Seminar zeigt Finanzierungsmöglichkeiten für mittelständische IT-Branche auf

28.06.1996
FRANKFURT: Für mittelständische IT-Unternehmen gibt es eine Reihe von Finanzierungsmöglichkeiten. Sie reichen vom klassichen Bankenkredit bis zu Capital-Venture-Beteiligungen. Doch erst die genaue Kenntnis der Möglichkeiten erlaubt, die richtige auszuwählen.Die mittelständische deutsche IT-Branche leidet unter notorischem Geldmangel, wenn es um die finanzielle Umsetzung ihrer Produkte geht. Das liegt vor allem daran, daß in der Branche zwar viel Geld für Entwicklung ausgegeben wird, hingegen unbestritten wenig in Marketingkonzepte sowie Controllinginstrumente für die Firmenentwicklung investiert wird. Aus der Sicht der Banken, bei denen die Pilgerschar kreditsuchender System- und Softwarehäuser meist vorstellig wird, nimmt sich das oft so aus: "IT-Firmen kommen meistens erst dann zu uns , wenn es bei ihnen schon lichterloh brennt", berichtet Branchen-Analyst Richard Sandvoß von der Dresdner Bank in Frankfurt.

FRANKFURT: Für mittelständische IT-Unternehmen gibt es eine Reihe von Finanzierungsmöglichkeiten. Sie reichen vom klassichen Bankenkredit bis zu Capital-Venture-Beteiligungen. Doch erst die genaue Kenntnis der Möglichkeiten erlaubt, die richtige auszuwählen.Die mittelständische deutsche IT-Branche leidet unter notorischem Geldmangel, wenn es um die finanzielle Umsetzung ihrer Produkte geht. Das liegt vor allem daran, daß in der Branche zwar viel Geld für Entwicklung ausgegeben wird, hingegen unbestritten wenig in Marketingkonzepte sowie Controllinginstrumente für die Firmenentwicklung investiert wird. Aus der Sicht der Banken, bei denen die Pilgerschar kreditsuchender System- und Softwarehäuser meist vorstellig wird, nimmt sich das oft so aus: "IT-Firmen kommen meistens erst dann zu uns , wenn es bei ihnen schon lichterloh brennt", berichtet Branchen-Analyst Richard Sandvoß von der Dresdner Bank in Frankfurt.

Diese traurige Erfahrung referierte der Banker vor den zirka 40 Interessierten, die Mitte Juni nach Frankfurt zu dem Seminar "Finanzierung von Unternehmen der Informationstechnik und Telekommunikation" gefahren waren. Veranstalter war der Nürnberger Seminaranbieter NAA InfoKom GmbH.

Die Themen des Seminars waren im einzelnen:

"Wagniskapital für Software- und Systemhäuser", "Die Software- und Service-Branche im Blickwinkel der Banker", "Innenfinanzierung durch Mitarbeiterbeteiligung", "Start der europäischen High-Tech-Börse EASDAQ im Herbst 1996", "Finanzierungs- und Insolvenzanalyse mittelständischer Software- und Systemhäuser" und "Steuerpolitische und andere Forderungen zur High-Tech-Finanzierung in Deutschland".

Zudem konnten die Teilnehmer ihre Kenntnisse in drei Workshops Kreditfinanzierung, Wagniskapital und Börsengang vertiefen.

AG und Wagniskapital sind Instrumente für expansive Softwarehäuser

Am höchsten gehandelt und mit dem meisten Flair versehen sind derzeit AG- und Wagniskapitalkonzepte. Doch Referent Waldemar Jantz, Geschäftsführer der Münchener TechnoVenture Management GmbH warnte davor, sich von der Aussicht auf schnelle Geldgeber betören zu lassen. "Capital-Venture-Firmen arbeiten mit hohem Risiko. Deshalb sind IT-Firmen, die bis zum Wiederverkauf in drei oder vier Jahren weniger als 30 Prozent Rendite versprechen, uninteressant." Und da Jantz die Möglichkeit des Wiederverkaufs der Firmenanteile eindeutig daran gekoppelt sieht, daß "ein Börsengang des IT-Unternehmens die unverzichtbare Bedingung ist, um an Capital-Venture-Geld zu kommen", forderte er "eine High-Tech-Börse einzurichten. Sonst bleibt Venture Capital orientierungslos".

