ErP2014: unterschätztes Risiko und Auswege

So können Systembuilder die EU-Norm für sich nutzen



Andreas Groneberg ist seit 2013 Geschäftsführer der Xilence GmbH, einem Unternehmen das seit über zehn Jahren im Markt für PC-Komponenten aktiv ist. Als Diplom-Ökonom interessiert sich Groneberg unter anderem stark für die Auswirkungen von EU-Normen und Verordnungen auf den Markt. Das Out of the Box-Denken wurde ihm im elterlichen Betrieb sozusagen in die Wiege gelegt. In dem mittelständischen Unternehmen war Andreas Groneberg in beinahe jeder Abteilung - von Kundenbetreuung bis Produktentwicklung - aktiv. Die dort erlernte Flexibilität zählt er heute zu seinen größten Stärken.
Seit dem 1.7.2014 gilt für in Komplettrechnern verbaute PC-Netzteile die EU-Richtlinie 617/2013 – besser bekannt als ErP2014. Diese regelt die Energieeffizienz von verbauten Netzteilen. Trotz der eigentlich klar formulierten Anforderungen existieren viele Missverständnisse und Gerüchte.

Viele Systembuilder setzen sich aufgrund der aufgetauchten Missverständnisse zu der EU-Norm unnötig einem erheblich rechtlichen Risiko aus. Die Anforderungen an ein ErP2014 konformes Netzteil sind jedoch recht einfach zusammenfassen.

Netzteil, die die Erp2014-Norm erfüllen sparen durch die höhere Effizienz bares Geld.
Netzteil, die die Erp2014-Norm erfüllen sparen durch die höhere Effizienz bares Geld.
Foto: Alex Yeung-shutterstock.com

Das Netzteil muss bei definierten Lastzuständen vorgegebene Mindesteffizienzen aufweisen:

  • 20 Prozent Last: 82 Prozent Effizienz

  • 50 Prozent Last: 85 Prozent Effizienz

  • 100 Prozent Last: 82 Prozent Effizienz plus Powerfaktor von mindestens 0,9

  • Stromverbrauch des PC im Niedrigstverbrauchszustand nicht mehr als 0,5 Watt

"Niedrigverbrauchszustand" bezeichnet den Zustand oder Modus des Computers, bei dem der Stromverbrauch am geringsten ist. Dieser Zustand oder Modus wird entweder mechanisch zum Beispiel durch Abschalten der Stromversorgung des Computers, durch Betätigung eines mechanischen Schalters oder automatisch hergestellt beziehungsweise aufgehoben.

Gerüchte im Markt, die auf Halbwissen beruhen

Hersteller und auch Distributoren werden regelmäßig mit der festen Kundenüberzeugung konfrontiert, dass Systembuilder noch so lange 'nicht normerfüllende Netzteile' einsetzen können, wie diese im Markt verfügbar seien.

Eine ebenso falsche wie riskante Annahme, da die Norm bereits seit dem 01.07.2014 im europäischen und nationalen Recht verankert ist und weitere Übergangsfristen nicht eingeräumt wurden. Systembuildern, welche weiterhin normverletzende Netzteile verbauen drohen somit bereits seit Monaten empfindliche Strafen.

Ein weiteres hartnäckiges Gerücht besagt, dass alle Netzteile welche mindestens das 80Plus beziehungsweise 80Plus bronze Siegel der Firma Ecova tragen die Norm erfüllten und somit risikofrei verbaut werden können. Macht man sich jedoch bewusst, dass Ecova ein amerikanisches Unternehmen ist, das die der Zertifizierung zugrundeliegenden Tests bei einer Eingangsspannung von 115V durchführt und die Effizienzen bei 115V und 230V zum Teil deutlich voneinander abweichen, so wird schnell deutlich, dass diese Siegel allenfalls eine trügerische Sicherheit bieten.

Jetzt mag der geneigte Leser einwenden, dass Ecova Mitte 2014 mit dem 80Plus 230V EU-Siegel eine neue Zertifizierung eingeführt hat, welche die Effizienzen bei den von der ErP 2014 zugrunde gelegten Lastbedingungen fordert. Wirkliche Sicherheit bietet jedoch auch dieses nicht. Dies rührt daher, dass auch für die Verleihung dieses Siegels keinerlei Anforderungen an den Stromverbrauch im Niedrigstverbrauchszustand gestellt werden.

Was tun?

Was bleibt einem europäischen Systembuilder also übrig, um rechtssicher am Markt zu agieren? Letztlich bleiben nur zwei Möglichkeiten: Zum einen kann er sich selbst entsprechendes Messequipment beschaffen und die Netzteile vor dem Einsatz in der Fertigung selbst auf Effizienz und Stromverbrauch im Niedrigstverbrauchszustand testen. Aufgrund der hohen Kosten für verlässliche Messtechnik dürfte dieser Weg jedoch nur für größere Systembuilder mit entsprechenden Stückzahlen gangbar sein.

Kleinen Systembuildern, die zum Teil nur ein oder zwei Systeme pro Monat bauen bleibt die Alternative, nur Netzteile zu verbauen, für die der Hersteller die Konformität mit den Anforderungen der ErP 2014 erklärt. Diese ist im Idealfall über auf den Produkten und Verpackungen angebrachte Bestätigungen wie "Comply with ErP 2014"oder ähnliche zu erkennen.

Letztlich lohnt sich auch für den Endkunden der Einsatz von ErP 2014 kompatiblen Netzteilen. Wenn man bedenkt, dass die normerfüllenden Netzteile inzwischen nur wenige Euro teurer sind, dafür allerdings mit mindestens 82% Effizienz deutlich energiesparender sind. (bw)

Zur Startseite