Sinitec: Marktanteile im Systemhaus-geschäft nicht primäres Ziel

29.08.2002
Die Siemens-Enkelin Sinitec steht zwar selten im Scheinwerferlicht, ist aber aufgrund ihrer Geschäftsausrichtung sowie ihres Organisationsmodells eines der interessantesten Unternehmen der Branche.

Vor wenigen Wochen hatte die Sinitec Vertriebs GmbH in Offenbach zum Angriff auf die Systemhauslandschaft geblasen. Die "Unternehmensgruppe Sinitec", hieß es Mitte Juli in einer Presseinformation, baut "ihre Marktausrichtung als IT-Infrastruktur-Systemhaus für kleine und mittlere Unternehmen konsequent aus". In einem Vor-Ort-Gespräch mit ComputerPartner relativiert Sinitec-Geschäftsführer Rolf Scherer jetzt diese Aussage: "Für uns ist das Systemhausgeschäft in erster Linie ein Mittel, das Ohr am Markt zu haben. Marktanteile zu gewinnen, ist in diesem Bereich nicht unser primäres Ziel", sagt der ehemalige Apple- und Compunet-Manager, der seit drei Jahren bei Sinitec in Amt und Würden ist.

Immerhin: Rund ein Drittel des Gesamtumsatzes von etwa 200 Millionen Euro setzt Sinitec nach Angaben von Scherer mit den Systemhausaktivitäten um. In diesem Jahr liegt der Anteil sogar etwas höher, da die beiden übrigen Geschäftsbereiche unter der Marktschwäche leiden. Scherer rechnet im laufenden Geschäftsjahr bis Ende September mit etwa 80 Millionen Euro Umsatz im Systemhausgeschäft - bei einem stagnierenden Gesamtumsatz. Der Dienstleistungsanteil in diesem Geschäftssegment liegt bei 54 Prozent, die Handelsware ist "Teil eines Gesamtpakets, nicht mehr und nicht weniger", erklärt Scherer.

Sinitec ist seit kurzem IT-Systemhauspartner der Initiative "Mediamit". Dies ist eine Initiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHT) und der Industrie- und Handelskammern (IHK) mit dem Ziel, mittelständische Unternehmen an die Informationstechnologie heranzuführen. Sinitec übernimmt als Generalunternehmer für Mediamit die Beratung, die Hardwarebeschaffung sowie die Installation und Dienstleistung für die komplette IT-Plattform des Kundenunternehmens. In der Praxis sieht das so aus, dass der Kunde über den Mediamit-Online-Shop die Produkte kauft und dann von den Sinitec-Mitarbeitern versorgt wird. Dass über diesen Vertriebsweg in kurzer Zeit Millionenbeträge in die Sinitec-Kassen gespült werden, glaubt Scherer zwar nicht, ist aber trotzdem optimistisch. "Ich denke, dass so etwas funktionieren kann. Im Mittelstand haben eine Lernkurve und ein Generationswechsel stattgefunden", meint er.

Bei den beiden anderen Standbeinen von Sinitec handelt es sich zum einen um das so genannte "Partnergeschäft". Am bekanntesten ist in diesem Zusammenhang der Reparatur- und technische Service für Fremdfirmen wie zum Beispiel Notebookanbieter Gericom oder PC- und Monitorhersteller Maxdata. Sinitec tritt aber auch als Geschäftspartner von Software- und Systemhäusern auf. So greift zum Beispiel ein auf die ERP-Software Navision spezialisiertes Systemhaus mit geringer Hardwarefokussierung auf die Leistungen von Sinitec zurück.

Zum anderen tritt Sinitec als "Subunternehmer" seiner Muttergesellschaft Siemens Business Services (SBS) GmbH auf, wenn es um Implementierung und Betrieb von IT-Infrastrukturen bei SBS-Kunden geht, also im Wesentlichen um Beschaffung, Installation und Desktop-Service von Hardware.

So ungewöhnlich das Geschäftsmodell von Sinitec ist, so ungewöhnlich ist auch die Organisationsstruktur der 1997 aus dem Bereich "Produktservice" der Siemens-Nixdorf-Informationssysteme AG entstandenen Gruppe. Der Sinitec-Unternehmensverbund besteht aus insgesamt fünf (bis Ende Juni dieses Jahres sechs) Einzel-Gesellschaften: vier "Sinitec Service für Informationssysteme GmbHs" und der Sinitec Vertriebs GmbH in Offenbach. Das Besondere an dem Modell ist, dass die Offenbacher Gesellschaft ähnlich wie ein Handelsvertreter den Vertrieb für die gesamte Gruppe übernommen hat. Die vier in die Regionen Nordwest, Ost, Südwest und Süd aufgeteilten Service GmbHs haben keine eigenen Vertriebe. Von den insgesamt rund 1.400 Sinitec-Mitarbeitern, die auf knapp 40 Standorte verteilt sind, stehen 60 Personen auf der Payroll der Vertriebs GmbH in Offenbach, die Hälfte von ihnen arbeitet im Außendienst. Personell sind die Hessen damit zwar nicht überbesetzt, trotzdem hat man noch Kapazitäten übrig. So berichtet Geschäftsführer Scherer stolz, dass seine Leute ab Oktober auch als Vertriebsmannschaft des Münchener Netzwerkanbieters NSG AG auftreten werden.

Trotz der momentanen Marktschwäche ist Scherer für sein Unternehmen, das nach seinen Angaben seit 1999 profitabel arbeitet, recht zuversichtlich. "Wir werden auch im kommenden Jahr schneller wachsen als der Markt", sagt er.

www.sinitec.de; www.mediamit.de

ComputerPartner-Meinung:

Das Geschäftsmodell von Sinitec ist in Deutschland einzigartig. Es macht das Unternehmen in einem begrenzten Umfang unabhängig von Segmentschwächen. Allerdings bedeutet diese Besonderheit auch, dass Sinitec immer tendenziell zu eigenen Kunden im Wettbewerb steht. Es ist die hohe Kunst des Managements, diese Konflikte bereits im Vorfeld zu umgehen. Das Managen der drei Unternehmenssäulen stellt ähnliche Herausforderungen an die Firmenleitung wie das Jonglieren mit drei Bällen an den Akrobaten. Man muss diese Kunst beherrschen. Bei Sinitec scheint dies bislang recht gut zu funktionieren. (sic)

Zur Startseite