x86-Server unter Druck

IBM und Lenovo - So bewertet der Channel den Server-Deal

21.01.2014
Was würde sich für Vertriebspartner und Distributoren ändern, sollte sich IBM doch noch entschließen, die x86-Server-Sparte an Lenovo zu verkaufen? ChannelPartner hat sich umgehört.
Foto: IBM

Ende April 2013 verdichteten sich die Hinweise, dass IBM sein x86-Server-Geschäft tatsächlich an Lenovo verkaufen könnte. Doch der Deal platzte vorerst. Fast ein Jahr später scheint es erneut so weit zu sein: Das Wall Street Journal und die Nachrichtenagentur Bloomberg, meldeten am gestrigen Montag, der Deal könnte kurz vor Abschluss stehen. Für IBM und Lenovo wäre es nicht der erste gemeinsame Deal: IBM hatte 20014 bereits das PC-Geschäft an den chinesischen Hersteller übertragen. Jetzt sieht es so aus, als sei der Server-Deal vorerst geplatzt.
ChannelPartner hat sich unter Vertriebspartnern und Distributoren umgehört, was sich für sie ändern könnte, sollte es zwischen Lenovo und IBM doch noch zu einer Einigung kommen.

"Ich halte diese Ankündigung für sehr realistisch, wenn man die "Agenda 2015" der IBM kennt und zugleich die Profitzahlen der IBM der letzten Quartale in diesem Produktsegment verfolgt", kommentiert Michael Gröner, Direktor der IBM Business Unit bei Tech Data, die jüngsten Medienberichte. "Zudem hat IBM mit ihrer Drucker- und PC-Sparte schon einmal diesen Weg eingeschlagen und für sich erfolgreich umgesetzt."

Ein Teil der Systemhauspartner betrachtet das Thema eher entspannt und hätte mit der Konstellation "x86-Server unter Lenovo-Dach" keine Probleme. Zahlreiche IBM-Partner wollten sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu den Fragen äußern, einige wagten dennoch eine Einschätzung.

Ob bei IBM die Verkaufspläne tatsächlich ganz vom Tisch sind, bezweifeln viele Partner, obwohl IBM damit geschätzt ein Drittel des gesamten Serverumsatzes veräußern und damit etwa 15 Prozent des Gesamtumsatzes einbüßen würde. "Obendrein ist die X86-Series ist derart erfolgreich, auch wenn angeblich die Jahresumsätze seit einer Weile sinken", kommentiert Matthias Rabeneck, Senior IT Consultant bei der Cema AG, die Lage. Allerdings will IBM bereits 2015 den Großteil des IBM-Umsatzes mit Software generieren. "Vor diesem Hintergrund wäre ein Verkauf denkbar", so Rabenck.

Einbußen bei der Qualität befürchten die Partner offenbar kaum: "Wenn man die gute Umsetzung des PC-Geschäftes durch Lenovo mitverfolgt hat, kann man davon ausgehen, dass sich auch bei den x86-Servern Logistik, Preise, Qualität und Support weiter positiv entwickeln und unsere Kunden davon profitieren würden", erklärt Manfred Lackner, Vorstand bei der Profi Engineering Systems AG. "Unser Anspruch an Lenovo wäre, dass die Entwicklung der Produkte auf hohem Niveau weiter fortgeführt wird." Unter dieser Prämisse würden die meisten Partner die Server auch bei Lenovo kaufen. Entscheidend sei außerdem, wie Lenovo das Partnermodell und die Preisbildung im Serverbereich handhaben würde.

Auch die Systemhauspartner Allgeier und inoX-tech gehen davon aus, dass ein möglicher Verkauf keine Auswirkungen auf das eigene Geschäft haben würde. "Wie es sich aus Sicht der Kunden verhält, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen", beschreibt Alex Rosenthal, Vertriebsleiter bei der inoX-tech GmbH, die Lage.

