Steigern Sie Ihre Widerstandsfähigkeit

So entwickeln Sie ein dickes Fell



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Wie eine "Schutzschicht" aufgebaut werden kann, die im Berufsleben unverzichtbar ist, beschreibt Sabine Prohaska.

Für viele Jobs gilt: Das Arbeitspensum und den Arbeitsdruck können die Mitarbeiter nicht senken - und oft auch ihre Vorgesetzten nicht. Was jedoch erhöht werden kann, ist die "Resilienz", also Widerstandsfähigkeit der Mitarbeiter. Mitarbeitern zu einer "dickeren Haut" verhelfen - mit dieser Aufgabe sehen sich neben Beratern zunehmend auch die Personalverantwortlichen in den Unternehmen konfrontiert.

Dem Arbeitsdruck standhalten und auch mal gegen den Strom schwimmen, ist im heutigen Alltagstrubel oft nicht einfach.
Dem Arbeitsdruck standhalten und auch mal gegen den Strom schwimmen, ist im heutigen Alltagstrubel oft nicht einfach.
Foto: bluedesign, Fotolia.com

Im Alltagstrubel ist uns oft nicht bewusst, wie stark die neuen Medien in sehr kurzer Zeit - nicht einmal zwei Jahrzehnten - neben unserem Arbeitsleben auch unser Verhalten verändert haben."Ich muss stets und überall erreichbar sein. Und wenn nicht? Dann muss ich wenigstens so schnell wie möglich reagieren." Das hat sich nicht nur zu einem Lebensgefühl vieler Menschen entwickelt. In vielen Jobs sehen sich Berufstätige tatsächlich mit dieser Erwartung konfrontiert - sei es seitens ihrer Kollegen, Chefs oder Kunden, wodurch zunehmend auch die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit verschwimmen.

Doch nicht nur wegen der permanenten "Rufbereitschaft" fällt es immer mehr Menschen schwer, mal abzuschalten. Hinzu kommt: Sie stehen tatsächlich in immer kürzeren Zeitabständen vor neuen Herausforderungen - nicht nur am Arbeitsplatz. Denn Fakt ist: Die Unternehmen müssen heute in immer kürzeren Zeitabständen ihre Strategien und ihre Art, Aufgaben zu lösen, überdenken. Für ihre Mitarbeiter bedeutet dies: An sie werden häufiger neue Anforderungen gestellt. Und sie müssen häufiger gewohnte Denk- und Verhaltensmuster aufgeben.

Mitarbeiter sehen den Sinn nicht

Für die meisten Unternehmen gilt: Ihre Ziele orientieren sich heute primär an den Umsatz- und Er-tragszahlen (oder Aktienkursen), wobei die Renditeerwartungen immer weiter steigen. Deshalb sehen sich viele Mitarbeiter nebst ihren Führungskräften zunehmend mit unrealistischen Zielvorgaben konfrontiert. Die Folge: Viele Berufstätige versuchen einfach nur noch zu funktionieren - ohne sich mit den Zielvorgaben zu identifizieren. Denn diese sind meist nicht nur hoch: Sie sind auch sehr "abstrakt". Wie soll sich ein Mitarbeiter zum Beispiel mit der Vorgabe "Der Ertrag muss um fünf Prozent steigen" identifizieren, wenn er nicht weiß, wozu dies nötig ist - außer zum Erhöhen der Dividende? Sinnstiftende Zusammenhänge gehen so verloren.

Die Widerstandsfähigkeit steigern

All diese Punkte, permanente Ruf-Bereitschaft, erhöhter Leistungsdruck sowie Sinnverlust, verursachen bei vielen Mitarbeitern ein Gefühl der Überforderung, das im schlimmsten Fall zu einem Burn-out führt. Doch warum fällt bei gleichen Arbeitsbedingungen Mitarbeiter Müller wegen eines "Burn-outs" für ein halbes Jahr aus, während sein Kollege Maier nur ab und zu klagt "Manchmal ist es ganz schön stressig" und sich dann wieder an die Arbeit macht? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Resilienzforschung. Der Begriff "Resilienz" leitet sich vom englischen Wort "resilience" ab und bedeutet so viel wie "Widerstandsfähigkeit".

Die Resilienzforschung befasst sich mit Fragen wie: Was hält uns gesund? Und: Was gibt uns Kraft? Oder anders formuliert: Warum haben manche Menschen so etwas wie eine "dicke Haut", an der Belastungen scheinbar spurlos abprallen, und andere nicht? Und was mindestens ebenso interessant ist: Woher kommt oder wie entsteht diese "Schutzschicht"?

Sieben "Schlüsselqualifikationen"

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen, die sich durch eine hohe Widerstandsfähigkeit auszeichnen, meist über folgende sieben Eigenschaften beziehungsweise Persönlichkeitsmerkmale verfügen:

  • Problemlösefähigkeit: Widerstandsfähige Menschen denken lösungsorientiert; sie beschäftigen sich planend aber nicht besorgt mit ihrer Zukunft.

  • (Selbst-)Verantwortung übernehmen: Widerstandsfähige Menschen lassen sich nicht in eine Opferrolle drängen.

  • Selbstwirksamkeit: Widerstandsfähige Menschen akzeptieren die Dinge, so wie sie sind, aber lassen diese nicht so.

  • Selbstwertgefühl: Widerstandsfähige Menschen glauben an sich und an das was sie tun.

  • Soziale Kompetenzen: Widerstandsfähige Menschen schotten sich bei Stress nicht ab.

  • Stressbewältigungsstrategien: Widerstandsfähige Menschen haben die Fähigkeit, sich Unterstützung zu organisieren, und können sich entspannen.

  • Positives Denken: Widerstandsfähige Menschen reagieren auf neue Herausforderungen nicht panisch, sondern denken sich: Irgendwie schaffe ich das schon.

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