Sicherer Fußball in Hannover

05.10.2006
Bisher hat die Protec Service GmbH die Sicherheitskräfte für Veranstaltungen in der Hannoveraner AWD-Arena telefonisch akquiriert. Nun geschieht das über ein Portal.

Von Dr. Ronald Wiltscheck

Fußballspiele sind voller Emotionen, da gehen schon mal einigen Fans die Nerven durch. Damit so etwas nicht eskaliert, sind immer speziell geschulte Ordner in den Fußballstadien tätig. So auch der Fall in Hannover, in der AWD-Arena.

Bereits seit neun Jahren sorgt die Protec Service GmbH dafür, dass in dem Hannoveraner Fußballstadion bei Veranstaltungen aller Art genügend Ordnungskräfte vor Ort sind. Außerdem kümmert sich der Dienstleister darum, dass die AWD-Arena nach der Veranstaltung wieder gereinigt wird.

Bisher nur telefonische Akquise von Arbeitskräften

Während der diesjährigen Fußball-WM musste Protec beispielsweise dafür Sorge tragen, dass für jedes in Hannover stattfindende WM-Spiel mindestens 900 Sicherheitskräfte engagiert wurden. Bisher funktionierte dies in der Regel so, dass zwei Mitarbeiter von Protec im Vorfeld der Veranstaltung über 48 Stunden am Stück telefonierten, um den Personalbedarf zu rekrutieren. "Damit wir unseren Bestand an Sicherheitskräften so schnell wie möglich kontaktieren konnten, war bisher eine 24-Stunden-Hotline geschaltet, über die sich die angefragten Personen jederzeit anmelden oder auch abmelden konnten", schildert Sanja Blumendorf, Verantwortliche für das Veranstaltungsmanagement bei Protec, die Ausgangssituation.

Für den Dienstleister bedeutete dies, dass ein Mitarbeiter Tag und Nacht telefonisch erreichbar bleiben musste. Doch nicht nur die zeitraubende telefonische Akquise und Auswahl der richtigen Sicherheitskräfte waren jedes Mal ein Kraftakt. Auch die administrativen Abläufe im Hintergrund, etwa die Erfassung der von den Ordnern geleisteten Arbeitsstunden und das Ausbezahlen der entsprechenden Löhne waren bei dieser großen Anzahl an externen Arbeitskräften ein Ressourcen verschlingendes und nervenaufreibendes Unterfangen.

Portal zum Rekrutieren von Personal

So konnte es natürlich nicht weitergehen. Aus diesem Grund beauftragte Protec im Vorfeld der WM seinen langjährigen IT-Partner CM Systemhaus GmbH damit, eine passende Portallösung zu entwickeln. Darüber sollten die Personalakquise beschleunigt und die daran hängenden Verwaltungsprozesse vereinfacht werden. Ein weiteres Ziel war es, den Einsatz der Sicherheitskräfte bei Veranstaltungen effizienter planen zu können. Auch galt es, die Reaktionszeiten bei Störungen zu verkürzen. Nur auf diese Weise war für Protec ein möglichst reibungsloser Ablauf der Fußball-WM in Hannover denkbar.

Auf diese Anforderungen hin hat die in Hannover ansässige CM Systemhaus GmbH ein Workflow-Konzept auf Basis des Easy Logistics Centers entwickelt. In diesem laufen alle bisher manuellen Arbeitsprozesse quasi automatisch ab. En detail funktioniert dies so: Alle in Frage kommenden Ordner werden von dem System via SMS und/oder E-Mail persönlich angeschrieben. Ist der auf diese Weise kontaktierte potenzielle Mitarbeiter an einer Tätigkeit als Ordnungskraft interessiert, loggt er sich auf seiner persönlichen Seite im Portal ein, wählt das entsprechende Event aus und bestätigt die Teilnahme oder lehnt sie ab.

Die so generierte Antwort des Ordners leitet das System automatisch an den zuständigen Protec-Mitarbeiter weiter. Dieser plant dann je nach Bedarf die Sicherheitskraft ein und trägt sie in das System für diese spezielle Veranstaltung ein. Selbstverständlich kann der interessierte Ordner sich auch weiterhin übers Telefon oder via SMS anmelden. In diesem Fall muss der Protec-Verantwortliche die Eingaben manuell ins Portal einstellen.

Dies bringt natürlich auch Vorteile für die sich selbstständig anmeldenden Mitarbeiter: "Unsere Sicherheitskräfte können nun erstmals selbst aktiv werden. Sobald sie sich auf ihren personalisierten Portalseiten angemeldet haben, werden alle anstehenden Events aufgelistet, und sie können sich dort wie gewünscht anmelden", verdeutlicht Sanja Blumendorf von Protec einen weiteren Mehrwert des Easy-Portals.

