Smart-Shopper schließt die Kluft zwischen Offline- und Online-Shopping

17.01.2002
Bis zu 36 Prozent geben Kunden mehr aus, wenn sie mehrere Kanäle für ihren Einkauf nutzen können, schätzt der Marktforscher Forrester. Ein Online-Shop hilft dem Ladenpersonal aber nur, wenn es im Verkaufsgespräch auf die dort hinterlegten Informationen zugreifen kann - und das drahtlos.

Es ist zum Haareraufen. Das zehnte Mal schon läuft die Schuhverkäuferin ins Lager. Diesmal schaut sie nach, ob es die schwarzen Sandalen noch in Größe 43 gibt. Davor wusste sie nicht, in welchen Farben der Wildlederschuh verfügbar ist.

Doch es geht auch schneller. Mit Hilfe eines Barcode-Scanners, der über ein Funk-LAN mit dem E-Commerce- oder Warenwirtschafts-System verbunden ist, ermittelt die Verkäuferin über einen Strichcode auf dem Schuh alle notwendigen Informationen, die sie für einen schnellen Kaufabschluss benötigt.

Diese und andere Szenarien realisiert das IT-Lösungshaus Conchango jetzt mit seiner Produktlinie "Smart-Shopper". Der Schlüsselgedanke dabei: Sowohl dem Kunden als auch dem Verkäufer sollen zu jedem Zeitpunkt im Entscheidungs- und Verkaufsprozess alle relevanten Produktinformationen zur Verfügung stehen, "und zwar unabhängig davon, wo der Kauf stattfindet", betont Dieter Hammel, Geschäftsführer bei der Conchango GmbH. Dabei kommt je nach Verkaufskonzept eine ganze Reihe von Technologien zum Einsatz. Zu den Wichtigsten zäh-len Handhelds, elektronische Ki-oske sowie Kreditkartenleser und Scanner.

Funk-LAN verbindet Scanner mit ERP-System

Um produktbezogene Daten an lokal unterschiedlichen Punkten im Verkaufsprozess zu erhalten, gibt es zwei Möglichkeiten: Ausgehend von verschiedenen Empfangsgeräten im Ladengeschäft kann das Verkaufspersonal entweder über das Unternehmensnetzwerk oder über das Internet auf die Daten zugreifen. Dazu wird in beiden Fällen ein Funk-LAN (Ethernet 802.11b) aufgebaut, das ein Point-to-PointProtokoll (PPP) für die Kommunikation zwischen den Endgeräten und einem lokalen Cache-Server nutzt.

Gilt es nun, wie im Eingangsbeispiel, herauszufinden, ob ein bestimmtes Schuhmodell noch in der nächstkleineren Größe verfügbar ist, nimmt der Verkäufer den Strichcode des vorhandenen Modells über seinen mit einem Scanner ausgestatteten Handheld auf und schickt die Anfrage ab. Funkantennen im Laden empfangen die Signale des mobilen Geräts und leiten sie über einen Hub an den lokalen Cache-Server weiter. Von dort gelangen die Daten entweder über einen Router direkt in das firmeninterne Netzwerk, oder sie nehmen den indirekten Weg über das Internet.

Eine E-Commerce-Plattform wie "Commerce" von Blue Martini oder "Enfinity" von Intershop verbinden die Produktdaten im Warenwirtschafts-, Bestell- und Fakturierungssystem mit dem Webserver als Schnittstelle zur Außenwelt. Die gewünschte Information des Verkaufspersonals wird auf dem E-Commerce-Server lokalisiert und geht den umgekehrten Weg zurück zum Absender der Anfrage. Für eine begrenzte Zeit legt die Lösung die angeforderten Daten im lokalen Cache-Server ab. Bei einem erneuten Abruf mit dem gleichen Anliegen nutzt Smart-Shopper die dort gespeicherten Daten, wodurch sich die Antwortzeiten verkürzen.

Grundsätzlich hängt die Dauer einer Anfrage aber von mehreren Faktoren ab. Die Leistungsfähigkeit des Wireless-LAN und der Server sowie die verfügbare Bandbreite zwischen Ladengeschäft und Zentrale spielen dabei eine wichtige Rolle. "Länger als ein paar Sekunden darf es nicht dauern, sonst macht die Lösung keinen Sinn", betont Hammel.

Altsysteme lassen sich einbinden

Je nach Art des Backend-Systems greift die Lösung auf die Artikel-daten über Standard-Gateways oder über individuell programmierte Schnittstellen zu. Die Daten können als ASCII-Exportdatei, in einem proprietären Datenformat oder in einer Datenbank vorliegen. Ältere oder weniger verbreitete Backend-Anwendungen lassen sich so anbinden. "Der Integrationsaufwand bei modernen Lösungen, die beispielsweise auf Microsoft SQL Server oder Oracle basieren, ist aber in der Regel geringer", versichert Hammel. Aus den Stammdaten wird das Grundgerüst für eine Art Webkatalog erzeugt.

Einfache Daten wie die Artikelnummer des Schuhmodells, sein Preis sowie Angaben zur Verfügbarkeit lassen sich für den externen Zugriff optisch aufbereiten und für den Verkäufer mit Handlungsanweisungen versehen. Zum Beispiel können zusätzliche Cross- oder Upselling-Angebote dargestellt werden.

