Siemens: Schmiergelder in sieben von zehn Abteilungen?

10.05.2007
Der Schmiergeldskandal bei dem Münchener Konzern Siemens AG droht sich konzernweit auszuweiten.

Der Schmiergeldskandal bei dem Münchener Konzern Siemens AG droht sich konzernweit auszuweiten. Wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtete, stehen nach Angaben aus dem Aufsichtsrat sieben der zehn Konzernsparten unter Korruptionsverdacht. Die von Siemens mit der Untersuchung des Ausmaßes der Korruptionsdelikte beauftragte US-Kanzlei Debevoise & Plimpton habe das dem Aufsichtsrat vor zwei Wochen mitgeteilt. Die SZ beruft sich auf Teilnehmer der Aufsichtsratssitzung vom 25. April dieses Jahres.

Diese hätten übereinstimmend berichtet, die US-Kanzlei habe neben der Sparte Com folgende sechs weitere Unternehmensbereiche angeführt, die unter Verdacht geraten seien: Medizintechnik, Schienenfahrzeuge und Verkehrssysteme (Transportation Systems), Kraftwerke (Power Generation), Energieübertragung (PTT), Elektronische Datenverarbeitung (SIS) und die Autozulieferersparte VDO, deren Börsengang geplant ist.

Siemens wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern.

Laut den Teilnehmern der Aufsichtsratssitzung hatte die Anwaltskanzlei erklärt, sie konzentriere sich auf die Untersuchung der vielen Beraterverträge, die der Konzern in den vergangenen Jahren abgeschlossen hat.

So habe die Sparte Telekommunikation (Com) fast 2.000 Abkommen mit einem Volumen von etwa einer Milliarde Dollar abgeschlossen. Die anderen Konzernsparten hätten zwischen 7.000 bis 8000 zu prüfende Beraterverträge abgeschlossen. Bis heute habe die Kanzlei rund ein Fünftel dieser bis zu 10 000 Kontrakte untersucht. Die Vertreter der Kanzlei erklärten, diese Beraterverträge seien von Siemens unzureichend kontrolliert worden.

Die Münchner Staatsanwaltschaft hatte bei ihren Ermittlungen gegen die Com-Abteilung herausgefunden, dass konzernintern Schmiergeldzahlungen oftmals über Beraterverträge abgewickelt wurden. Das bestätigten die zehn Geständnisse von Managern und Mitarbeitern.

Diesen zufolge dienten die Beraterverträge zum einen dazu, hohe Beträge aus dem Konzern heraus in schwarze Kassen zu schleusen, um diese als Schmiergeld nutzen zu können. Zum anderen wurden die Abkommen auch direkt für Schmiergeldzahlungen genutzt. Diese wurden den Geständnissen zufolge als Beraterhonorare verschleiert.

Zuvor hatte die britische "Financial Times" unter Berufung auf einen Kanzleimitarbeiter berichtet, Bestechung sei bei Siemens eine "allgemein übliche Praxis" gewesen.

Welche Konsequenzen der neue Verdacht für den Münchener Konzern in den USA hat, ist derzeit offen. Allerdings wird die amerikanische Börsenaufsicht SEC solche Berichte genau studieren. Die SEC ermittelt offiziell gegen die in den USA börsennotierte Siemens wegen des Verdachts der Korruption. (wl)

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