Sicherheit auf einem Quadratmillimeter

14.02.2002
Vor ungefähr vier Jahren entdeckten die Physiker Steffen Noehte und Matthias Gerspach, dass sich auf Tesafilm mittels Lasertechnik Daten speichern ließen. ComputerPartner (Ausgabe 8/99, Seite 38) berichtete im März 1999 darüber. Jetzt sind erste auf dieser Technologie basierende Produkte marktreif.

Bis zum ersten billigen Datenspeicher auf Tesafilm dauert es noch etwas. Aber basierend auf dieser Technologie haben die beiden Physiker Noehte und Gerspach im Heidelberger Forschungsinstitut European Media Laboratory, kurz EML, ein Sicherheits- oder Datenlabel entwickelt, das kurz vor der Markt-reife steht. Auf einem nur rund ein Quadratmillimeter großen Stückchen modifizierten Tesafilm lassen sich mit der neuen Technologie bis zu 16 MB an Daten speichern. Damit ist die Datenmenge mehrere 1.000-mal größer als bei einem herkömmlichen Barcode.

So funktioniert es

In dem "Tesafilm" wird mit Hilfe eines Lasers eine Art Hologramm geschrieben. Dazu verwenden die Forscher eine spezielle Art von Laserdrucker mit einer Auflösung 25.000 bis 50.000 dpi. Normalerweise werden solche Hologramme Punkt für Punkt in das Medium gebrannt. Die größte Schwierigkeit lag dabei darin, den Laser genau zu positionieren. Schon die kleinsten Erschütterungen machten den Schreibvorgang zunichte. Trotz aufwändiger Schwingungsdämpfer reicht schon das Husten eines Mitarbeiters aus, um den Laser abzulenken.

Deshalb entwickelten die Forscher eine Hochgeschwindigkeitselektronik, die den gesamten Datensatz in einem Rutsch schreibt. "Elektronik ist billiger als Mechanik", so Noehte. Gleichzeitig konnten die Forscher das Gerät sehr klein aufbauen, sodass niedrigfrequente Schwingungen erst gar nicht mehr auftreten können.

Nach dem Beschreiben des Films kann er auf dem zu schützenden Gegenstand aufgebracht werden. Dank der Klebebeschichtung an der Unterseite lässt sich das Label nicht mehr entfernen, ohne es zu beschädigen. Zum Auslesen wird das Label einfach mit einem Laser beleuchtet, und ein CCD-Sensor aus einer einfachen Digitalkamera kann die Daten dem Computer wieder zugänglich machen. Neben den reinen Computerdaten lassen sich aber auch Hologramme einfügen. Diese können bei durchsichtigen Medien dann einfach mit einem Laser durchstrahlt werden. Das Hologramm wird dann auf einem zum Beispiel dahinter gehaltenen Papier sichtbar (siehe Bild). Ist das zu schützende Medium undurchsichtig, lässt sich das Hologramm mit einem speziellen Lesegerät reflektiv auf einer Mattscheibe sichtbar machen.

Markteinführung

Um dieses Produkt zu vermarkten, wurde das Projekt aus dem European Media Laboratory ausgliedert. Die neue Firma mit Sitz in Mannheim trägt den Namen Tesa Scribos GmbH und wird von der Hamburger Tesa AG finanziert. Als Geschäftsführer fungieren Chris-toph Dietrich und Steffen Noehte.

Noehte sieht ein riesiges Entwicklungspotenzial in seiner Entdeckung. Neben fälschungssicheren Labeln soll das Produkt auch die Logistik beim Versand und bei der Lagerhaltung revolutionieren.

Der Bedarf an fälschungssicheren Aufklebern ist riesig. Nicht nur die IT-Industrie leidet unter Fälschungen beziehungsweise Raubkopien. Auch Güter des täglichen Bedarfs oder Luxusartikel werden gefälscht und überschwemmen den Markt. Der Industrie gehen so jährlich mehrere Millionen Euro verloren. Nicht nur dass Käufer getäuscht werden und ein minderwertiges Produkt zu überhöhten Preisen kaufen, auch der Sicherheitsaspekt darf nicht vergessen werden.

Besonders die Automobilbranche und die Flugzeugindustrie haben unter diesen Fälschungen zu leiden. Gefälschte oder ausgeschlachtete Ersatzteile sorgen immer wieder für Schlagzeilen, wenn sie zu spektakulären Unfällen führen. Noehte und seine Kollegen arbeiten zurzeit daran, das Label auch bei höheren Temperaturen einsatzfähig zu machen. Dann könnte beispielsweise ein solches Label direkt auf dem entsprechenden Ersatzteil aufgebracht werden. In diesem Label sind dann alle relevanten Daten, wie beispielsweise Herstellungsdatum oder Lieferant, enthalten. Mit einem einfachen Lesegerät lässt sich dann blitzschnell feststellen ob es sich um ein Original-Ersatzteil, um eine Fälschung oder um eine ausgeschlachtete Komponente handelt.

www.eml.villa-bosch.de

ComputerPartner-Meinung:

Von der Entdeckung bis zur Marktreife haben die Entwickler nur knapp vier Jahre benötigt. Mit dem Label steht der Industrie ein preiswertes Instrument zur Verfügung, das recht fälschungssicher ist. Das ist erst der Anfang, und wir können gespannt sein, wie es mit dem preiswerten Massenspeicher Tesa-ROM weitergeht. (jh)

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