Shoppen mit Arzt

06.07.2007
Lieber Dr. T., ich habe meinen Kundenstamm analysiert und eine erschreckende Vergreisung festgestellt. War mein Klient 1987 im Durchschnitt 26 Jahre, so liegt der Mittelwert heute bei 52! In 20 Jahren sind meine Kunden also 104 Jahre alt - bitte helfen Sie mir!

Mensch, lesen Sie denn keine Zeitungen oder Bücher von Frank Schirrmacher? Wenn doch, dann sollten Sie wissen, dass diese Überalterung nicht nur Ihre Klientel, sondern ganz Deutschland betrifft. Bis in 100 Jahren sind wir ausgestorben, nur Jopi Heesters hält dann noch die Deutschlandfahne hoch. Zum Glück haben die Hersteller die Brisanz des demografischen Wandels erkannt, wie die ChannelPartner-Umfrage in der vergangenen Ausgabe zeigte. Zugegeben, der Senioren-PC ist ein Megaflop, aber das liegt meines Erachtens nur am falschen Wording. Wer will schon gern als "Best Ager", "Silver Surfer" oder "50 plus" bezeichnet werden. Hier braucht es neue Slogans wie "Inkontinental Lifestyle", "Grey IT" oder "Digital Dying" (jetzt nur so in den Eimer gesprochen, wie mein Chef sagen würde). Tchibo - ein Unternehmen, das seit der Erfindung der Kaffeemaschine Trends setzt - hat die veränderten Rahmenbedingungen erkannt und Maßnahmen ergriffen: Ab sofort bietet der Kaffeeröster "ärztlich begleitete Rundreisen" an. Das sollten Sie kopieren, bevor es ein anderer tut! Gründen sie den ersten "medizinisch überwachten Fachhandels-Shop für IT, TK und CE"! So ein Best Ager, oder wie wir sie nennen wollen, kippt gern mal um oder bekommt angesichts des Preises für das neue HD-ready-Display Herzrhythmusstörungen. Da ist ein Arzt in der Nähe ein absolutes Muss, wenn nicht sogar ein USP. Ich schlage vor, Sie platzieren den Mediziner auf so einem Tennislinienrichterhochstuhl (liebe Tennisspieler: Bitte verzeiht diese laienhafte Ausdrucksweise, ich spiele kein Tennis, sondern nur Minigolf), sodass er im Falle eines Falles sofort eingreifen kann. Wenn Sie auch noch folgende Tipps beachten, sind Sie bis mindestens 2050 für den demografischen Wandel gerüstet - und dann kommt sowieso die Klimakatastrophe:

1. Nutzen Sie Cross- und Upselling-Möglichkeiten!

Ob die Lupe zum iPod, oder das Hörrohr zum 5.1-Surround-System - mit margenstarkem Zubehör gleichen Sie leicht die zusätzliche Bera-tungsleistung aus, die durch die geistige Schwerfälligkeit Ihrer Geronto-klienten verursacht wird (vorausgesetzt, Ihr Kunde vergisst nicht mitten im Verkaufsgespräch, was er überhaupt bei Ihnen wollte). Neben der Kasse sollten Sie Impulsware wie Kukident-Tabletten, Tena-Lady-Pakete, lila Haarfarbe und Krückstöcke platzieren.

2. Kooperieren Sie!

Ihre in die Jahre gekommene Klientel ist froh, wenn sie nicht so weit laufen oder gar die Straße überqueren muss. Deshalb bietet sich ein integriertes Shop-in-Shop-Konzept geradezu an. Sprechen Sie doch einmal mit der Trauerhilfe Denk oder dem Sanitätshaus von Schlieben über Kooperationsmöglichkeiten mit Win-Win-Situation.

3. Machen Sie Werbung!

Dabei kommt es natürlich auf das richtige Format und die korrekte Platzierung an. Nehmen Sie eine seehr, seehr große Schrift (und wenn ich groß sage, dann meine ich groß!) Inserieren Sie in der Apotheken-Um-schau oder - noch besser - in Ihrer lokalen Tageszeitung auf der letzten Seite, direkt neben den Todesanzeigen! Das rät Ihr

gebrechlicher Best Ager

Dr. T.

Dr. T.'s Sprechstunde finden Sie noch bis zum Juli 2032 alle 14 Tage in ChannelPartner und online im CP forum.

Haben auch Sie Ihre Frage, Ihre Brille und Ihre Zähne vergessen? Schreiben Sie trotzdem eine Mail an thafen@channelpartner.de

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