Sind weniger Lieferanten bessere Umsatzgaranten?

24.02.2000

"Verkaufen ist wie Liebe" musste ich einst auf einem Verkaufsseminar für Fachhändler lernen. Höchst dynamisch hüpfte vor über 100 Zuhörern ein Motivationstrainer herum - und brachte schließlich die gesamte Mannschaft dazu, die Hüften zu schwingen und eselsmäßig "I-ahh, I-ahh" zu singen. Die Moral aus der Geschichte war klar und deutlich: Wer die Leute begeistern will, muss sie beim Gefühl packen, der Verstand fällt nur peripher ins Gewicht.

Jetzt habe ich einen Händler getroffen, der scheint diesen Kurs auch besucht zu haben. Außerdem weiß er, dass man seine Liebe nicht auf unendlich viele Objekte der Begierde richten kann, denn das schmälert den Erfolgsfaktor zumeist ungemein. Zwei Stunden lang offenbarte er mir seine Leidenschaft für Toshiba, bis ich schließlich die Geräte mit den Gläsern seiner rosaroten Brille zu sehen begann. Als Anschauungsmaterial hatte er auch Konkurrenzprodukte vor Ort, die aber schon ganz schön heruntergekommen aussahen und auf denen mein empörter Händler herumklopfte und erklärte: "Das ist doch Mist!" Ich war kurz davor, ihm alles zu glauben. Gott sei Dank hielt dieser Zustand nur kurzzeitig an, schließlich beschäftige ich mich nicht zum ersten Mal mit solchem Gerät. Aber trifft dieser Mann auf unbedarftere Kundschaft, so bin ich mir sicher: Er kriegt sie alle. Seine Geschäftszahlen lassen solches jedenfalls vermuten, denn nach nur vier Jahren im Systemhausgeschäft mit Schwerpunkt Mobile Computing kann er bereits einen ansehnlichen Umsatz von 20 Millionen Mark vorweisen (siehe auch Seite 28).

Aber sein mitreißender Verkaufsstil kann nicht das alleinige Geheimnis seines Erfolges sein. Ist es die Konzentration auf einen einzigen Hersteller, die eine enge Partnerschaft und viel Unterstützung mit sich bringt? Die bedeutet aber auch Abhängigkeit und kann sehr schnell eine erfreuliche Geschäftsentwicklung ins Gegenteil umkippen lassen, wenn der Hersteller ins Trudeln kommt. Oder sollten die Toshiba-Notebooks etwa tatsächlich so unschlagbar sein? Wohl kaum, sonst müsste ja alle Welt irgendwann zu dieser Erkenntnis kommen und nur noch mit Toshiba-Geräten durch die Gegend rennen. Was offensichtlich nicht der Fall ist, die aktuellen Marktzahlen bescheinigen dem Hersteller einen Schwund bei den Marktanteilen. Was macht die Toshiba-Notebooks dann so unschlagbar für die Kunden meines verkaufstalentierten Händlers? Erst ist es der Glaube. Doch auf Dauer reicht der allein nicht aus, er muss zur festen Überzeugung werden. Und genau hier liegt die Chance eines jeden Händlers: Er muss das Produkt perfekt machen, in dem er wirklich gute Dienstleistung bietet. Er muss die vorhandene Technologie auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden anpassen. Er muss sie am Laufen halten. Und das kann er nur bringen, wenn er kompetent ist. Die Konzentration auf wenige Hersteller und Fachgebiete kann das natürlich leichter machen.

Silvia Lautz

slautz@computerpartner.de

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