Wenig begeistert waren sicher die Mitarbeiter des Finanzunternehmens Axos Financial, als sie im Home Office eine E-Mail von ihrem Unternehmen erhielten: Das Unternehmen würde ab sofort alle Tastaturangaben ihrer Angestellten speichern, alle Webseitenaufrufe speichern und alle zehn Minuten einen Screenshot erstellen, wie Bloomberg berichtete. Der Grund: Einige Angestellten hätten die neue Freiheit im Home Office mißbraucht. Selbst für die USA ist dieses "going full orwell" noch die Ausnahme, hat aber zuletzt wohl zugenommen.
In den USA ist die Überwachung der Angestellten rechtlich kein Problem für Arbeitgeber, solange er dies offen ankündigt. Immer mehr Unternehmen überwachen laut einem Bericht die Nutzung von Internet, E-Mail und Telefon, besonders stark anscheinend im Finanzsektor. Die nötige Überwachungssoftware für Aufgaben wie "Productivity Monitoring" ist in den USA schon lange verbreitet, soll aber aktuell einen kleinen Boom erleben: Durch die hohe Anzahl zwangsweise ins Home Office geschickter Angestellter gibt es nach den Lösungen von Softwareherstellern wie InterGuard, Time Doctor und Hubstaff plötzlich eine starke Nachfrage.
Bei den ebenfalls in diesem Bereich aktiven Unternehmen wie ActivTrak und Teramind hätten sich die Verkaufszahlen sogar verdreifacht. Nebenbei bieten die Tools weitere Funktionen wie die Messung der Produktivität "tangible measurements you can use to record progress and motivate teams to reach goals" und Schutzfunktionen für Unternehmensinformationen. So erkennen die Tools etwa den Ausdruck von vertraulichen Adresslisten oder Bewerbungsschreiben. Wie ein Unternehmenschef Bloomberg mitteilte, wäre aber keineswegs Misstrauen der Grund für die Nutzung der Software, es wäre einfach "unvorsichtig" es nicht zu tun.
Einen einfacheren Weg gehen andere Unternehmen: So gilt in manchen Betrieben seit Kurzem die neue Vorschrift, den ganzen Tag per Video-Call erreichbar zu sein - offensichtlich um sicherzustellen, dass man auch arbeitet.
In Deutschland ist dies nicht möglich, so wären Überwachungen in diesem Umfang schon durch die DSGVO und das BDSG verboten. Dass aber auch hier vielleicht Vorgesetzten häufiger Status-Updates verlangen als früher, ist wohl nicht erstaunlich. Ist doch für viele Angestellten ein Home Office noch immer ungewohnt und Haushalt und Familie eine starke Ablenkung.
(PC-Welt)