bleibt.

Für Dell zählt immer nur der direkte Weg zum Kunden

Darin sieht Schädel nämlich einen wichtigen Grund für den Dell-Erfolg. Sollte ein Kunde ein fehlerhaftes Gerät geliefert bekommen, mel- det er es dem Hersteller per Telefon oder Internet. Anhand der Gerätenummer kann man bei Dell sofort sehen, welche Komponenten verbaut wurden. Die Information wird dann in kürzester Zeit an die Produktionsabteilung weitergegeben, und diese tauscht bei Bedarf die entsprechenden Komponenten aus. "Das ist der große Vorteil des Direktvertriebs: Wir bekommen sofort, ohne Umweg über Fachhandel und Distribution, die Rückmeldungen und können entsprechend reagieren", erklärt der Deutschland-Geschäftsführer. "Die anderen Hersteller erfahren teilweise erst nach Monaten, dass etwas nicht gestimmt hat und die Kunden unzufrieden sind."

Auch bei der Mittelstands-Initiative geht das Unternehmen den direkten Weg. Statt teurer allgemeiner Werbekampagnen spricht Dell bei potenziellen Kunden die Verantwortlichen per Mailing- oder Telefonaktion konkret an. Der PC-Anbieter nutzt dazu seine umfassende Kundendatenbank, in der alle Anfragen, Bestellungen und Käufe erfasst sind.

Laut Schädel konnte das Unternehmen in diesem Marktsegment in den letzten zwei Jahren ein jährliches Wachstum von 50 bis 100 Prozent verbuchen. Dazu kommen Branchenlösungen, zum Beispiel für Krankenhäuser, bei denen charakteristische Anforderungen an bestimmte Dienstleistungen und die Hardwareausstattung zu Grunde gelegt werden.

Grundsätzlich hat der Kunde aber die freie Wahl der Komponenten. Erst wenn der Auftrag erteilt wurde, wird das Gerät zusammengebaut. Dadurch konnte Dell die Lagerzeit im letzten Quartal auf vier Tage reduzieren. Das spart Lagerkosten, und das Unternehmen kauft alle Komponenten "just in Time", verliert somit auch kein Geld durch den allgemeinen Preisverfall.

www.dell.de

ComputerPartner-Meinung:

Eines muss man Dell lassen: Der Direktversender weiß, wie man Geld und Zeit sparen kann. Durch den klar definierten Standardservice wird es aber auch jedem Systemhaus möglich, als Partner Mehrwert in Form von Dienstleistung zu bieten. Der reine Roll-Out der Hardware, der sowieso kaum Marge verspricht, bleibt dem Hersteller vorbehalten. (go)

Facts & Figures

Mehr Marktanteile - hoher Verlust

Im zweiten Quartal 2001 musste Dell, der weltgrößte PC-Hersteller, einen Millionenverlust ausweisen. Bei einem Umsatz von 7,61 Milliarden Dollar (knapp unter dem Vorjahresergebnis) erwirtschaftete das Unternehmen einen Gewinn vor Sonderposten von 433 Millionen Dollar (Q2/00: 603 Millionen Dollar). Aufgrund der einmaligen Aufwendungen für die Streichung von 3.000 Stellen sowie Abschreibungen in Höhe von 742 Millionen Dollar lag der Nettoverlust bei 101 Millionen Mark. (go)

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