Shop-in-Shop: "Egoismen bündeln" und im Gemeinschaftsauftritt Geld verdienen

26.09.1997
LILIENTHAL: Die Fachhändler-Kooperation Comteam verbucht ihren zweiten Kongreß (5. Bis 7. September in München) "eindeutig als Erfolg". Neue Mitglieder wurden rekrutiert, die Vorträge kamen gut an und das neue, im Vorfeld recht umstrittene "Shop-in-Shop"-Konzept hat offenbar seine Sympathisanten gefunden.Ein Zitat von Hans-Georg Häusel aus dem vergangenen Jahr gab dem zweiten Fachhandels-Kongreß der Comteam in München dieses Mal sein Motto: "Der wahre Egoist kooperiert!" In diesem Jahr beschrieb der Geschäftsführer der Gruppe Nymphenburg in einem Vortrag das "Don-Quichotte-Syndrom" - äußerst amüsant, wie schon der Untertitel "Sieben sichere Methoden zur Beschleunigung des Computer-Fachhandelssterbens - oder wie man es verhindert" vermuten ließ.

LILIENTHAL: Die Fachhändler-Kooperation Comteam verbucht ihren zweiten Kongreß (5. Bis 7. September in München) "eindeutig als Erfolg". Neue Mitglieder wurden rekrutiert, die Vorträge kamen gut an und das neue, im Vorfeld recht umstrittene "Shop-in-Shop"-Konzept hat offenbar seine Sympathisanten gefunden.Ein Zitat von Hans-Georg Häusel aus dem vergangenen Jahr gab dem zweiten Fachhandels-Kongreß der Comteam in München dieses Mal sein Motto: "Der wahre Egoist kooperiert!" In diesem Jahr beschrieb der Geschäftsführer der Gruppe Nymphenburg in einem Vortrag das "Don-Quichotte-Syndrom" - äußerst amüsant, wie schon der Untertitel "Sieben sichere Methoden zur Beschleunigung des Computer-Fachhandelssterbens - oder wie man es verhindert" vermuten ließ.

Überhaupt war die Stimmung der (laut Veranstalter) rund 300 Abgesandten von etwa 120 EDV-Handelsunternehmen insgesamt sehr gut. Die Comteam-Mitglieder standen zwischen den Fachvorträgen zumeist friedlich vereint an runden Tischen, diskutierten über gerade Gehörtes, neue Konzepte oder die voraussichtliche Lebensdauer von Novell (übrigens: von "Novell? Wer ist Novell???" bis hin zu "Die werden es sicher packen und länger leben als Microsoft" waren alle Standpunkte vertreten).

Eindeutig im Mittelpunkt des Interesses und kontroverser Diskussionen stand das neue "Shop-in-Shop"-Konzept, das Comteam vorrangig für Computer-Shops ausgeklügelt hatte und auf dem Kongreß erstmals einem breiteren Publikum vorstellte. Ein wenig Lampenfieber dürfte die Comteam-Mannschaft dabei schon gehabt haben - schließlich neigt der IT-Fachhändler bekanntlich nicht zur Herdenbildung mit seinesgleichen ("Es gibt extrem viele Individualisten in der Branche" umschrieb beispielsweise Comteam-Vorstand und Digihaus-Geschäftsführer Dr. Jürgen Rakow vorsichtig. Entsprechend umstritten - schon im Vorfeld - war der Plan, Computershops, die bislang unter eigenen Namen agierten, jetzt mit vereinheitlichtem Erscheinungsbild auszustatten. "Womöglich gar noch mit "PC-Haus"-Logo an Tür und Schaufenstern, da soll ich dann auftreten wie die Filiale einer Computerkette", wetterte ein Kongreß-Teilnehmer noch vor dem Vortrag. Doch später zeigte auch er sich beruhigt: Die Teilnahme ist für Comteam-Mitglieder freiwillig, ein Schnupper-Angebot gibt es auch und wenn er seine Geschäftsidentität nicht ganz aufgeben mag, kann er versuchsweise ein Regalsystem ordern.

Der Balanceakt Shop-in-Shop liegt in der Verantwortung von Karl Seidel, der es auch vorstellte und Praxisbeispiele skizzierte. Sein Slogan hieß "Egoisten bündeln": Wer sich - wie oben beschriebener Teilnehmer - nicht ganz sicher ist, ob er sich längerfristig auf das Konzept einlassen möchte, kann sich erst einmal in einer Einzelaktion am "Starterpaket" beteiligen. Für rund 10.000 Mark liefert die Comteam ihm ein Regal im "PC-Haus"-Look, drei MMX-166-MHz-Computer sowie drei 15-Zoll-Monitore, die aktuell beworben werden, ein Marketing-Set mit PC-Haus-Visitenkarten, -Briefpapier und Dekomaterial. Ebenfalls im Preis inbegriffen ist die Namensnennung in einer ganzseitigen Anzeige (in PCWelt oder ComputerBild).

Stufe zwei des Schlachtplans beinhaltet die Ausstattung eines festen "PC-Haus"-Bereichs im Geschäft eines Computerhändlers, das eigentliche "Shop-in-Shop"-Konzept. Das jeweilige Fachhandelsgeschäft bewahrt dabei sein eigenständiges Erscheinungsbild, richtet aber innerhalb des Ladens - oder daran angeschlossen - einen "PC-Haus"-Bereich ein. Die dort aufgestellten Regale werden von Comteam-Personal bestückt, regelmäßig aufgefüllt und gepflegt. Teilnehmer zahlen einen einmaligen Einstiegspreis (rund 9.000 Mark) und monatlich einen Werbebeitrag in Höhe von 1.000 Mark.