Beim Münchner Broadliner Tech Data ist man anderer Meinung: "Aus Sicht eines Vollsortimenters sehen wir das eher kritisch, da wir damit das letzte Produktsegment im Hardware-Bereich abgeben würden, das für einen Einstieg im Mittelstand benötigt wird", führt Gröner aus. Käme Lenovo zum Zuge, wäre der Einschnitt nicht ganz so groß, da Tech Data in Deutschland bereits über einen Distributionsvertrag mit Lenovo verfügt. Sollten sich IBM und Lenovo einigen, "sehen wir das langfristig für uns klar als Geschäftschance", so das Fazit des Tech-Data-Managers.

Kein Punktsieg für IBM-Wettbewerber erwartet

Würde IBM ohne das x86-Portfolio Attraktivität verlieren? "Nein", meint Alex Rosenthal. Und auch für Profi-AG-Chef Lackner bliebe Big Blue auch nach dem Verkauf dieser Server-Sparte ein attraktiver und wichtiger Hersteller: "Das umfassende Portfolio mit Hardware, Software und Services passt wie bisher sehr gut zu unserer strategischen Ausrichtung. Wir werden unser Hardware-Portfolio sehr stark auf Cloud-Infrastrukturen ausrichten, und da spielt IBM mit den Pure-Systemen nach wie vor eine zentrale Rolle."

Cema-Manager Rabeneck hält es für vorstellbar, dass sich IBM sich im Bereich Server auf diese Pure-Familie (Komplettlösungen aus Netzwerk, Server, Storage, Management und ggf. Anwendungen), das heißt, mehr auf die Gesamtlösungen konzentrieren könnte, und weniger auf die reine Hardware.

Einen Umstieg auf Angebote der Wettbewerber erwägt keiner der Befragten. Und Tech-Data-Manager Görner zeigt sich überzeugt davon, dass nicht nur ein Großteil der Partner, sondern auch deren Endkunden den Weg ebenfalls mitgehen würden. Ein neues IBM-Lenovo-Setup könne sogar dazu führen, "dass vielleicht auch der ein oder andere IBM-Wettbewerbskunde zu Lenovo wechselt, um wieder alles aus einer Hand zu erhalten."

"Lenovo ist agiler als IBM"

Angesichts der zahlreichen Anbieter von x86-Servern rechnen Partner bei einem Lenovo-IBM-Deal nicht mit einer Stabilisierung der Preise. Die Abwärtsspirale bei den Preisen müsse allerdings ohnehin auch ohne den IBM-Lenovo-Deal aufgrund des Kostendrucks bei Hersteller und im Channel ein Ende haben, fordert Gröner.

Es gibt aber auch Partner, die Lenovo in diesem Segment für flexibler halten als IBM, und es Lenovo deshalb zutrauen, "aktiver auf die Preisgestaltung einzuwirken" und am Markt generell agiler zu sein, als ein Hersteller, der diese Produkte nur "mitschleppt".

Rentabel sind Projekte mit den x86-Servern nach Ansicht der Partner derzeit ohnehin nur dann, wenn sie mit eigenen Dienstleistungen oder ergänzende Lösungen, insbesondere im Bereich Virtualisierung, veredelt werden. "Die Intelligenz dieser Lösungen liegt deshalb eher in anderen Bereichen, wie z.B. im Speichersystem", betont Rosenthal. Deshalb seien die Hersteller im x86-Segment inzwischen auch austauschbar.
Aus Distributionssicht ist das x86-Geschäft ebenfalls nur dann rentabel, "wenn der Distributor nur auf die Hardware angewiesen ist, sondern auch die komplexeren Anforderungen erfüllen und liefern kann. In diesen Projekten sind die Partner bereit, für das Know-how beim Distributor zu bezahlen", wie Tech-Data-Manager Gröner berichtet. Im Entry-Bereich allerdings funktioniere auch das nicht mehr.
Was halten Sie von einem möglichen Server-Deal zwischen IBM und Lenovo? Diskutieren Sie mit im ChannelPartner-Forum. (rb)

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