Service: "Sexy Product" oder lästiges Übel?

26.04.2001
Der Servicemarkt - lange Zeit als ungeliebtes Kind geschmäht - entwickelt sich mehr und mehr zum Objekt der Begierde.

Viele Anbieter an der Verkaufsfront - vom Systemhaus bis zum Retailer - liebäugeln derzeit damit, mit Kundendienst das große Geld zu machen. Aber nur wenige trauen sich, konsequent einzig und allein auf Service zu setzen. Das Risiko erscheint vielen noch zu hoch.

Zwei, die davon überzeugt sind, dass man mit reinem Service erfolgreich sein kann, sind die Ulmer Home Jumper Service AG und die Berliner PC-Notruf GmbH. Zwar sind deren Ansätze sehr unterschiedlich, was das Geschäftsmodell und den öffentlichen Auftritt angeht, aber beim Servicegedanken decken sich die Vorstellungen der beiden Unternehmen.

Beiden Anbietern ist klar, dass das Servicegeschäft große Anforderungen stellt: "Service muss man aufbauen, das Vertrauen der Kunden muss man sich erarbeiten", sieht Ziegler die Hauptanforderung in seinem Geschäft. Zuversichtlich ist er allerdings, dass noch einiges an Wachstum drin ist und bei den Kunden ein Umdenken einsetzt: "Lange Zeit wollten die Anwender alles selbst machen, aber langsam wächst die Bereitschaft, Probleme aus der Hand zu geben", so Ziegler. Dass Home Jumper noch eine ganze Menge aus dem Servicemarkt holen will, wird allein schon an den ehrgeizigen Expansionsplänen klar (siehe dazu Kasten).

Für Ziegler und für Kornegger ist es kein Thema, nebenbei noch Hard- und Software zu verkaufen: "Handel lenkt vom Service ab", kommentiert PC-Notruf Geschäftsführer Gerhard Ziegler diese Entscheidung. Auch Alexander Kornegger, Geschäftsführer von Home Jumper, will sich das Vertrauen der Kunden nicht verscherzen. Zwar stattet Home Jumper - wie auch PC-Notruf - die Kunden auf Wunsch mit Produkten aus, der Verkauf ist aber an den Service gebunden. Auch gibt es keinen festen Lieferantenstamm. "Wir sind Hersteller-unabhängig, und das soll auch so bleiben", lautet die Devise von Kornegger.Die Leistungen der beiden Anbieter sind sehr ähnlich. PC-Notruf wie auch Home Jumper bieten Vor-Ort-Service rund um die Uhr zum festen Stundensatz. Doch während PC-Notruf auf das Franchise-Modell schwört, arbeiten bei Home Jumper - frei nach dem Motto "alles aus einer Hand" - ausschließlich festangestellte Mitarbeiter.

Spätestens beim Marketing-Auftritt wird klar, dass die beiden Unternehmen vom Geschäftsmodell her unterschiedlicher nicht sein könnten. Einen rasanten Markteintritt nach Startup-Manier hat Home Jumper hingelegt: Noch nicht einmal zwei Jahre nach der Gründung hat das Unternehmen bereits 18 Niederlassungen, und seit dem Sommer laufen Werbespots im Fernsehen.

Für Aufmerksamkeit sorgte nicht zuletzt die Kooperation mit Media Markt, in deren Rahmen der Retailer die Serviceleistungen von Home Jumper zusammen mit seinen PCs verkauft. Was auch zu Spekulationen über eine eventuelle Beteiligung von Media an Home Jumper geführt hat. Die Gerüchte weist Kornegger allerdings entschieden von sich: "Eine Beteiligung ist kein Thema, wir sind auch vertriebstechnisch nicht von Media-Markt abhängig." Am Herzen liegt Kornegger außerdem die Feststellung, dass der Deal mit Media Markt keinen Exklusivitätscharakter hat: "Durch die Kooperation sind viele andere auf uns aufmerksam geworden, derzeit führen wir Gespräche in verschiedene Richtungen." Spekuliert wird auch über eine Beteiligung von Korneggers früherem Arbeitgeber Metronet am Firmenlaunch: "Natürlich waren meine Kontakte zu Metro hilfreich", gibt Kornegger zu, aber: "Metronet ist nicht an Home Jumper beteiligt". Bodenständig und solide hingegen verlief die Entwicklung von PC-Notruf (siehe Kas- ten): Das Unternehmen wurde vor zehn Jahren gegründet und hat sich langsam hochgearbeitet. Die Fühler außerhalb Berlins ausgestreckt hat das Unternehmen erst im Jahr 1998, als der Berliner Pilotbetrieb schon rentabel war. Mittlerweile hat PC-Notruf sechs Niederlassungen, bis zum Jahresende sollen es zehn werden.

Dass es bei so viel Aufwand dauert, bis Geld in den Kassen hängenbleibt, kann man sich ausrechnen. Home Jumper hat den Breakeven innerhalb der nächsten 24 Monate angepeilt. Auch bei PC-Notruf läuft das Geldverdienen nicht wie das Brezelbacken. Zwar arbeitet der Berliner Pilotbetrieb seit einiger Zeit rentabel, aber: "Eine neue Filiale braucht zwischen einem halben und eineinhalb Jahren, bis sie Profit einfährt", kommentiert Ziegler die Expansion seines Unternehmens.

