Software-Agenten im Dienste des Menschen

17.05.2001
In zehn Jahren werden Millionen von digitalen Agenten durch das Internet schlendern und im Sinne ihrer Besitzer handeln. Dies ist das Szenario, wie es sich die Forscher des Timelabs Research Studios vorstellen.

Digital Business Agents werden, so Timelabs in seiner Studie, die Rolle des Repräsentanten, des Konsumenten, des Produzenten oder des Vermittlers übernehmen. Wirkungsort der "selbständig handelnden Wirtschaftsobjekte" ist das Internet. Derzeit, so die Forscher der Diebold-Tochter, steckt diese Technologie noch in den Kinderschuhen. Die Anfänge sieht man zum Beispiel bei den "Shopping Bots". Diese können von Schnäppchenjägern im Internet ausgeschickt werden, um für ein bestimmtes Produkt das beste Online-Angebot zu finden. Die nächste Stufe, die von den Marktauguren schon für nächstes Jahr gesehen wird, sind "Price Bots". Diese sind die Antwort der Anbieter auf die "Shopping Bots" der Verbraucher. Mit diesen Software-Werkzeugen können die digitalen Anbieter auf die erhöhte Markttransparenz reagieren. Während die Shopping Bots der Verbraucher im Moment noch auf starre Preiskataloge stoßen, können die Anbieter mit den Price Bots individuell auf die digitalen Anfragen reagieren und den minutenaktuellen Preis angeben.

Die eigentlichen Digital Business Agents (DBA) werden laut der Studie erst 2004 ins Spiel kommen. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig: Bereits heute setzen Unternehmen wie Ebay Vorläufer dieser "intelligenten" Software-Agenten ein. Das virtuelle Auktionshaus setzt DBAs ein, wenn eine Auktion neu eingerichtet werden soll. Die Bietenden werden ebenfalls von Programmen vertreten. Andere DBAs übernehmen Routineaufgaben, wie die Benachrichtigung der Nutzer oder die Datenpflege.

Cracker nutzen Vorreiter der DBAs bereits heute sehr effektiv. Sie legen ihre illegalen Sites bei Free-Web-Space-Providern ab. Diese werden von den Providern immer wieder gelöscht, sobald sie entdeckt werden - was im Schnitt alle drei Tage geschieht. Die Cracker nutzen DBAs, um einen neuen, kostenlosen Provider zu finden, sich dort niederzulassen und die Links zu anderen Cracker-Sites, die sich ja auch ständig ändern, zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren.

Ab 2010 sind Agenten allgegenwärtig

Die Entwicklung der DBAs steht dennoch erst am Anfang. In Zukunft sollen sie zum Beispiel auch die Transaktionsbedingungen eines Vertrages selbständig aushandeln, auf veränderte Bedingungen eigenständig reagieren und mit Vertragspartnern interagieren. Der Mensch kontrolliert und bestätigt in erster Linie, die Vorschläge bringt die Software.

Die Forscher gehen davon aus, dass ab 2010 die DBAs allgegenwärtig sein werden. Dann wird es drei Abstufungen dieser Programme geben. Zum ersten die Software-Agenten: Sie sind Repräsentanten menschlicher Benutzer und führen in ihrem Auftrag selbständige Aktionen aus. Die zweite Stufe, die Digital Business Agents, agieren im wirtschaftlichen Bereich und sind eine Spezialisierung der Software-Agenten. Sobald mehrere Agenten miteinander interagieren und kommunizieren, entstehen Multi-Agenten-Systeme, die dritte Stufe.

Mit der heutigen Technologie sind diese Agentensysteme noch nicht realisierbar. Zum einen sind die Endgeräte noch nicht ausgereift, da zum Beispiel die Eingabewerkzeuge wie die winzigen Tastaturen auf Handys noch zu kompliziert sind. Zum anderen lassen sich die Daten noch nicht schnell genug übertragen. Um die DBA-Technologie zu nutzen, wären wesentlich größere Bandbreiten erforderlich.

Herausforderung für Software-Entwickler

Die künftigen Einsatzpotenziale professioneller Agenten könnten zum Beispiel intransparente Märkte sein. Wer mit Produkten handelt, deren Preise schnell wechseln, profitiert davon, wenn er einen DBA im Netz hat, der stän-dig nach den neuesten Preisen sucht und die Einkäufe beziehungsweise die eigenen Angebote darauf abstimmt. Typisches Beispiel ist der Markt für Komponenten. Der Mensch autorisiert nur mehr das, was der Agent ihm vorschlägt.

Ein anderes Einsatzgebiet ist das Monitoring. Kreditkartenbetreiber können mittels Agenten das Verhalten ihrer Kunden genau beobachten und bei Veränderungen sofort reagieren - oder ihre Agenten reagieren lassen.

Für Software-Entwickler sind die DBAs eine Herausforderung. Die Software muss so programmiert sein, dass sie ein Grundmuster der Verhaltensweisen besitzen, die auch ein repräsentativer Anwender hat. Es wird keine DBAs "von der Stange" geben. Ein Software-Agent besteht aus drei Modulen:

- Sensoren, mit denen er seine Infos einholt,

- Effektoren, die er zur Interaktion mit seiner Umwelt nutzt, und

- ein internes Modul für die Verarbeitung der Infos, die Schluss- folgerungen und die Entscheidungen des Agenten.

Die Marktforscher gehen davon aus, dass der DBA-Markt in Zukunft für die Software-Sparte ei-nes der Kerngeschäfte sein wird. Agenten müssen individuell entwickelt, auf ihren jeweiligen Menschen abgestimmt und regelmäßig betreut und gewartet werden - ein riesiges Feld für Zusatzge-schäfte.

Doch auch für die Anwender ändert sich Grundlegendes. Sie tragen die Verantwortung für die Agenten, die ihnen unterstehen - sei es privat oder geschäftlich.

www.timelabs.de

www.diebold.de

ComputerPartner-Meinung:

Software-Agenten sind eine feine Sache. Wenn die Entwicklung tatsächlich so stattfindet, wie die Marktforscher von Timelabs dies prophezeien, wird sich die gesamte Wirtschaft verändern. Angebot und Nachfrage werden von neuen Faktoren bestimmt sein, Marketing muss neu definiert werden. Bis dahin allerdings wird unsere Technologie noch einige Sieben-Meilen-Schritte gehen müssen - eine Chance, um Geld zu verdienen. (gn)

Zur Startseite