Softresearch-Händler verklagt Exact Deutschland

23.01.2003
Der Lohnspezialist Softresearch zahlte seinen Händlern wiederkehrende Provisionen auf Wartungsverträge für "Lohn XL". Nach der Übernahme durch die Exact-Gruppe stellte der Softwerker im Jahr 2000 diese Zahlungen für nicht autorisierte Partner ein. Softresearch-Partner Headworkx will jetzt seine Ansprüche bei dem ERP-Hersteller einklagen.

Ich liebe meinen Job, obwohl mich nicht alle dafür lieben", sagte Thomas Lünenborg, Geschäftsführer bei Exact Deutschland, ehemals Softresearch, im ComputerPartner-Interview "Manager im Dialog". Kurt Hildenbrand, Geschäftsführer bei Hildenbrand Datensysteme, und Lars Heuer, Geschäftsführer der Headworkx GmbH, lieben den Exact-Geschäftsführer nicht. Kein Wunder: Rund 20.000 Euro Provisionsgelder fordert Hildenbrand von der jetzigen Exact Deutschland. Zirka 9.000 Euro stehen bei Heuer aus.

Wartungsprovision bedingt Lizenzumsatz

Die beiden Softresearch-Partner haben wie viele andere Händler jahrelang die Lohn-Software "Lohn XL" des Münchener Herstellers vermarktet. Bis zum Jahr 2000 erhielten sie 20 Prozent Provision auf wiederkehrende Wartungsumsätze und Direkteinkäufe wie Lohntaschen ihrer bei Softresearch registrierten Kunden. "Das war übliche Praxis", bestätigt ein ehemaliger Filialleiter und Partnerbetreuer des Lohnspezialisten, der nicht genannt werden möchte. Verträge gab es dafür keine, aber ein Händlerkonditionen-Blatt, aus dem sich die Ansprüche herleiten. Aus diesem Papier geht auch hervor, dass nur derjenige, der länger als zwei Jahre keine Lohnprogramme verkauft, seinen Händlerstatus und damit auch das Recht auf Zwangsrabatte für alle Folgegeschäfte verliert. Der Zweijahres-Passus greift weder bei Hildenbrand noch bei Heuer: Nach eigenen Angaben habe Ersterer bis Januar und Letzterer bis April 2002 Umsätze mit Lohn XL getätigt. Daraus leiten die Händler Provisionsansprüche auf Wartungsverträge von 2000 bis 2002 ab: "Diese wollen wir einklagen", betont Heuer.

Partnerverträge gekündigt

Softresearch-Chef Lünenborg stellt jedoch klar: "Wir haben im Juni 2000 alle Partnerverträge gekündigt." Bis dahin habe der ERP-Hersteller sämtliche Verpflichtungen übernommen. Diese seien aber nach Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2000 nicht mehr gültig, unabhängig davon, ob mündlich abgeschlossen, durch Gewohnheitsrecht wirksam geworden oder schriftlich vereinbart. Zu den Gekündigten gehören auch die beiden Softresearch-Händler Headworkx und Hildenbrand Datentechnik, wie aus zwei Schreiben hervorgeht, die ComputerPartner von Exact-Chef Lünenborg vorgelegt wurden. "Wir haben diese Kündigung nie erhalten", teilt Headworkx-Geschäftsführer Heuer mit. Eine Vertragsauflösung seitens Softresearch sei bei ihm erst am 9. Dezember 2002 eingegangen. Der Softwerker kündigte mit diesem Schreiben vorsorglich einen eventuell noch bestehenden Händlervertrag mit Headworkx "fristlos aus wichtigem Grund, vorsorglich ordentlich zum nächstmöglichen Termin". Auch bei Hildenbrand Datentechnik sei nie eine Kündigung in der Post gewesen. "Exact ist für den Eingang in der Beweispflicht", stellt Kurt Hildenbrand klar und fügt hinzu:"Dass es kein Einschreiben gibt, wirft ein bezeichnendes Licht auf das Gebaren der ehemaligen Softresearch."

