SNI-Acer-Deal: Dumm gelaufen

17.09.1998

Jetzt sitzt Siemens doch noch auf seinem Augsburger Werk. Dabei ließ es sich anfangs so schön an für die Münchener: Acer übernimmt die Fertigung und damit die Arbeit - Vertrieb und Marketing bleiben bei Siemens und damit das Vergnügen. So der ursprüngliche Plan. Trotz Verzögerungen in den Verhandlungen richteten sich beide Seiten emsig darauf ein, daß alles gut geht: Acer ließ sein Build-to-Order-Konzept, das sowieso noch in den Kinderschuhen steckte, erst mal ruhen - schließlich wartete ein Werk mit einem Ausstoß von 1,4 Millionen Computern im Jahr auf seine Übernahme durch die Taiwaner, da konnte man seine ungeduldigen Vertriebspartner in Europa schon noch ein wenig vertrösten. Derweil brachen die altgedienten, nun aber überflüssig scheinenden PC-Veteranen Siemens entweder nach Amerika auf oder zu anderen neuen Ufern. Schulmeyer, Rössler und jetzt auch noch PC-Stratege und Marketingmann Ernst Holzmann: Die alten Ansprechpartner sind weg, dem Vernehmen nach übernimmt langsam, aber sicher die von Hewlett-Packard eingekaufte Server-Riege die vakanten oberen Positionen im Unternehmen.Was für ein Pech also, daß jetzt doch alles ganz anders kam. Aber wie gewohnt machen die Siemens-Vorderen trotzdem gut Wetter. Nach dem Motto "dumm gelaufen" bereitet es ihnen dem Vernehmen nach überhaupt kein Problem, das bereits abgeschrieben geglaubte Werk nun doch in die völlig neue Struktur des Unternehmens einzugliedern. Der Unternehmenssprecher zumindest bezeichnet den Abbruch der Verhandlungen als "nicht problematisch" - durch die neuen Strukturen im Unternehmen zum 1. Oktober seien die "notwendigen Handlungsspielräume geschaffen worden", was immer das auch heißen mag. Acer dagegen gibt sich ein wenig verschnupft. Die aus Taiwan genannten Gründe für das Platzen des Deals legen den Gedanken an eine weltweite Verschwörung nahe: die Rußland-Krise, die Asien-Krise, die weltumfassende Halbleiterkrise und so weiter. Langgediente Siemens-Kenner wollen es aber besser wissen: Natürlich, so heißt es derzeit überall dort, wo SNI-Vertreiber zusammentreffen, mögen auch Währungsprobleme und Notfallprogramme der taiwanischen Acer-Heeresspitze maßgeblich zum Scheitern beigetragen haben. Der eigentliche Grund für die lange Verzögerung der Verhandlungen aber sei die strittige Frage gewesen, ob Arbeitsplätze gestrichen würden oder nicht. "SNI hat ja groß zugesichert, daß Acer nach der Übernahme keine Leute entläßt. Das hat Acer aber ganz anders gesehen", weiß ein SNI-Distributor "von Leuten, die es wissen müssen". Davon ist in den offiziellen Verlautbarungen allerdings nichts zu lesen, das Thema bleibt also der Spekulation anheim gestellt. Vorerst ist es sowieso vom Tisch, über die Zukunft des Werkes herrscht wieder allenthalben Unsicherheit, Namen von möglichen Kaufinteressenten machen die Runde. "Fujitsu" heißt es hier, "Toshiba" dort. "Jetzt wird die Sau wieder durchs Dorf gejagt", grinste letzthin ein SNI-Partner. "Mal sehen, in wessen Topf sie landet."

Die von Acer genannten Gründe für das Scheitern des Deals legen den Gedanken an eine weltweite Verschwörung nahe

Ute Dorau

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