SNI + Vobis + Escom = 2,4 Millionen PCs in Europa

04.12.1996
MÜNCHEN: Mit dem zehnprozentigen Einstieg der Siemens-Nixdorf AG bei Deutschlands größtem PC-Filialist Vobis kann das SNI-, Vobis- und Escom-Trio für voraussichtlich 2,4 Millionen PCs jährlich Komponenten ordern. "Im deutschen PC-Markt entsteht zum ersten Mal eine Macht, die mit US-Firmen mithalten könnte", erklärt Vobis-Chef Theo Lieven gegenüber ComputerPartner.Wer weltweit im PC-Markt reüssieren will, mußte 1995 wenigstens 1,4 Millionen PCs verkaufen. Von dieser Meßlatte, gerade vorgelegt von den Marktforschern der International Data Corporation (IDC), ist SNI in Paderborn weit entfernt. Mit zirka 750.00 Millionen verkauften PCs rangierte SNI im Geschäftsjahr 1994/95 deutlich im Mittelmaß. Ein Zustand, dem das ehrgeizige Programm von SNI-Vorstand Gerhard Schulmeyer Abhilfe schaffen soll. Sein erklärtes Ziel ist, den Konzern, der 1995 seinen Aktionären erstmals schwarze Zahlen vorlegen konnte, im PC-Bereich zum internationalen Player zu machen. "Wir wollen je ein Geschäftsdrittel in Deutschland, in Europa und der restlichen Welt erwirtschaften", erklärte Schulmeyer auf der CeBIT '96.

MÜNCHEN: Mit dem zehnprozentigen Einstieg der Siemens-Nixdorf AG bei Deutschlands größtem PC-Filialist Vobis kann das SNI-, Vobis- und Escom-Trio für voraussichtlich 2,4 Millionen PCs jährlich Komponenten ordern. "Im deutschen PC-Markt entsteht zum ersten Mal eine Macht, die mit US-Firmen mithalten könnte", erklärt Vobis-Chef Theo Lieven gegenüber ComputerPartner.Wer weltweit im PC-Markt reüssieren will, mußte 1995 wenigstens 1,4 Millionen PCs verkaufen. Von dieser Meßlatte, gerade vorgelegt von den Marktforschern der International Data Corporation (IDC), ist SNI in Paderborn weit entfernt. Mit zirka 750.00 Millionen verkauften PCs rangierte SNI im Geschäftsjahr 1994/95 deutlich im Mittelmaß. Ein Zustand, dem das ehrgeizige Programm von SNI-Vorstand Gerhard Schulmeyer Abhilfe schaffen soll. Sein erklärtes Ziel ist, den Konzern, der 1995 seinen Aktionären erstmals schwarze Zahlen vorlegen konnte, im PC-Bereich zum internationalen Player zu machen. "Wir wollen je ein Geschäftsdrittel in Deutschland, in Europa und der restlichen Welt erwirtschaften", erklärte Schulmeyer auf der CeBIT '96.

Dazu allerdings müssen zusätzlich zur "Vision", so Schulmeyer, in dem knallharten und von Wachstumseinbrüchen geprägten PC-Markt (vgl. Artikel auf Seite xxx), auch die Einkaufskonditionen und die Vertriebswege stimmen. "In dem brutalen PC-Markt kann man Vorteile nur über das Einkaufsvolumen erreichen", gibt SNI-Sprecher Jochen Doering unumwunden zu. Der Konzern mußte also auf diesen Sektoren handeln.

Das Trio SNI, Escom und Vobis

Das tat SNI denn auch: Kurz nach der Rettungsaktion für den stark defizitären PC-Filialisten Escom in Heppenheim, der 1995 trotz der europaweit 600.000 verkauften PCs 125 Millionen Mark Verlust machte (vgl. ComputerPartner 5/1996, S. 10), beteiligte sich SNI jetzt mit zehn Prozent Aktienanteil an dem Escom-Konkurrenten Vobis AG in Würselen. Vobis konnte 1995 europaweit ebenfalls knapp 600.000 PCs verkaufen und zudem zirka 50 Millionen Mark Gewinn auf sein Konto gutschreiben.

Zusammen haben die drei voriges Jahr knapp zwei Millionen PCs verkauft - auf der Ranking-Liste der weltweit führenden PC-Hersteller würden sie damit urplötzlich hinter Hewlett-Packard auf dem siebten Platz rangieren. Im deutschen PC-Markt heißt das allerdings jetzt schon, daß - vorbehaltlich der wettbewerbsrechtlichen Überprüfung der Brüsseler zu der SNI-Beteiligung an Vobis - zirka ein Viertel aller verkauften PCs von den drei Anbietern stammen. Notabene hat dieser Umstand bereits die Brüsseler Kartellbehörde auf den Plan gerufen. Sie prüft derzeit die Übernahme unter den wettbewerbsrechtlichen Aspekten.

Bei 25 Prozent Marktanteil Einkaufskonditionen bestimmen

Daß das Trio seine neu gewonnene, geballte Einkaufsmacht nunmehr auf dem Komponenten-Markt nützen wird, gibt SNI als erste Priorität der Beteiligung an. "Unser Ziel ist es, bei den Einkaufsvolumina bessere Konditionen auszuhandeln", erläutert SNI-Sprecher Doering die SNI-Strategie. Ihr pflichtet auch Vobis-Chef Theo Lieven bei. "Natürlich werden wir jetzt besser einkaufen können. Erstmals können wir der Übermacht amerikanischer PC-Anbieter Paroli bieten", freut sich Lieven. Ebenso steht für Escom der Einkauf an erster Stelle: "Wir haben eine eindeutige Priorität beim Einkauf", erklärt Dr. Bernd Wirsing, Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei Escom, gegenüber ComputerPartner.