Was die Prognosen für den Servicemarkt betrifft, üben sich sowohl Kornegger als auch Ziegler in Zuversicht: "Dienstleistung ist auf dem Vormarsch", glaubt Ziegler, und auch für Kornegger ist Service eindeutig "der Wachstumsmarkt, vor allem im Privatkundenbereich ist noch viel zu holen". Diese Zuversicht untermauert Home Jumper denn auch mit ehrgeizigen Zielen: 20 Millionen Mark sind für das laufende Geschäftsjahr angepeilt, und auch über die gewünschte Kundenzahl hat Kornegger klare Vorstellungen: "Ab 250.000 Einsätzen im Jahr wirds lustig", so Kornegger.

ComputerPartner-Meinung:

In der "Service-Wüste Deutschland" ist es höchste Zeit, dass Unternehmen den Bedarf an Dienstleistung erkennen. Zwei, die vom Service leben wollen, sind PC-Notruf und Home Jumper. Im direkten Vergleich drängt sich das Bild vom Tante-Emma-Laden neben dem Mega-Supermarkt auf. Auf der einen Seite das Unternehmen, das solide über Jahre hinweg den Markt beackert und langsam wächst. Auf der anderen Seite das Unternehmen mit viel Geld im Rücken und dem Anspruch, möglichst schnell das Land mit einem Filialnetz zuzudecken. Ob der Markt das jetzt schon hergibt, und ob es in dieser Branche ausnahmsweise ohne ruinösen Preiskampf und Verdrängungswettbewerb funktioniert, wird sich zeigen. (st)

PC-Notruf Computerservice GmbH

Den Händler vor Ort mit ins Boot nehmen

Seit rund zehn Jahren ist PC-Notruf im Servicegeschäft aktiv. Das Angebot umfasst heute den Vor-Ort-Service für gewerbliche und private Anwender. Auch Netzwerk-Management ist im Programm enthalten. Bei PC-Notruf kostet der Computerservice 120 Mark pro Stunde zuzüglich Anfahrtspauschale. Die Treue der Kunden will sich der Dienstleister mit einer Servicecard sichern, die in drei Varianten erhältlich ist: die Standardversion für private Anwender, die Servicecard für Netzwerke bis fünf Plätze und die Servicecard für größere Netzwerke. In der Standardausführung kostet die Karte 20 Mark monatlich, dafür spart der Kunde bei Einsätzen ein Drittel des Stundensatzes und bekommt zudem telefonischen Support. Neben dem Pilotbetrieb in Berlin unterhält PC-Notruf derzeit Franchise-Filialen in Halle, Lübeck, Magdeburg, Rostock, Bielefeld und Frankfurt/Main. Diesen Monat soll eine weitere Filiale in Koblenz eröffnet werden. Wer als Franchiser eine Filiale übernehmen will, muss bei einem Eingangstest sein unternehmerisches und technisches Verständnis unter Beweis stellen, danach folgt eine Ausbildung, die mindestens sechs Wochen bis zu mehreren Monaten dauert. Daneben unterhält PC-Notruf noch Servicestützpunkte, an denen externe Dienstleister auf Anforderung den Service übernehmen. PC-Notruf ist kein Handelsunternehmen, stattet aber die Kunden auf Wunsch mit Hardware aus. Zu diesem Zweck kooperiert das Unternehmen mit verschiedenen Herstellern, derzeit mit Elsa, Ontrack und Norman, und hat durch dadurch Zugang zur Hotline der Hersteller. Um weitere Kundenkreise auf sich aufmerksam zu machen, arbeitet PC-Notruf mit Fachhändlern zusammen, die keinen eigenen Computerservice anbieten. Vermittelt der Händler einen Auftrag an seine Kunden, bekommt er von PC-Notruf eine Provision. (st)

www.pc-notruf.de

Home Jumper Service AG

Facts & Figures

Die Home Jumper Service AG ist seit ihrer Gründung im März 1999 schnell gewachsen: Mittlerweile betreibt das Unternehmen neben dem Hauptsitz in Ulm 21 Niederlassungen in sämtlichen Bundesländern. Noch für dieses Jahr ist die Ausweitung der Geschäfte nach Österreich und in die Schweiz angepeilt. Derzeit beschäftigt Home Jumper rund 200 Mitarbeiter, bis zum Jahresende soll der Personalstand bis auf 500 anwachsen. Das Angebot von Home Jumper besteht aus Vor-Ort-Service rund um die Uhr. Für Computer-Service berechnet der Dienstleis- ter 99 Mark pro Stunde, zwischen 20 und 8 Uhr kostet die Stunde 149 Mark. Auch Netzwerk-Management bietet Home Jumper an, hier kostet die Stunde 149 beziehungsweise 229 Mark. Dazu kommt noch eine Anfahrtspauschale. Nach Unternehmensangaben besteht die Hälfte der Kunden aus gewerblichen Anwendern, darunter Freiberufler und Selbständige; die andere Hälfte sind Privatkunden. Um die anzusprechen, startete Home Jumper im August vergangenen Jahres eine Kooperation mit dem Retailer Media-Markt: Der verkauft zusammen mit seinen PCs einen "Servicekoffer" von Home Jumper für 149 Mark (siehe ComputerPartner 27/00, Seite 10). Die "Koffer"-Kooperation läuft derzeit mit 80 einzelnen Märkten. Die Ausweitung des Angebotes auf Unterhaltungselektronik ist gerade in der Planung. Noch enger wurden die Bande mit Media-Markt durch die Übernahme des Dienstleisters RSC, der mit seinem Werkstattservice in 15 Media-Märkten vertreten ist. Über RSC laufen die Garantieabwicklung sowie die Auslieferung der bestellten Ware. (st)

www.home-jumper.de

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