Regelmäßige Updates entscheiden über den Erfolg

Der Webkatalog muss regelmäßig aktualisiert werden. Vor allem Updates der Bewegungsdaten wie Preis und Verfügbarkeit sind notwendig, damit bei jedem Zugriff während der Geschäftszeit akkurate Informationen vorliegen. Dabei sind zwei Vorgehensweisen möglich: Bei der ersten Variante greift der E-Commerce-Server bei jeder Anfrage erneut auf die entsprechende Quelle im Warenwirtschaftssystem zu. So wird sichergestellt, dass die Informationen auf dem aktuellsten Stand sind. Diese Variante benötigt aber mehr Zeit als die Zweite. Hier werden die Daten regelmäßig, zum Beispiel einmal am Tag, auf den Server gespiegelt und sind sofort verfügbar. Allerdings besteht dann umgekehrt die Gefahr, dass die Daten kurzfristige Änderungen nicht wiedergeben.

Printanzeigen enthalten digitale Informationen

Diese Lösungen eröffnen Ladengeschäften weitere Möglichkeiten, ihren Service zu verbessern. Beispielsweise verschwindet die Grenze zwischen Offline- und Online-Shopping, wenn ein Kunde mit einem Scan-Aufsatz für sein Mobiltelefon bereits in dem Augenblick, in dem er eine Anzeige des Unternehmens in einer Zeitschrift sieht, den darin enthaltenen Barcode eines Produkts in sein Handy einliest. Daraufhin werden produktbezogene Informationen auf dem Bildschirm des Mobiltelefons einschließlich des nächstgelegenen Ladens angezeigt. Im Geschäft angekommen, kann der Kunde die Informationen, die er bereits gespeichert hat, per Infrarotschnittstelle oder durch erneutes Scannen des Barcodes vom Handydisplay auf das PDA des Kundenberaters übertragen. Der Verkäufer beschafft mit den Daten entweder das gewünschte Produkt oder gibt eine entsprechende Bestellung auf. Die Lieferung geht dann direkt an die Heimadresse des Kunden. Bezahlt wird beim Verkäufer, dessen Handheld über einen Kreditkarten-Lesegerät verfügt.

Aufbauend auf den Basisfunktionen von Smart Shopper lassen sich auch elektronische Kioske anbinden. Das digitale Informationspult versorgt den Kunden mit Hinweisen auf die neuesten Angebote, Preisvergleiche und Gratisprodukte. Gleichzeitig empfängt der Verkäufer auf seinem Handgerät eine Nachricht vom Kiosk, dass sich ein interessierter Kunde in der Abteilung aufhält. Im persönlichen Gespräch kann der Angestellte dem Interessenten dann - wiederum unterstützt durch die Informationen, die er über sein Handgerät bezieht - detaillierte Produktauskünfte geben und Cross- und Upselling-Potenziale ausschöpfen.

Referenzprojekte sind noch Mangelware

Noch hat kein Handelshaus die seit der Systems 2001 verfügbare Smart-Shopper-Lösung gekauft. "In der heißen Phase der Währungsumstellung hatte der Euro im Handel absolute Priorität", erklärt Hammel. Der Geschäftsführer will aber noch im ersten Quartal 2002 den ersten Kaufvertrag mit einem der derzeit acht Interessenten abschließen. Rund 500.000 Euro würde ein Gesamtprojekt kosten. Entscheidend für den Preis sei aber die vorhandene IT-Infrastruktur: "Wir bringen bestehende Lösungen wie Wireless-Lan und E-Shop zusammen", erläutert Hammel.

www.conchango.com

ComputerPartner-Meinung:

Die Möglichkeiten und die Höhe der Investition, ein Konzept wie "Smart Shopper" in der Praxis umzusetzen, variieren je nach Größe des Unternehmens, den individuellen Anforderungen seiner Kunden und den vorhandenen IT-Strukturen. Die beschriebenen Einsatzmöglichkeiten klingen in der Theorie erfolgversprechend, müssen ihre Anwendbarkeit aber in der Praxis erst noch beweisen. (hei)

Application Snapshot

Hersteller Conchango GmbH

Produktname Smart Shopper

Produkt-Typ Realtime-Lösung für den Retail-Sektor

Bedienoberfläche Windows CE, Internet Explorer

Architektur 3-Tier-Architecture, Dotnet-Technologie

Verwaltungsaufwand (User-Support, Backup, Datenpflege etc.) Bei Integration mit einem vorhanden Web-Shop oder -Katalog ensteht kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand.

unterstützte Standards und Protokolle Wireless Ethernet 802.11b

Preis rund 500.000 Euro, aber projektspezifisch und abhängig von vorhandener IT-Infrastruktur, da keine Out-of-the-Box-Lösung

Vertrieb direkt und über ausgewählte Partner

Partnerkonzept Kontaktanfragen erwünscht

Branchen Groß- und Einzelhandel

Anwender/Abteilungen Verkauf

Referenzkunden noch keine

Implementierungsaufwand beim Kunden projektspezifisch

Zusatzgeschäft für den Partner Hardware wie Handhelds, Touchpads, POS, Wireless LAN, Komponenten, Server

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