Das Ziel des Trios: Im laufenden Geschäftsjahr wollen sie auf zirka 2,2 Millionen verkaufter PCs kommen, wobei SNI laut Doering mit zirka einer Million PCs rechnet, Vobis und Escom mit je 700.000 PCs.

Vobis und Escom sehen SNI-PCs in ihren Läden

Was allerdings die Absatzkanäle für die PCs anbelangt, so scheinen bei dem frisch formierten Einkaufstrio verschiedene Vorstellungen umzugehen. So ist für Vobis klar, daß SNI die Verkäufe seiner Consumer-PCs drastisch erhöhen möchte: "Weil SNI kaum Stückzahlen im Consumer-Bereich hat, arbeiten sie jetzt mit uns zusammen", skizziert Lieven das neue Programm der Paderborner. Damit spielt er auf den gerade bei zehn Prozent liegenden Anteil am PC-Geschäft insgesamt an, den SNI mit seinen Consumer-PCs erzielen konnte. Daran änderten auch die 40 Millionen Mark nichts, die SNI voriges Jahr vergeblich in die Werbung für den neugestalteten Multimedia-PC Scenic steckte.

Auch für Escom-Sprecher Wirsing ist klar: "SNI wird unsere Vertriebswege nutzen. Wir brauchen High-end-PCs, um auch das obere Segment abzudecken", stellt er die Escom-Strategie dar. Allerdings "gibt es noch keine konkreten Umsetzungen", erklärt er. Zur Erinnerung: Der erste Versuch von SNI, PCs über Escom zu verkaufen, schlug fehl. Die SNI-PCs verschwanden wieder aus den Regalen, da "sie sich zu wenig verkauften", erklärt Wirsing. Doch der angeschlagene PC-Filialist Escom, der alles tun muß, um in den Trittspuren der beiden PC-Anbieter sein Überleben zu sichern, ist für SNI genau wegen seiner Läden interessant.

So kann der Retailer, der europaweit zirka 450 Läden sein eigen nennt, SNI beispielsweise in England mit über 200 neueingerichteten PC-Läden dienen. In diesem zweitwichtigsten PC-Markt Europas realisierte SNI 1995 gerade fünf Prozent Marktanteile bei den PCs.

Ebenso unterhält Vobis europaweit 732 Läden, darunter 136 Läden in Italien und 91 in England. Zählt man die PC-Verkaufsstationen von Vobis und Escom dazu, öffnen sich für SNI scheunentorgroße Absatzkänale für seine PCs.

SNI sieht sich nicht im SOHO-Markt

Trotzdem will SNI von dem neuen Absatzkanal, den die insgesamt 1150 Läden von Vobis und Escom europaweit eröffnen, vorerst nichts wissen. "Es wäre schön, wenn Escom und Vobis unsere PCs verkaufen würden. Aber das werden sie wohl kaum tun, weil sie eigene PCs haben. Ich wiederhole: Die Zielsetzung von SNI ist Einkaufsvolumen", betont SNI-Sprecher Doering.

Ein Blick auf den neuesten "Denkzettel" von Vobis widerlegt ihn allerdings: Die Minitower-Version des Multimedia-PCs Scenic kann ab sofort in den Vobis-Läden über das sogenannte "Build to Customer System" bestellt werden. Das BTC-System hat Vobis im vorigen Jahr eingeführt, um im SOHO-Markt die überlebenswichtige 20prozentige Handelsmarge zu sichern. "Sonst überleben wir nicht lange", weiß Lieven. Die Marge kann nur realisiert werden, wenn Einkaufsvorteile unmittelbar in Fertigungsvorteile umgesetzt werden können. Das heißt: Geringe Lagerkosten, zentrale Fertigung, individuell konfigurierter Kundenwunsch und europaweite Auslieferung innerhalb von 48 Stunden.

Daß in diese Richtung allerdings auch Schulmeyers Überlegungen gehen, ist offensichtlich.

Das BTC-System von Vobis steht SNI zur Verfügung

"Einführung der europaweiten Direktbelieferung - von der Fabrik direkt zum Kunden möglich," lautet ein Leitsatz des Business Reengineering-Programms, das SNI gerade betreibt. "Von unserem BTC-System war SNI ganz begeistert. Als die gemerkt haben, welche Chancen sich da bieten, liefen die Verhandlungen schneller", erinnert sich Vobis-Chef Theo Lieven.

Für ihn liegt auf der Hand , daß SNI jetzt die Chance hat, im Consumer-Bereich europaweit in Richtung der PC-Prozentzahlen zu robben, die Schulmeyer seinen Zielen näherbringen würde,: "SNI ist experimentierfreudiger, als es nach draußen den Anschein hat", weiß Lieven zu berichten. "Warum sollten wir in diesen mörderischen SOHO-Markt überproportional hineinbegeben?", blockt Doering hingegen ab. Dazu Lieven: "SNI will in den Consumer-Markt!."

Und so ist auch sehr wahrscheinlich, daß sich das Trio auch bei den Vertriebskonzepten für seine PCs einigen wird. "Nur wer beim Einkauf und Vertrieb, Marketing und Werbung eine konsequente Linie fährt, kann im PC-Markt überleben!," erklärt Lieven. "Ich verstehe etwas von diesem Geschäft."

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