Rechte und Pflichten sind etwa genauso verteilt, wie bei der dritten Variante, dem Komplett-Shop. Der ist bereits von außen vom Kunden als eigenständiges "PC-Haus" erkennbar - durch Schaufenster-Aufkleber, einheitliche Farben und das PC-Haus-Logo (Einstiegsgebühr rund 16.000 Mark, monatlicher Beitrag rund 2.950 Mark). Beide, Regal- und Shop-in-Shop-Anbieter, verpflichten sich bei der Comteam zu einer monatlichen Mindestabnahme von Produkten, so zumindest der Plan der Konzeptionierer.

Um die Qualität der "PC-Haus"-Händler zu sichern (es wird definierte Regeln für die Qualifizierungsmaßnahmen geben, Comteam feilt sie derzeit noch aus), verpflichten sich die Teilnehmer zum Besuch bestimmter Schulungen. Diese Schulungen, so plant Comteam-Geschäftsführer Karl Ulrich Schönemeyer, werden von qualifizierten Kooperationsmitgliedern durchgeführt, eine frischgebackene Projektgruppe "Schulungszentren" werde voraussichtlich 1998 in medias res gehen.

Zu den Leistungen, die die Comteam der zweiten und dritten Gruppe dafür bietet, gehören - neben den traditionellen Kooperations-Vorzügen - unter anderem eine eingehende Standortberatung, die Einrichtung der Shops beziehungsweise der für PC-Haus reservierten Ladenfläche, günstigere Preiskonditionen, gemeinsame Werbung, Sortimentsberatung und gezielte Marktbeobachtung. Auf längere Sicht könne man sogar eine eigene "PC-Haus"-Computermarke in Betracht ziehen, lockt Seidel. Grundvoraussetzung für eine Teilnahme am PC-Haus-Programm ist - ähnlich wie schon bei der "Aufnahmeprüfung" in die Comteam-Gruppe, die Stellung und der Nachweis des notwendigen Eigenkapitals. Denn schon bei der Bewerbung um Mitgliedschaft bei der Händlerkooperation sollte der interessierte Händler einen Überblick über seine Finanzlage bieten können - was offenbar nicht selbstverständlich ist. Viele mögliche Partner, so ein Comteam-Mitarbeiter, wüßten vielleicht gerade einmal ihren Jahresumsatz, schon beim Profit kämen die Angaben spärlich und von Liquiditätsrechnungen hätten erschreckend viele Handelsbetriebe schlicht keine Ahnung. So kommt es, daß laut Schönemeyer rund die Hälfte der Bewerber wegen fehlender Bonität nicht aufgenommen wird. Auch Mitglieder müssen mit dem Risiko leben, wegen mangelhafter Liquidität ausgeschlossen zu werden - in den letzten zwei Jahren waren das immerhin fünf Prozent der Kooperationspartner. "Wir gehen auf Wunsch auch in die Bankgespräche mit rein, wir haben da ja Experten bei der Hand", erklärt Schönemeyer. "Aber manche kommen einfach zu spät auf uns zu." Er hofft allerdings, daß sich die Lage bis Ende dieses Jahres/Anfang des nächsten entspannt: "1997 haben wir alle das verlangsamte Wachstum zu spüren bekommen - und natürlich haben auch die Banken den Druck auf den Handel gesehen. Deshalb waren die Bonitätsprüfungen deutlich restriktiv. So hat es in der Vergangenheit von der Vertragsunterschrift bis zum Bescheid der Banken teilweise drei bis vier Monate gedauert. Aber schon heute sehen wir die Verbesserung - jetzt dauert es in der Regel sechs bis acht Wochen." Überhaupt verspürt der Comteam-Chef zunehmend Rückenwind: "Wir haben jetzt 400 Mitgliedsunternehmen, gegen Ende des Jahres werden es wohl 450 sein. Damit läßt sich doch etwas erreichen." Theoretisch, so spielt er mit Marktzahlen, gäbe es für die Comteam ja "35.000 bis 40.000 mögliche Mitgliedsbetriebe - unter IT-, UE- und TK-Händlern". Praktisch, so Schönemeyer weiter, "sind wir schon froh, wenn wir mal 1.000 erreicht haben". Dann nämlich seien eine Segmentierung und eine stärkere Interessenfokussierung möglich. Doch auch der derzeitige Mitgliederstand scheint sich in der Praxis bemerkbar zu machen. Ein Systemhauspartner auf dem Kongreß: "Ich bin seit 1992 bei der Comteam dabei - wegen der Einkaufskonditionen und so. Aber seit diesem Jahr, das merkt man, da geht es richtig ab!" (du)

Laut Comteam-Geschäftsführer Karl Ulrich Schönemeyer wird die Fachhandelskooperation bis zum Jahr 2000 rund 1.000 Mitglieder zählen.

Gute Gespräche unter Kollegen, Frotzeleien und Seitenhiebe für die Hersteller: Der zweite Fachhandelskongreß der Comteam war ein Erfolg. Im nächsten Jahr erwarten die Veranstalter noch mehr Teilnehmer (dieses Mal: 300) - dann nämlich gäbe es keine Ablenkung durch Urlaubszeit, IFA und den Presserummel um Lady Di...

So sollen die Computer-Shops der Comteam-Mitglieder aussehen, wenn sie sich am Shop-in-Shop-Konzept beteiligen.

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