Customer Loyalty ist kein Selbstläufer

So machen Sie Ihre Cloud-Kunden glücklich



Als einer der ersten NPS-Experten in Deutschland ist Philipp Moder Autor und Referent vieler Artikel und Studien zu den Themen Neukundengewinnung, Kundenbindung und Kundenbefragung auf Basis NPS®. Der Social Impact Entrepreneur ist Inhaber der Phocus Direct Communication in Nürnberg - 20 Jahre geballte Kompetenz für Vertriebsunterstützung/- outsourcing, Marketing, Kundenbefragungen/NPS® und Customer Service.
Cloud-Lösungen sind sehr service- und beratungsintensiv. Hier finden sie einige Ansätze, Erfolge oder Misserfolge Ihrer damit zusammenhängenden Kundenservices zu messen.
Wird dieser Kunde Ihr Unternehmen weiterempfehlen?
Wird dieser Kunde Ihr Unternehmen weiterempfehlen?
Foto: Minerva Studio - shutterstock.com

Aktuell vergeht kein Tag, an dem nicht über die Auswirkungen des Vertriebs von Cloud-Lösungen diskutiert und philosophiert wird. Es ist vollkommen richtig, dass hier für Hersteller, Distributoren, Systemhäuser/Integratoren und Reseller in vielerlei Hinsicht ein Umdenken erfolgen muss und ein neues Zeitalter beginnt. Es erfordert radikale Änderungen in Sales & Marketing und auch die Expertise des Vertriebs muss um einige Themenbereiche erweitert werden, man denke nur an die vielen Diskussionen um das Thema Datenschutz.

Mit Software as a Service lassen sich in der Regel die höchsten Margen erzielen, gefolgt von Platform as a Service und Infrastructure as a Service. Einige Hersteller bieten ihren Partner auch Zusatzboni für den Vertrieb von Cloud-Lösungen, um das Geschäft mit diesen zu forcieren. Dies mag vordergründig helfen, um neue Kunden zu gewinnen, aber nachhaltig profitabel werden Anbieter nur, wenn sie es schaffen, eine möglichst hohe Kundenbindung zu erzielen.

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Ein Punkt wird in dieser Diskussion jedoch oftmals komplett vernachlässigt - die signifikant steigende Bedeutung der Themen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität. Gerade für viele Systemhäuser und Reseller ist dieses Thema ein unbeschriebenes Blatt Papier.

Während der Einsatz von Saas-Lösungen bei Kunden einerseits für eine spürbar höhere Kundenzufriedenheit sorgen kann und für Kunden ein wesentlich höheres Maß an Flexibilität mit sich bringt, so ist es andererseits auch so, dass sich die IT Branche auch darauf einstellen muss, dass Renewals nicht einfach so erfolgen.

IT-Anbieter müssen zukünftig also noch näher am Kunden sein, um die Renewal Quote so hoch wie möglich zu halten. Die Vertragslaufzeiten für Cloud-Services können sehr unterschiedlich sein, wobei sie bei unternehmenskritischen Lösungen wohl nie unter 12 Monaten liegt. Adobe hatte mit seiner "Creative Cloud" in 2015 eine durchschnittliche Vertragslaufzeit von 18 Monaten.

Es gibt also gute Gründe, dass sich die IT-Branche dem Thema Kundenzufriednheit und Kundenloyalität annimmt.

Das Wichtigste zuerst: Kundenloyalität und Kundenzufriedenheit sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Während die Kundenzufriedenheit immer eine vergangenheitsorientierte Bewertung darstellt, zielt die Kundenloyalität auf die zukünftige Wiederkaufsabsicht und die Bereitschaft zur Weiterempfehlung eines Kunden ab.

Während also die Kundenzufriedenheit vor allem dazu dient, dass die Anbieter Optimierungspotenziale an den unterschiedlichen Touchpoints identifizieren (Beratung, Vertrieb, Service u.ä.), stellt die Kundenloyalität auf die Zukunft ab. Im konkreten Fall der Cloud-Lösungen gibt die Loyalität also Auskunft darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Kunde den Vertrag verlängern wird.

IT-Unternehmen tun also gut daran, beide Kennzahlen zu erheben, denn nur dann ist eine 360°-Sicht auf die Kunden gewährleistet.
Das Gute ist: beide - Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität - können gemessen werden. Daher sollten sich die Verantwortlichen auf der Anbieterseite Gedanken dazu machen, wie und wann die Messung dieser beiden Kennzahlen erfolgen sollte.

Da, wie oben erwähnt, die Loyalität der ausschlaggebende Faktor für zukünftiges Geschäft darstellt, möchte ich an dieser Stelle die gängigsten Methoden zur Erhebung der Kundenloyalität kurz vorstellen.

Methoden zur Messung der Kundenloyalität

Der erste Schritt, um loyale Kunden entwickeln zu können, ist das Messen, denn dadurch wird es erst möglich zu vergleichen, zu verbessern und Ziele zu setzen.

1. Net Promoter Score (NPS)

Eine der jüngsten und trotzdem weit verbreitesten und erfolgreichsten Methodiken ist der von Fred Reichheld entwickelte Net Promoter Score. Der Net Promoter Score ist eine Methodik, die konsequent auf die Weiterempfehlungsbereitschaft abstellt. Unternehmen wie Avaya, Autodesk, CA, Dell und viele andere setzen heute bereits auf den NPS.

