Satya Nadella vs. Steve Ballmer

So gut ist Satya Nadella als Microsoft-CEO

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Die Charmeoffensive trägt Früchte

Microsoft begann also, sich zu öffnen, und im Zuge dieses Kulturwandels geschah etwas Seltsames im Silicon Valley: Die Branche begann, Microsoft zu mögen. Der Konzern aus dem etwa 1300 Kilometer weiter nördlich gelegenen Seattle erschien sympathisch. Die Charmeoffensive Nadellas hatte offenbar schnell Früchte getragen. War Microsoft in der Vergangenheit als rücksichtloser Monopolist gesehen worden, der keine Skrupel zu haben schien, kleinere Anbieter, deren Produkte den Konzernverantwortlichen ein Dorn im Auge waren, zu bedrängen beziehungsweise gleich ganz aus dem Markt zu kegeln, machte sich unter Nadella eine neue Firmenkultur bemerkbar, deren Strahlkraft bald auch außerhalb der Konzernmauern zu spüren war.

Das unterstrichen auch die öffentlichen Auftritte des neuen CEO. Ballmer hatte oft durch extrovertierte, manchmal auch cholerisch wirkende Auftritte von sich reden gemacht, die nach außen hin wenig sympathisch wirkten. Sein Nachfolger Nadella suchte dagegen auf eine ruhige und entspannte Art und Weise das Gespräch und den Kontakt zu anderen Anbietern - auch zu Wettbewerbern. Zunehmend bemühten sich nun auch wieder Startups und andere IT-Anbieter um Kontakt nach Redmond, um sicherzustellen, dass die eigenen Produkte und Dienste reibungslos mit der Microsoft-Plattform funktionieren.

Nadella ist es offenbar gelungen, eine neue Firmenkultur in Redmond zu etablieren, die nicht mehr darauf ausgerichtet ist, Produkte anderer Anbieter zu verteufeln. Im Gegenteil: Unter der Führung von Satya Nadella habe Microsoft nicht nur seinen Ton verändert, sondern den gesamten Kurs der Firma, stellte Aaron Levie, Chef von Box, fest. "Das ist ein Musterbeispiel, wie sich ein Unternehmen neu erfindet."

"Fragen Sie nach einer Gehaltserhöhung"

Angesichts des Kulturwandels verzieh man Nadella auch den einen oder anderen Fehltritt vergleichsweise schnell. Im Oktober verhedderte sich der Manager mit einer kontroversen Äußerung über Frauen und Gehälter. In einer Diskussion sagte er, Frauen müssten keine Gehaltserhöhungen fordern. Gefragt, welchen Rat er für Frauen habe, die sich nicht trauten, in ihrer Firma mehr Geld zu verlangen, sagte er: "Es geht nicht darum, nach einer Erhöhung zu fragen, sondern zu wissen und daran zu glauben, dass das System einem die richtige Gehaltserhöhung geben wird." Frauen, die nicht nach mehr Geld verlangten, würden von "gutem Karma" profitieren. Nur wenig später, nach etlichen kritischen Reaktionen, ruderte Nadella zurück: "Ich habe die Frage völlig falsch beantwortet", schrieb er in einer E-Mail an die Mitarbeiter. "Wenn Sie denken, Sie verdienen eine Gehaltserhöhung, sollten Sie einfach danach fragen."

Es blieb nicht das einzige Mal, dass Nadella seinen Mitarbeitern Erklärungen schuldete. Schließlich fiel in seine noch junge CEO-Ära die größte Entlassungswelle, die der Konzern jemals in seiner Firmengeschichte ankündigte. Im Sommer 2014 gab Nadella bekannt, Microsoft werde im Zuge seiner Neuaufstellung im laufenden Geschäftsjahr, das noch bis zum 30. Juni dieses Jahres läuft, bis zu 18.000 Stellen streichen, 14 Prozent der Gesamtbelegschaft. Den stärksten Aderlass muss die zugekaufte Nokia-Sparte erdulden, wo insgesamt rund 12.500 Stellen gestrichen werden. Microsoft hatte mit Nokia etwa 30.000 Mitarbeiter übernommen.

Nadella erklärte in einer E-Mail an die Belegschaft, Microsoft werde zwar Stellen abbauen, gleichzeitig aber in anderen Bereichen auch strategisch einstellen. Der Konzern brauche finanziellen Spielraum, um mehr in innovative Technik zu investieren, verlautete aus der Chefetage in Redmond. Die Entlassungen sollten so glimpflich wie möglich über die Bühne gehen, bemühte sich Nadella den Kahlschlag schönzureden. Jeder betroffene Mitarbeiter könne erwarten, mit dem Respekt behandelt zu werden, der ihm für seinen Beitrag zum Unternehmen gebühre. Insgesamt strebt der neue Microsoft-CEO flachere und weniger Hierarchien sowie schlankere und effizientere Geschäftsprozesse an, um das Unternehmen produktiver zu machen.

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