In fünf Minuten 1.000 Ordner benachrichtigen

So dauert es jetzt gerade mal fünf Minuten, um 1.000 potenzielle Ordnungskräfte zu benachrichtigen. Deren Rückmeldung ist durch das Workflow-basierte Portal weitgehend automatisiert, und Protec-Mitarbeiter sehen nun jederzeit, wo sie in ihrer Personalplanung stehen und wie viele Ordnungskräfte bei bestimmten Events noch fehlen. Im Vergleich zum bisherigen manuellen Rekrutierungsverfahren, das jeweils etwa 100 Mannstunden in Anspruch genommen hatte, bedeutet das Easy-Portal eine enorme Effizienzsteigerung.

Dabei berücksichtigt das System auch, wo einzelne Ordner tatsächlich eingesetzt werden, ob für die Sicherung des VIP-Bereichs und der Mannschaftsräume oder für die Überwachung der Zuschauerränge, für die Karten- und Personenkontrolle. Und nicht nur für Fußballspiele von Hannover 96 werden Ordnungskräfte benötigt, sondern auch für andere Events in der AWD-Arena.

Bei diesen Sonderveranstaltungen werden in der Regel Sicherheits- und Ordnungskräfte mit speziellen Qualifikationen benötigt, beispielsweise mehrsprachige Fachkräfte oder speziell geschulte Sicherheitsspezialisten mit guten Manieren. Diese besonderen Einsätze werden über einen separaten Workflow im Easy-Portal abgebildet, da sich dort die Sicherheitskräfte nicht einfach anmelden können, sondern sich um die freien Stellen regelrecht "bewerben" müssen.

Jede einzelne Bewerbung prüft der zuständige Protec-Mitarbeiter. Dazu ruft er die digitale Akte des Bewerbers auf und stellt fest, ob der Bewerber dem Anforderungsprofil an die freie Stelle entspricht. Ist dies der Fall, weil sich der interessierte Mitarbeiter beispielsweise schon früher bewährt hat, wird er darüber via E-Mail benachrichtigt. Dies alles passiert innerhalb des Portals, das heißt, der Protec-Mitarbeiter muss keinesfalls mehrere unterschiedliche Anwendungen öffnen, auch zum Versand der Bestätigungs-E-Mail benötigt er also keinen dezidierten Client.

Digitale Personalakte

Grundlage des neuen Easy-Portals bei Protec sind die sogenannten Ordner-Akten. Entsprechend einer klassischen Personalakte beinhalten sie sämtliche relevanten Informationen all der im Bestand von Protec erfassten Sicherheitskräfte. Neben den allgemeinen Stammdaten sind dort vor allem die Angaben zu beruflichem Status sowie über die bereits bei Protec geleisteten Tätigkeiten enthalten. Darüber hinaus finden sich in der digitalen Personalakte auch Fakten zu weiterführenden Qualifikationen einschließlich aller schriftlichen Unterlagen und Zeugnisse. Denn sowohl beim Einteilen der Ordner in verschiedene Tätigkeiten, orientierte Gruppen als auch bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern werden diese Informationen von Protec als Selektionskriterien herangezogen.

So muss beispielsweise bei einer Sicherheitskraft mit dem beruflichen Status "Student" immer eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung vorhanden sein. EU-Ausländer müssen stets eine gültige Aufenthaltsgenehmigung vorweisen. Hinzu kommt auch das Vorhalten aktueller polizeilicher Führungszeugnisse. Denn gerade bei Sonderveranstaltungen im gehobenen Ambiente werden Ordner mit verschiedenen Sprach- und Bildungskenntnissen bevorzugt; Vorbestrafte dürfen daran nicht teilnehmen.

"Diese komfortable Form der Kreuzsuche war früher nicht möglich, da wir alle Personal- und Zusatzinformationen in einer Excel-Liste geführt haben. So konnten wir beispielsweise nie sicherstellen, ob alle als "Studenten" geführten Arbeitskräfte tatsächlich noch immatrikuliert waren", erinnert sich Blumendorf. Somit bestand stets die Gefahr, dass unter ungünstigen Umständen empfindliche Lohnnebenkosten-Nachzahlungen drohen konnten. "Wir konnten unsere Personaldaten nach den notwendigen Unterlagen in der zur Verfügung stehenden Zeit schlichtweg nicht durchforsten", so die Protec-Mitarbeiterin weiter.

Heute werden die Personaldaten anhand des vordefinierten Workflows administriert. Das heißt: Sollte ein Student seine Immatrikulationsbescheinigung nicht rechtzeitig eingereicht haben, wird er für die Tätigkeit als studentische Hilfskraft gesperrt. Gleichzeitig erinnert ihn das System, seinen Status als Student mit amtlichen Unterlagen zu belegen. Auch weitere Angaben zur Person können die erfassten Ordner in ihrer eigenen Akte ändern, beispielsweise ihre Adresse oder Telefonnummer. Dabei überprüft das System die Änderungen hinsichtlich ihrer Plausibilität und unterstützt auf diese Weise ebenfalls die Protec-Sachbearbeiter.

