Siemens hat die IT-Aufgaben erkannt - jetzt muß sie sie lösen

18.02.1999

Der Countdown für die Zukunft von Siemens hat begonnen. Das wurde deutlich bei der Neuvorstellung der Abteilung "Information and Communications" (IC). Der Konzern will im am "schnellsten wachsenden Markt der Welt" (Siemens-Vorstandsvorsitzender Heinrich von Pierer) das zu eng gewordene Gewand des deutschen Platzhirschs gegen das des weltweiten Anbieters von Sprach- und Datenkommunikation wechseln."Speziell für uns ist der Trend zur Vernetzung eine Riesenchance", trommelt der Vorstandsvorsitzende öffentlich quer durch alle Medien und Kanäle. Hausintern schallt als Echo durch alle Gänge: "-... ist der Trend unsere größte Herausforderung" (von Pierer). Weshalb Siemens für die 50 Milliarden Mark Umsatz starke und insgesamt rund 110.000 Mitarbeiter zählende IC-Abteilung sogenannte "Task forces" eingerichtet hat. Diese sollen die Mitarbeiter des immer wieder als "tönernen Riesen" bezeichneten und von vielen auch so erlebten Konzerns auf die vorgegebenen Ziele eines "Global player" hin trimmen.

Die Grundlage für das ehrgeizige Unternehmensziel bildet die hochgehandelte "Konvergenz der Kommunikationsnetze". Man sei bestens gerüstet für diese sich abzeichnende Welt, in der Daten und Sprache den Weg über das schnellste gerade zu Verfügung stehende Netz nehmen sollen und nicht wie bisher je nach Kommunikationsmedium entweder über Sprach- oder Datenleitungen gehen. Immerhin ist der Konzern auf allen Feldern, die für das Konvergenzprojekt entscheidend sind, bereits mit eigenen Produkten und Dienstleistungen tätig: Telekommunikation, Datenverarbeitung und, nicht zu vergessen, Energieversorgung.

Auf diesen drei Gebieten sieht sich Siemens in der Rolle des weltweiten Anbieters von Ruf. Jetzt geht es laut von Pierer darum, der Welt und den Kunden auch klarzumachen, daß der Konzern das in einzelnen Sparten vorhandene Wissen und Können vernetzen kann. Damit seine "einzigartige Stellung im Wettbewerb" (von Pierer) auch in Geschäftserfolge umgemünzt werden kann.

Doch wie Siemens schon oft schmerzlich erlebt hat, wartet die Welt nicht darauf, mit welchen Programmen die Schreibtische der Mitarbeiter beladen werden. Sondern sie sieht sich, wenn sie ein Problem zu lösen hat, auf dem Markt um und nimmt dasjenige, das der Vorstellung am ehesten entspricht. Dabei spielt immer weniger eine Rolle, welche Meriten sich der Anbieter in der Vergangenheit erworben hat. Im Zeitalter der Globalisierung zumal.

Der Kunde fragt heute nach Lösungen. Und er entscheidet sich für den, der sie jetzt offerieren kann - zu wettbewerbstauglichen Konditionen heute und in Zukunft. Um ein Beispiel zu geben: Wer jetzt in PCs investiert und dabei das Angebot von Siemens studiert, möchte wissen, ob er auch im kommenden Jahr noch in Augsburg ordern kann oder nicht.

Für Siemens heißt das: Das Unternehmen hat sich lange genug mit sich selbst beschäftigt, um sich eine zukunftsträchtige Ausrichtung und Organisation zu geben. Jetzt kommt es darauf an, das quer durch alle Kanäle kommunizierte Programm mit Leben zu erfüllen. Intern und extern. Die Zeit der Grundsatzdiskussionen um die IT-Zukunft des Hauses sollte deshalb beendet werden. Die rund 110.000 Siemensianer sind mit der Umsetzung des neuen Programms genügend ausgelastet.

Wolfgang Leierseder

wleierseder@computerpartner.de

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