Von den einst 1.600 Händlern der Münchener sind nach der "Säuberung" ganze 60 mit einem Partnervertrag übrig geblieben. Zu ihnen zählt die Henrichsen AG aus Straubing. Sie betrifft der Streit nicht. Die Straubinger haben alle Provisionen bis dato erhalten. "Das Problem hat sich bei uns nicht gestellt", betont Erich Geier, für Lohn XL zuständiger Vertriebsmitarbeiter bei der Henrichsen AG. Das hat einen Grund: Der Softresearch-Partner hat einen neuen Händlervertrag abgeschlossen, der eine Mindestumsatzverpflichtung innerhalb eines festgelegten Zeitraums enthält. "Wer die Partnerverträge unterschrieben hat, hat auch seine Provisionen bekommen", berichtet Geier.

Hildenbrand hat nicht unterschrieben. Während die Hinrichsen AG mit über 150 Lohn-XL-Installationen die Klauseln im neuen Vertrag problemlos erfüllen kann, wollte der kleinere Softresearch-Partner die neuen Bedingungen der Exact-Gruppe nicht akzeptieren. Die Verträge sehen vor, dass Händler eine Lizenzmarge und eine einmalige Vermittlungsprovision für einen Wartungsvertrag erhalten. Wiederkehrende Zahlungen für Support-Umsätze bekommt der Partner allerdings nur dann, wenn er sich bei Exact für die Erbringung dieser Leistung autorisiert hat. Provisionen auf Formularverkäufe gibt es für Händler mit Vertragsbindung auch dann noch, wenn dessen Kunden direkt beim Hersteller kaufen, und ohne Partnervertrag - im Gegensatz zur alten Regelung - nur dann, wenn der Wiederverkäufer bei Exact kauft. "Wir zahlen für alles, wofür unsere Partner Leistungen erbringen", betont Lünenborg.

Hildenbrand wechselt zu S+P

Dem Streit zwischen Exact und den ehemaligen Softresearch-Partnern wird in drei bis vier Jahren der Nährboden entzogen. "Dann wird Lohn XL nicht mehr aktiv verkauft", erklärt Lünenborg. Für die 15.000 Lohn-XL-Kunden wird es keine SQL-Version mehr geben. Dafür bietet Exact künftig parallel zu Lohn XL das Programm "SQL-Lohn an, das sich derzeit in der Pilotphase befinde und in die ERP-Suite "Exact-Pro" integriert wird, aber auch als Einzelmodul erhältlich sein soll. Für Kurt Hildenbrand spielt das keine Rolle mehr. Er wechselt zum Exact-Konkurrenten S+P, einer Sage-KHK-Tochter. "Nicht, weil wir mit dem Produkt unzufrieden sind, sondern weil die Vertrauensbasis zum Hersteller zerstört ist", erklärt Hildenbrand. (hei)

www.exact.de

www.headworkx.de

www.henrichsen.de

www.hildenbrand.de

ComputerPartner-Meinung:

Die neuen Herren im Hause Softresearch wollten ihren Händlern nicht mehr bezahlen, wozu sich die alte Geschäftsleitung des Lohnspezialisten verpflichtet hat. Das ist ihr Recht, wenn sie ordnungsgemäß kündigen und die Kündigungsfristen einhalten. Dass Hersteller Partnerschaften mit Händlern lösen, die keine Umsätze erbringen, wundert auch niemanden. Dass dies auch Wiederverkäufer betrifft, die noch bis in das Jahr 2002 Lizenzumsätze erwirtschaftet haben, dagegen schon. Wie der Provisionsstreit auch ausgehen wird, eines ist sicher: Die Konkurrenz des Softwareherstellers freut sich. Exact Deutschland hat erfolgreiche Partner an sie verloren. Mit etwas gutem Willen von beiden Seiten wäre das nicht passiert. (hei)

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