Aber auch neue Veranstaltungen in der AWD-Arena lassen sich mithilfe des Easy-Portals planen. Dabei herrscht bei Protec das sogenannte Vier-Augen-Prinzip, das ebenfalls im Workflow abgebildet wird. Zunächst werden bei der Anlage des neuen Events alle Rahmendaten spezifiziert. Dazu zählen Auftraggeber, Termin, Aufgaben und Einsatzgebiete, Anzahl der benötigen Ordnungskräfte, Kleidervorschriften, benötigte Qualifikationen und so weiter. Schriftliche Dokumente wie Verträge oder Sondervereinbarungen landen automatisch im Easy-Archiv. Anschließend leitet der Sachbearbeiter all diese Informationen an den Leiter des Eventschutzes weiter, der nach eingehender Prüfung der Unterlagen die Veranstaltung freigibt. Jetzt erscheint der Einsatz auf dem Portal und steht den Interessenten zum Anmelden beziehungsweise für eingehende Bewerbungen zur Verfügung.

Im Zeitrahmen geblieben

Daran, dass der Easy-Partner CM Systemhaus dieses komplexe Projekt durchführen würde, bestand nie ein Zweifel. Man kannte sich ja bereits bestens, sodass man sich nach einer Woche schon einig geworden war. Dennoch lief nicht alles glatt in diesem Projekt. Der Import der Daten aus der Excel-Datei gestaltete sich schwieriger als geplant. So mussten die Daten vor dem eigentlichen Import erst entsprechend aufbereitet werden. Diese Arbeit hat die Dauer des Projekts um drei Tage verlängert.

Dennoch: Nach vier Wochen lief bereits alles. Und das trotz der äußerst ehrgeizigen Vorhaben: Immerhin hat CM Systemhaus mit Protec vereinbart, in diesem kurzen Zeitrahmen alle Vorgaben des Kunden umzusetzen. Das heißt, der Workflow sollte vollautomatisch ablaufen und bei Bedarf Hunderte von SMS- und E-Mail-Nachrichten an die potenziellen Arbeitskräfte verschicken. Auch die Anpassung des Portals an die Bedürfnisse der Anwender bei Protec war alles andere als einfach. Denn die User wiesen unterschiedliche EDV-Kenntnisse auf, teilweise haben sie noch nie an einem PC gearbeitet. Deswegen hat CM Systemhaus einige Zeit benötigt, um das System allen Nutzern verständlich zu machen.

Zum Schulen der Protec-Mitarbeiter hat der Easy-Partner acht Mannstunden aufgewendet, davon drei Stunden für einen komprimierten Lehrgang der Sachbearbeiter im Veranstaltungsschutz. Drei Mitarbeiter der Eventagentur mussten gesondert und individuell in das System eingewiesen werden. Denn nicht alle Anwender müssen mit dem Komplettpaket umgehen können.

Insgesamt hat der Dienstleister 550 Mannstunden an Arbeitszeit für das Projekt bei Protec aufgewendet. Damit gingen für den Kunden Kosten in Höhe von 65.000 Euro einher - das meiste davon für Softwarelizenzen und damit zusammenhängende Services. Der Aufwand für Hardware hielt sich mit 6.500 Euro in Grenzen. Ein Wartungsvertrag existiert derzeit noch nicht, ist aber geplant. So soll künftig Easy für die fortlaufende Funktionsweise des "Logistics Center"-Portals Sorge tragen. Der Hersteller wird dann direkt an den Kunden die hierzu notwendigen Patches und Bugfixes liefern und ihn mit den neuesten Weiterentwicklungen versorgen.

Zeiterfassung via Fingerabdruck

Bereits seit fünf Monaten läuft das neue Ordner-Portal bei Protec im Echtbetrieb. Erste Erfahrungen zeigen, dass die vorgegebenen Ziele erreicht wurden. Die Easy-Lösung half, den Aufwand beim Rekrutieren der Ordnungskräfte von früher 100 Mannstunden pro Event auf wenige Minuten zu reduzieren. Auch die Einsatzplanung bei Fußballspielen und anderen Veranstaltungen geht wesentlich einfacher vonstatten.

Sicherheitskräfte können jetzt den Kundenanforderungen entsprechend ausgewählt werden. Dies geschah bereits während der diesjährigen Fußball-WM und setzt sich in den Bundesligaspielen von Hannover 96 fort. Künftig sollen die Abrechnung und die Kalkulation der Löhne automatisiert ablaufen. CM Systemhaus entwickelt bereits eine passende Lösung. "Es wird ein betrugssicheres und minutengenaues Abrechnungssystem auf Basis des Fingerabdrucks. Denn den kann man weder verleihen noch verlieren. Und er identifiziert den Träger eindeutig", blickt Sanja Blumendorf in die Zukunft.

Davon profitiert natürlich auch Protecs IT-Partner. Das CM Systemhaus hat eine interessante Referenz für das Easy-Portal gewonnen. Das Produkt ist nun serienreif und soll an andere Veranstalter, Eventagenturen und Security-Firmen aus dem Bundesligafußballbereich vertrieben aber auch anderen Sportarten und Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden. Erste vielversprechende Kontakte existieren bereits.

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