Solvinity-CTO

"Service Provider, die Cloud für sinnlos halten, werden in 5 Jahren Bankrott sein"

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Der digitale Wandel führt die Wirtschaft weltweit in eine cloudbasierte Zukunft. Allerdings zögern viele Unternehmen, ihre wertvollen Unternehmensdaten aus der zu Hand geben. Wie sich Kunden mit Sicherheitsbedenken umstimmen lassen, erläutert Jeroen van der Meer, CTO des Managed-Hosting-Anbieters Solvinity, im Interview mit ChannelPartner.

Wie wird die Cloud Ihrer Meinung nach Ihre Branche verändern?

Jeroen van der Meer: Es ist mir durchaus klar, dass es Unternehmen Überwindung kostet, den Sprung in die Cloud zu wagen und die Kontrolle über ihre eigenen Datendienste abzugeben. Im Verlauf meiner IT-Laufbahn habe ich vielen Kunden beim Schritt ins Unbekannte geholfen und weiß, dass es kein einfacher ist.
Allerdings bin ich in den letzten acht Jahren auf kein einziges unternehmenseigenes Rechenzentrum gestoßen, das sich mit einem Colocation Center und der Kraft der Cloud vergleichen ließe. Von hier kommen alle Innovationen. Jeder Service Provider, der die Cloud für nicht sinnvoll hält, wird in spätestens fünf Jahren Bankrott anmelden. Wer nicht sukzessive Schritte in die Cloud wagt, wird seine Bedeutung für unsere Branche ebenso sukzessive verlieren.

Als CTO bei Solvinity ist Jeroen van der Meer verantwortlich für Solvinitys Technology Investment Strategie. Er besitzt über 30 Jahre Erfahrung als Führungskraft im Datacenter Management und IT Outsourcing mit besonderem Fokus auf komplexe Cloud Designs und transformative Outsourcing Lösungen.
Als CTO bei Solvinity ist Jeroen van der Meer verantwortlich für Solvinitys Technology Investment Strategie. Er besitzt über 30 Jahre Erfahrung als Führungskraft im Datacenter Management und IT Outsourcing mit besonderem Fokus auf komplexe Cloud Designs und transformative Outsourcing Lösungen.
Foto: Solvinity

Auf welche Themen und Marktfelder konzentriert sich Solvinity?

Jeroen van der Meer: Solvinity entwickelt innovative Kundenlösungen und bietet Unternehmen durch den sicheren Zugang zu Private, Public und Hybrid Clouds ein hohes Maß an Sicherheit. Solvinity hat sich auf Cloud Services für die Bereiche Managed Hosting, Analytik, Arbeitsplatz und Sicherheit spezialisiert und ist Experte für das Hosting kritischer Infrastrukturen. Grundprinzip sind Sicherheit und Compliance "by design". Dafür steht auch die Zertifizierung nach internationalen und nationalen Standards wie ISO27001, ISO14001: 2004, ISAE3402 Typ II, SOC2 und NEN7510.

Wer sind Ihre wichtigsten Kunden?

Jeroen van der Meer: Wir unterstützen mit unseren Managed Services ganz unterschiedliche Kunden, wobei die meisten aus dem Finanzsektor stammen. Hinzu kommen Regierungen, Kommunen, die TNO - die niederländische Organisation für angewandte naturwissenschaftliche Forschung, Trans Link Systems - der niederländischer Nahverkehrsbetrieb, ING Bank, die Versicherungsgesellschaft Nationale-Nederlanden, Rabobank, Ahold, Aegon oder auch ICS Cards.

Aus welchen Gründen ist Solvinity in den Cloud- und Managed-Services-Markt eingestiegen?

Jeroen van der Meer: Im Rahmen der Zusammenarbeit mit Interxion hat Solvinity den Wandel von einem unabhängigen IT-Service-Provider zum cloud-orientierten Managed-Hosting-Unternehmen vollzogen. Von den hardwareorientierten Systemhäusern, die immer noch den Markt bevölkern, unterscheidet uns, dass die umfangreichen Sicherheitsdienste von Solvinity nicht an irgendwelche physischen IT-Geräte gekoppelt sind.

Welche Strategie haben Sie für den Einstieg in diesen Markt verfolgt?

Jeroen van der Meer: Solvinity war eigentlich nie ein Systemhaus, sondern vielmehr ein vorausschauender Application Service Provider (ASP). Als einer der Pioniere für cloudbasierte Dienste müssen wir die physischen Infrastrukturbausteine der Colocation durch strategische Partnerschaften mit Rechenzentrumsanbietern abdecken. Solvinity und Interxion arbeiten jetzt schon über acht Jahre zusammen. So können wir die hohe Leistung und Zuverlässigkeit eines der führenden Anbieter von Colocation-Rechenzentren in Europa nutzen, um unseren Kunden höchste Flexibilität und modernste Technik zu bieten.

Welche Herausforderungen gibt es?

