Predictive Analytics

So lässt sich Kundenzufriedenheit vorhersagen

Steffen Teske ist seit April 2013 Director Central and Eastern Europe bei Zendesk. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, eine Vertriebsorganisation in den deutschsprachigen Ländern sowie in Osteuropa und Russland für Zendesk weiter aufzubauen, um das weitere Wachstum des Unternehmens voranzutreiben.
Predictive Analytics sollen auf Basis von Daten den Blick in die Zukunft und somit bessere Geschäftsentscheidungen ermöglichen. Viele Branchen entdecken derzeit diese Technologie, besonders mit dem Ziel, das Kundenerlebnis zu verbessern.

Daten häufen sich heutzutage in Unternehmen an wie Staub in leerstehenden Gebäuden. Die meisten Unternehmen tun sich noch sehr schwer, diese Daten sinnvoll zu nutzen. Entweder haben sie nicht ausreichend Zugriff darauf oder sie sind nicht in der Lage, sie auszuwerten und die Ergebnisse in gewinnbringende Maßnahmen umzusetzen. Wie Staub fristen die Daten dann unbeachtet und unbearbeitet ihr Dasein.

Dabei könnten ausgewertete Daten in vielen Unternehmensbereichen, wie etwa dem Kundenservice, sehr hilfreich sein. Denn aggregierte Kundendaten- und -historien helfen den Kundenserviceagenten ihre Beratungsleistung anhand systematischer Auswertungen zu optimieren. Ohne diese Datengrundlage fühlen sich Kunden oftmals nicht richtig ernst genommen und sind genervt, wenn sie beispielsweise ein und dasselbe Problem immer wieder aufs Neue vortragen müssen.

Wer seine Daten richtig auswertet, kann die Kudenzufriedenheit steigern.
Wer seine Daten richtig auswertet, kann die Kudenzufriedenheit steigern.
Foto: ScandinavianStock - shutterstock.com

Wie aus Daten Gold wird

Business-Intelligence- und Predictive-Analytics-Lösungen können helfen, aus Daten Gold zu machen. Anstatt die Daten ungenutzt brach liegen zu lassen, kann mit ihrer Hilfe unter anderem die Kundenzufriedenheit verbessert werden. Zufriedene Kunden wiederum stärken die Reputation des Unternehmens und helfen dabei, eine vertrauenswürdige Marke zu etablieren. Predictive-Analytics-Tools gehen dabei soweit, das Verhalten von Kunden auf Basis der gesammelten Kundendaten- und -erfahrungen vorherzusagen. Bereits vor der Beratung weiß der Kundenserviceagent also, wie wahrscheinlich der Kunde im Anschluss zufrieden sein wird.

Die Technologie nutzt für die Zufriedenheitsvorhersage zum einen mathematische Berechnungen und zum anderen linguistische Auswertungen. Unter den ersten Punkt fallen beispielsweise die Wartezeit des Kunden bis zu einer Antwort nach seiner Anfrage oder die Anzahl der Nachrichten, die er bereits an den Support verschicken musste. Nicht weiter verwunderlich ist, dass in der Regel die Chance auf eine hohe Kundenzufriedenheit sinkt, je länger der Kunde warten muss und je mehr Nachrichten bis zur Lösung eines Problems anfallen.

Die Textanalytik, also die sprachliche Auswertung, wird auf nichtstrukturierte Daten wie E-Mail-Texte oder Tweets ("Big Data") angewendet. Der Algorithmus unterscheidet dabei zwischen positiv behafteten Wörtern, wie "glücklich" oder "gut" und negativ behafteten wie "unzufrieden" und "miserabel". Diese Schlüsselwörter helfen dabei, der Nachricht eine Tonalität wie bei einer Sentimentanalyse zuzuordnen. Die Analyse findet komplett automatisiert im Hintergrund der Kundeninteraktion statt.