Nach der strengen NPS-Lehre werden dem Kunden nur zwei Fragen gestellt.

Frage 1: Mit welcher Wahrscheinlichkeit würden Sie Unternehmen XY einem Geschäftspartner, Kollegen oder Bekannten weiter empfehlen? Der Kunde bewertet auf einer Skala von 0 bis 10. Daraus resultieren drei verschiedene Kundenkategorien:

  • Promotoren: Darunter fallen Kunden, die mit 9 oder 10 bewertet haben. Was früher die "Groupies" von Rock´n Roll Bands waren, sind heute die Promotoren von Firmen. Diese Kunden zeichnen sich durch eine hohe Wiederkaufsabsicht und Weiterempfehlungsbereitschaft aus.

  • Passiv Zufriedene: Die passiv Zufriedenen sehen keine fundamentalen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen, sind also durchaus zufrieden. Andererseits sind sie (noch) nicht bereit, Ihr Unternehmen weiter zu empfehlen. Ob diese Kunden auch zukünftig bei Ihnen kaufen, kann in punkto Kundenbindung nicht genau prognostiziert werden, vielmehr ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie bei einem aggressiven Werben Ihres Mitbewerbs der Versuchung eines Anbieterwechsels erliegen. Diese Kunden bewerten Sie auf der Skala mit den Werten 7 und 8.

  • Kritiker: Kunden, die mit 6 oder niedriger bewerten werden als "Kritiker" bezeichnet. Diese werden Sie nicht weiter empfehlen, und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr bei Ihnen kaufen. Vielmehr stellen diese Kunden diejenigen dar, die sich im Kollegen- und Bekanntenkreis negativ über Ihr Unternehmen äußern.

Frage 2: Je nachdem, welchen Score der Kunde in Frage 1 abgegeben hat, unterscheidet sich die Folgefrage leicht.

  • Folgefrage Promotoren: Was sind Gründe für diese tolle Bewertung? Eine offene Frage, die dazu dient, die positiven Treiber für Ihr Unternehmen zu identifizieren.

  • Folgefrage Passive: Was muss Unternehmen XY zukünftig tun, damit Sie Unternehmen XY zukünftig uneingeschränkt weiter empfehlen können? Wieder eine offene Frage, die der Identifizierung von Optimierungspotenzialen dient.

  • Folgefrage Kritiker: Was muss Unternehmen XY ändern, damit Sie Unternehmen XY zukünftig weiter empfehlen würden? Sehr nah an der Folgefrage für die Passiven, es geht darum die maßgeblichen negativen Treiber zu identifizieren und dementsprechend Handlungsableitungen treffen zu können.

Der Score errechnet sich, indem Sie den Prozentsatz der Kritiker von dem Prozentsatz der Promotoren abziehen. Passive werden bei der Berechnung des Scores nicht berücksichtigt. Ist die Grundgesamtheit der Befragten also beispielsweise 1.000 Kunden und Sie haben 400 Promotoren, 350 Passive und 250 Kritiker, so ist der Net Promoter Score also +15.

Der NPS ist eine starke, mächtige Metrik und Methodik, der sich auf einem weltweiten Siegeszug befindet. Er ist einfach zu erheben, ohne an Belastbarkeit zu verlieren, denn er basiert auf der Weiterempfehlungsbereitschaft. Jeder Mensch wird nur dann weiterempfehlen, wenn er zu 100 Prozent hinter dem Unternehmen oder dem Produkt steht, denn es geht am Ende des Tages um die eigene Glaubwürdigkeit.

2. Wiederkaufsrate

Auch die Wiederkaufsrate ist eine sehr einfache Metrik, denn hier wird schlichtweg gemessen, wie viele Kunden wiederholt bei Ihnen gekauft haben und wie viele Kunden nur "Einmaltäter" waren/sind. Da der Kauf, die Investition in Ihr Produkt sicher den absoluten Kern einer Geschäftsbeziehung darstellt, ist dies sicherlich auch eine denkbare Vorgehensweise.

Hinzu kommt, dass es Branchen gibt, in denen der Wechsel eines Lieferanten mit derart hohem Aufwand verbunden ist, dass Kunden diesen Wechsel einfach scheuen. Wäre der Wechselaufwand geringer, würde dies allerdings hohen Einfluss auf die Wiederkaufrate haben - daher ist dies in meiner Wahrnehmung kein objektiver Wert für dieLoyalität. Ein klassisches Beispiel sind ERP- oder CRM-Systeme. Diese Systeme sind im Herzen der Unternehmen verankert. Der Aufwand eines dieser Systeme zu wechseln ist mit derart hohen Aufwänden verbunden, dass es viele Unternehmen scheuen einen Wechsel vorzunehmen, obwohl sie alles andere als zufrieden oder gar loyal sind. Sie würden diese Systeme nie mehr kaufen und keinesfalls weiterempfehlen, sind aber dadurch gezwungen neue Releases oder zusätzliche Module von dem bestehenden Anbieter zu kaufen.

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