Damit sprach er Chris Pickles, Director der European Association of Securities Dealers (EASD), aus dem Herzen, der die baldigmögliche Realisierung eines europäischen Pendants zur amerikanischen NASDAQ befürwortete. "Nur wenn europaweit IT-Häuser an Börsen gehandelt werden, ist das für Anleger interessant", war er sich sicher.

Dem widersprach der Marketing-Direktor der Deutschen Börse AG, Günter Femers. Er machte sich für den auch noch kaum existierenden regionalen Börsenhandel in Deutschland als das realistischere Kapitalfindungsinstrument stark. "Kleine Technikbörsen machen es möglich, daß auch Firmen in der Größenordnung von 10 Millionen Mark Umsatz strategische Partner, das heißt Investoren, finden." Die Technikbörsen für kleine AGs sollen ab nächstem Jahr etwa in Berlin, Frankfurt und München bereit stehen. Auf die Frage, wieviele der zirka 2.000 System- und Softwarehäuser für einen Börsengang in Frage kämen, hatte er die ernüchternde Antwort parat: "Höchstens fünf Prozent."

Bankenabhängige Finanzierungsmöglichkeiten und Mitarbeiterbeteiligung

Michael Munsch, Projektleiter im Verband der Vereinigten Creditreform in Neuss, brachte dann die Anwesenden mit Hilfe von viel Zahlenmaterial wieder dazu, Argumente für den alltäglichen Kreditkampf zu sammeln. "Die IT-Branche verzeichnet gegenüber der durchschnittlichen Insolvenzrate eine positive Bilanz. Und da Sie zu einer in den nächsten zwanzig Jahre hoch bewerteten Branche gehören, sollten Sie Ihren Kreditgebern das auch sagen."

Er unterstrich, daß "man bei Banken dafür sorgen muß, die Ergebnisse zu beleihen, und nicht die hinterlegten Sicherheiten, etwa Immobilien." Das geht aber nur, wenn "IT-Firmen einen proaktiven Business-Plan entsprechend allgemein ausgewiesener Kreditkriterien vorlegen können. Sonst müssen ihnen die Banken die Tür weisen", stellte er klar. Das ergänzte ein Teilnehmer: "Wählen Sie sich Ihre Hausbank entsprechend Ihren Vorgaben genau aus. Testen Sie mehrere Banken."

Wolf Rüdiger Willich, Geschäftsführer der mittlerweile 60 Analysten beschäftigenden Bayerischen Wagnisbeteiligungsgesellschaft mbH in München, bestätigte Munsch: "Viele Firmen kommen zu uns mit einer guten Idee, einem mangelhaften Vermarktungskonzept und einer miserablen Eigenkapitalquote. Bei lediglich zirka fünf Prozent der Antragsteller steht die gewünschte Beteiligungsrate in einer guten Relation zum Umsatz. Die finanzieren wir dann", berichtete er.

So wäre für die meisten alles wieder auf das problematische Instrument der Kreditfinanzierung hinausgelaufen, hätte nicht Michael Lezius, langjähriger Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGPV) in Kassel, auf die Mitarbeitermitbeteiligung als Instrument der Finanzierung von IT-Häusern hingewiesen. "Die Branche ist wegen ihrer ausgeprägt offenen Unternehmenskultur prädestiniert für Mitarbeiterbeteiligung. Und sie ist gerade bei der jungen Generation sehr gefragt, die für die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes gerne Geld ausgibt", war er sich sicher. Und weiter: "Die Facetten der Mitarbeiterbeteiligung reichen von Genußscheinen, Darlehen und Beteiligung einzelner am Unternehmen bis hin zu Mitarbeitergesellschaften und Belegschaftsaktion.

Für alles gibt es klare Möglichkeiten. Leider werden sie in Deutschland viel zu wenig genutzt."

Das faßte ein Seminarteilnehmer zusammen: "Was wir brauchen, sind klare Wege zur Finanzierung und ihre Umsetzung. Das betrifft uns selber, aber auch die Kreditgeber und den Gesetzgeber." Letzterer war übrigens auf dem Seminar nicht erschienen. Die Begründung aus dem Finanzministerium: "Wegen einer Plenarwoche können wir niemand abstellen."

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