Der Algorithmus hinter der Technologie ist darüber hinaus lernfähig. Je mehr Interaktionen also für eine Analyse vorliegen, desto genauer wird die Vorhersage mit der Zeit. Die Schlüsselwörter können je nach Branche variieren. Die Menge der negativen oder postiven Wörter fließt in die Berechnung der Zufriedenheitsvorhersage mit ein und lässt im Vorfeld erkennen, wie groß der Aufwand sein wird, um diesen Kunden noch glücklich zu machen. Ist der Kunde also schon auf 180 oder hat er nur eine ganz normale Frage zu einem Produkt?

Davon hängt dann letztlich die Komplexität der Beratung und ebenso die Erwartungshaltung des Kunden ab. Eine einfache Produktfrage lässt sich vermutlich schnell und einfach beantworten. Wenn der Kunde jedoch schon zum wiederholten Mal anruft, weil ein schwerwiegendes Problem immer noch nicht gelöst werden konnte, braucht es wesentlich mehr Feingefühl oder Expertenwissen seitens des Servicemitarbeiters, um den Kunden am Ende doch noch zufriedenzustellen.

Kundenanfragen automatisch richtig zuordnen

Was genau hat nun ein Serviceagent davon, dass er bereits vor der Interaktion weiß, dass sein Kunde extrem aufgebracht ist und es möglicherweise ein eher unschönes Gespräch wird? Nun, auf diese Weise können Unternehmen direkt im Gespräch mit dem Kunden in Echtzeit darauf reagieren.

Ein gutes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz einer Predictive-Analytics-Lösung im Kundenservice ist Pinterest. Das soziale Netzwerk hat sich auf Bilder spezialisiert. Nutzer können eigene oder Aufnahmen anderer Nutzer an virtuelle Pinnwände heften. Weltweit verzeichnet der Dienst über 100 Millionen Anwender. Eine entsprechend hohe Anzahl an Nutzeranfragen treffen täglich bei Pinterest ein.

Um die vielen Nachfragen zügig und erfolgreich bearbeiten zu können, nutzt das Unternehmen ein Predictive-Analytics-Tool, mit dem es alle Anfragen vorab filtert. Jene Anfragen, die unterhalb einer definierten, voraussichtlichen Zufriedenheitsgrenze liegen, werden mithilfe des Tools automatisch an ein Team von Experten weitergeleitet und stärker priorisiert.

Diese Experten sind in der Regel sehr erfahrene Kundenbetreuer, die auch mit schwierigen Anliegen gut zurechtkommen und eine bestmögliche Beratung liefern können. Darüber hinaus hat dieses Team die Möglichkeit, Kunden beispielsweise Gutscheine oder andere Vorteile zu gewähren. Dadurch kann ein potentiell unzufriedener Kunde während des Gesprächs oder Chats möglicherweise noch umgestimmt oder zumindest besänftigt werden. Das Kundenerlebnis ist damit wesentlich positiver und ebenso die Haltung des Kunden gegenüber dem Unternehmen. Dieses wiederum kann durch die automatisierte Filterung des Predictive-Analytics-Tools materielle und personelle Ressourcen wesentlich besser einteilen.

Kundenbetreuer lernen durch Datenanalyse

Wenn bei Pinterest Kundenanfragen eingehen, die eine höhere Zufriedenheit versprechen, können diese ohne erhöhte Priorisierung zur normalen Bearbeitung an die zuständigen Bearbeiter weitergeleitet werden. Dennoch kann vorab eine Filterung beispielsweise nach Ort oder Land, Thema oder Zeitzone stattfinden, um die Beratungsleistung zu optimieren.

Auch bei anderen Unternehmen ergibt sich generell noch ein weiterer Lerneffekt durch die automatische Datenanalyse. Neben der vorgelagerten Filterung, können Kundenbetreuer anhand der Analysen dazulernen. Sie erleben, wie sich Antworten auf die Zufriedenheit auswirken und finden so mit der Zeit immer bessere Wege, ihren Kunden zu begegnen. Dabei müssen sie sich nicht mehr auf ihr Bauchgefühl verlassen, sondern können die aus tausenden von Kundeninteraktionen gewonnenen Erkenntnisse einsetzen.

Alles in allem kann die automatisierte und strukturierte Auswertung von Kundeninteraktionen den Service erheblich verbessern. Sie unterstützt so Unternehmen dabei, eine langfristige, positive Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen. (haf)

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