Jeroen van der Meer: Mitarbeiter, die für das Outsourcing eines Rechenzentren verantwortlich sind, sind in der Regel stolz auf ihre Arbeit, sei es, dass sie das Rechenzentrum aufgebaut haben oder es seit Jahrzehnten betreiben. Hier muss Vertrauen aufgebaut werden, um sie davon zu überzeugen, das Management in Zukunft anderen zu überlassen. Meist ist ihnen durchaus klar, dass sie jemand brauchen, der das übernimmt, aber sie wollen absolut sicher sein. Wir betreuen mit unseren Managed Hosting Services Unternehmen mit komplexen Anforderungen an die Datensicherheit. Daher sind wir ständig mit Bedenken von Kunden konfrontiert, die sich mit der mangelnden Greifbarkeit von Cloud- und Managed-Hosting-Lösungen nicht wohl fühlen.

Wie begegnen Sie dieser Herausforderung?

Jeroen van der Meer: Zunächst war für uns nur die Colocation-Erfahrung von Interxion wichtig. Allerdings zeigte sich dann, dass es auch vorteilhaft für uns ist, dass der Hauptsitz des Unternehmens in der Nähe von Amsterdam liegt. Zahlreiche potenzielle, aber noch Cloud-skeptische Solvinity-Kunden haben sich bereits vom Rechenzentrum der Interxion und dem vertrauten holländischen Umfeld überzeugen lassen. Wir können einen interessierten Kunden einfach durch die Anlage führen und ihm die physische Seite der Colocation-Partnerschaft demonstrieren - ein nicht zu unterschätzender Trumpf. Aktuell haben wir dort mehr als 20 Kundenbesuche pro Jahr. Das macht sich bezahlt.
Ein weiterer wichtiger Grund, warum wir uns für die Zusammenarbeit mit Interxion entschieden haben, liegt an der Präsenz in Europa und dem Verständnis für die digitale Transformation des Marktes. Besonders in Deutschland ist man sehr zögerlich, wenn es darum geht, Unternehmensdaten in Public und Hybrid Clouds zu verlagern. Interxion verfügt hier über mehr Rechenzentren als in jedem anderen Land, vor allem am Cloud-Knotenpunkt Frankfurt.

Wie setzen Sie Managed und Cloud Services in der Praxis um?

Jeroen van der Meer: Wir sind als Unternehmen ein unkomplizierter Partner, aber wir haben hohe Standards. Die Sicherheit muss solide und zertifizierbar sein, das heißt wir engagieren externe Prüfer, um zu gewährleisten, dass alles wirklich gesichert ist. Kunden wollen zwar den Schritt in die Solvinity Cloud wagen, um von den Ressourcen einer Rechenzentrumsplattform zu profitieren, haben jedoch gleichzeitig ernsthafte Bedenken. Um diese zu entkräften, bieten wir eine Disaster-Recovery-Lösung an. Alle Daten werden täglich in die Microsoft Azure-Cloud kopiert, so dass sämtliche Services über Azure wiederhergestellt werden können. Interxion bietet das gleiche in umgekehrter Richtung an und hat eine Anwendung für das weltweite Microsoft-Netzwerk implementiert, um die Nähe zum Kunden sicherzustellen.

Wie verkaufen Sie diese neuen Services?

Jeroen van der Meer: Unsere Anwendungen und Angebote greifen viel weiter als die meisten unserer Wettbewerber. Wir bieten direkten Anschluss an die Cloud und verbinden den Kunden direkt mit dem Rechenzentrum. Kunden können beispielsweise ihre Website so skalieren, dass sie an einem Tag im Monat mit 100 Prozent und den Rest des Monats nur 1 Prozent Performance läuft. Mit Azure ist es möglich, dass 30 Tage lang tatsächlich nur ein kleiner Teil einer Website in der Solvinity-Cloud läuft und sie nur an einem Tag unmittelbar auf 100 Prozent hochschaltet, wenn am letzten Tag des Monats eine wichtige Kampagne zu mehr Traffic führt.

Was bedeutet die digitale Transformation für Ihr Unternehmen? Wie "leben" Sie den Wandel?

Jeroen van der Meer: Vor ungefähr drei oder vier Jahren wurde mir klar, dass sich das IT-Ökosystem rasant verändert. Die ganzen neuen Entwicklungen und Architekturen brachten mich zu der Überzeugung, dass die digitale Transformation nicht mehr aufzuhalten ist. Uns schien dies der richtige Zeitpunkt, auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Heute ist klarer denn je, dass der Wandel nicht mehr aufzuhalten ist.
Vor Solvinity war ich 22 Jahre für IBM tätig, habe also 30 Jahre Erfahrung in der Branche. Jeder Kunde, mit dem ich während der Verkaufsphase zu tun hatte, machte einen Quantensprung, wenn er seine eigenen Räumlichkeiten hinter sich ließ - sowohl im Hinblick auf die Services und das Know-how auf Seiten von Solvinity als auch im Hinblick auf das Rechenzentrum auf Seiten von Interxion. Solche Managed Services sind die Zukunft der Branche.

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